Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

barkeit nicht stören zu lassen und wieder zum Tanze
zurückzukehren; eine Aufforderung, welcher Mehrere
folgten, Andere aber auch nicht. Diese blieben
vielmehr im Hofe, weil sie an dem Tanze kein
Vergnügen hatten, es kamen noch fortwährend
Leute vom Jürgenserbe und so war ein beständiges
Ab- und Zugehen von Menschen.

Als nun der Hofschulze sah, daß er der Zeu-
gen nicht quitt werde, beschloß er alles Fernere
auf die Nacht zu versparen. Er setzte sich still in
seine Stube und sagte dem Eidam, er möge die
Mitgift nach Hause tragen, was dieser auch mit
einem Gehülfen that. Mehrere Nachbarn stellten
sich zu ihm und mit diesen sprach er nun so ordent-
lich und vernünftig, wie immer seine Sitte war.
Niemand merkte ihm etwas an, und nur wer ge-
wußt hätte, was vorgefallen war, würde aus sei-
nen geschwollenen Stirnadern, aus den Augen,
die zuweilen hervorquollen, und aus den Griffen,
die der Alte hin und wieder nach seiner Brust
that, auf das, was in ihm vorging, haben schlie-
ßen können.

Während ein ungeheurer Verdruß und Schreck
unten sich so heimlich hielt, hatte auch oben im

barkeit nicht ſtören zu laſſen und wieder zum Tanze
zurückzukehren; eine Aufforderung, welcher Mehrere
folgten, Andere aber auch nicht. Dieſe blieben
vielmehr im Hofe, weil ſie an dem Tanze kein
Vergnügen hatten, es kamen noch fortwährend
Leute vom Jürgenserbe und ſo war ein beſtändiges
Ab- und Zugehen von Menſchen.

Als nun der Hofſchulze ſah, daß er der Zeu-
gen nicht quitt werde, beſchloß er alles Fernere
auf die Nacht zu verſparen. Er ſetzte ſich ſtill in
ſeine Stube und ſagte dem Eidam, er möge die
Mitgift nach Hauſe tragen, was dieſer auch mit
einem Gehülfen that. Mehrere Nachbarn ſtellten
ſich zu ihm und mit dieſen ſprach er nun ſo ordent-
lich und vernünftig, wie immer ſeine Sitte war.
Niemand merkte ihm etwas an, und nur wer ge-
wußt hätte, was vorgefallen war, würde aus ſei-
nen geſchwollenen Stirnadern, aus den Augen,
die zuweilen hervorquollen, und aus den Griffen,
die der Alte hin und wieder nach ſeiner Bruſt
that, auf das, was in ihm vorging, haben ſchlie-
ßen können.

Während ein ungeheurer Verdruß und Schreck
unten ſich ſo heimlich hielt, hatte auch oben im

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0082" n="70"/>
barkeit nicht &#x017F;tören zu la&#x017F;&#x017F;en und wieder zum Tanze<lb/>
zurückzukehren; eine Aufforderung, welcher Mehrere<lb/>
folgten, Andere aber auch nicht. Die&#x017F;e blieben<lb/>
vielmehr im Hofe, weil &#x017F;ie an dem Tanze kein<lb/>
Vergnügen hatten, es kamen noch fortwährend<lb/>
Leute vom Jürgenserbe und &#x017F;o war ein be&#x017F;tändiges<lb/>
Ab- und Zugehen von Men&#x017F;chen.</p><lb/>
          <p>Als nun der Hof&#x017F;chulze &#x017F;ah, daß er der Zeu-<lb/>
gen nicht quitt werde, be&#x017F;chloß er alles Fernere<lb/>
auf die Nacht zu ver&#x017F;paren. Er &#x017F;etzte &#x017F;ich &#x017F;till in<lb/>
&#x017F;eine Stube und &#x017F;agte dem Eidam, er möge die<lb/>
Mitgift nach Hau&#x017F;e tragen, was die&#x017F;er auch mit<lb/>
einem Gehülfen that. Mehrere Nachbarn &#x017F;tellten<lb/>
&#x017F;ich zu ihm und mit die&#x017F;en &#x017F;prach er nun &#x017F;o ordent-<lb/>
lich und vernünftig, wie immer &#x017F;eine Sitte war.<lb/>
Niemand merkte ihm etwas an, und nur wer ge-<lb/>
wußt hätte, was vorgefallen war, würde aus &#x017F;ei-<lb/>
nen ge&#x017F;chwollenen Stirnadern, aus den Augen,<lb/>
die zuweilen hervorquollen, und aus den Griffen,<lb/>
die der Alte hin und wieder nach &#x017F;einer Bru&#x017F;t<lb/>
that, auf das, was in ihm vorging, haben &#x017F;chlie-<lb/>
ßen können.</p><lb/>
          <p>Während ein ungeheurer Verdruß und Schreck<lb/>
unten &#x017F;ich &#x017F;o heimlich hielt, hatte auch oben im<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0082] barkeit nicht ſtören zu laſſen und wieder zum Tanze zurückzukehren; eine Aufforderung, welcher Mehrere folgten, Andere aber auch nicht. Dieſe blieben vielmehr im Hofe, weil ſie an dem Tanze kein Vergnügen hatten, es kamen noch fortwährend Leute vom Jürgenserbe und ſo war ein beſtändiges Ab- und Zugehen von Menſchen. Als nun der Hofſchulze ſah, daß er der Zeu- gen nicht quitt werde, beſchloß er alles Fernere auf die Nacht zu verſparen. Er ſetzte ſich ſtill in ſeine Stube und ſagte dem Eidam, er möge die Mitgift nach Hauſe tragen, was dieſer auch mit einem Gehülfen that. Mehrere Nachbarn ſtellten ſich zu ihm und mit dieſen ſprach er nun ſo ordent- lich und vernünftig, wie immer ſeine Sitte war. Niemand merkte ihm etwas an, und nur wer ge- wußt hätte, was vorgefallen war, würde aus ſei- nen geſchwollenen Stirnadern, aus den Augen, die zuweilen hervorquollen, und aus den Griffen, die der Alte hin und wieder nach ſeiner Bruſt that, auf das, was in ihm vorging, haben ſchlie- ßen können. Während ein ungeheurer Verdruß und Schreck unten ſich ſo heimlich hielt, hatte auch oben im

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/82
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/82>, abgerufen am 21.11.2024.