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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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öffnete abermals die Kiste, wie wenn er es nicht
für möglich halte, daß das Schwert daraus habe
verschwinden können, ließ aber augenblicklich den
Deckel zufallen, da er wohl sah, daß er nur in
die Leere blicke, und stöhnte wie ein verwundeter
Stier.

Nach diesem begann der Alte ein stummes
eifriges Suchen in der Kammer. Er kehrte jedes
Geräth um, er durchspürte jeden Winkel, er leerte
alle Kisten und Kasten aus, welche dort vor und
hinter dem Saatlaken umherstanden. Kein Platz
blieb undurchforscht, aber alle diese Mühe war
vergebens, denn das Schwert zeigte sich nirgends.
Indem hörte er unten die Stimme seines Eidams
und seiner Tochter, so wie der Freunde und Nach-
barn, welche von der Tanzgesellschaft herbeigekom-
men waren, um nach ihm zu sehen. Rasch ver-
ließ er die Kammer, um nicht in seinen Anstren-
gungen betroffen zu werden und ging hinunter,
scheinbar gefaßt. Dort stellte sich Alles mit Fra-
gen nach seinem Befinden um ihn, worauf er die-
selbe Antwort gab, welche schon die Magd empfan-
gen hatte und hinzufügte, daß ihm wieder ganz
wohl sei. Er bat die Leute, sich in ihrer Lust-

öffnete abermals die Kiſte, wie wenn er es nicht
für möglich halte, daß das Schwert daraus habe
verſchwinden können, ließ aber augenblicklich den
Deckel zufallen, da er wohl ſah, daß er nur in
die Leere blicke, und ſtöhnte wie ein verwundeter
Stier.

Nach dieſem begann der Alte ein ſtummes
eifriges Suchen in der Kammer. Er kehrte jedes
Geräth um, er durchſpürte jeden Winkel, er leerte
alle Kiſten und Kaſten aus, welche dort vor und
hinter dem Saatlaken umherſtanden. Kein Platz
blieb undurchforſcht, aber alle dieſe Mühe war
vergebens, denn das Schwert zeigte ſich nirgends.
Indem hörte er unten die Stimme ſeines Eidams
und ſeiner Tochter, ſo wie der Freunde und Nach-
barn, welche von der Tanzgeſellſchaft herbeigekom-
men waren, um nach ihm zu ſehen. Raſch ver-
ließ er die Kammer, um nicht in ſeinen Anſtren-
gungen betroffen zu werden und ging hinunter,
ſcheinbar gefaßt. Dort ſtellte ſich Alles mit Fra-
gen nach ſeinem Befinden um ihn, worauf er die-
ſelbe Antwort gab, welche ſchon die Magd empfan-
gen hatte und hinzufügte, daß ihm wieder ganz
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[69/0081] öffnete abermals die Kiſte, wie wenn er es nicht für möglich halte, daß das Schwert daraus habe verſchwinden können, ließ aber augenblicklich den Deckel zufallen, da er wohl ſah, daß er nur in die Leere blicke, und ſtöhnte wie ein verwundeter Stier. Nach dieſem begann der Alte ein ſtummes eifriges Suchen in der Kammer. Er kehrte jedes Geräth um, er durchſpürte jeden Winkel, er leerte alle Kiſten und Kaſten aus, welche dort vor und hinter dem Saatlaken umherſtanden. Kein Platz blieb undurchforſcht, aber alle dieſe Mühe war vergebens, denn das Schwert zeigte ſich nirgends. Indem hörte er unten die Stimme ſeines Eidams und ſeiner Tochter, ſo wie der Freunde und Nach- barn, welche von der Tanzgeſellſchaft herbeigekom- men waren, um nach ihm zu ſehen. Raſch ver- ließ er die Kammer, um nicht in ſeinen Anſtren- gungen betroffen zu werden und ging hinunter, ſcheinbar gefaßt. Dort ſtellte ſich Alles mit Fra- gen nach ſeinem Befinden um ihn, worauf er die- ſelbe Antwort gab, welche ſchon die Magd empfan- gen hatte und hinzufügte, daß ihm wieder ganz wohl ſei. Er bat die Leute, ſich in ihrer Luſt-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/81>, abgerufen am 24.11.2024.