Höllen-Angst. Darum enge ich mich gern ein wenig ein; lasse mir es wohl seyn in ir- dischem Beginnen, wo ich ein Ende meines Thuns sehe, und doch alle meine Kräfte daran setzen muß.
Zum Schlusse noch ein Wörtchen von Freundschaft. -- Das nichtswürdige, lose Wesen unter diesem Namen, wovon zuvor die Rede war, daß wir ihm beyde eben feind wären: ist es nicht auch eine Mißgeburt aus jenem todten Meere der Unbestimmtheit, der Richtungslosigkeit, der unendlichen Zerstreu- ung? Schwache Fäden aus veränderlichen Absichten und flüchtigem Ergötzen gesponnen, wie bald müssen sich diese wirren? Und dann, Riß an Riß; Knoten an Knoten. Ganz an- ders die Bande ächter Freundschaft, wo zwey etwas anfassen, wie rechte und linke Hand, um es zu Einem Werke zu bilden; zwey etwas mit einander fortbewegen, wie beyde Füße den Leib. -- Weg mit dem, welcher sagt, eine solche Freundschaft sey auf Eigen-
Hoͤllen-Angſt. Darum enge ich mich gern ein wenig ein; laſſe mir es wohl ſeyn in ir- diſchem Beginnen, wo ich ein Ende meines Thuns ſehe, und doch alle meine Kraͤfte daran ſetzen muß.
Zum Schluſſe noch ein Woͤrtchen von Freundſchaft. — Das nichtswuͤrdige, loſe Weſen unter dieſem Namen, wovon zuvor die Rede war, daß wir ihm beyde eben feind waͤren: iſt es nicht auch eine Mißgeburt aus jenem todten Meere der Unbeſtimmtheit, der Richtungsloſigkeit, der unendlichen Zerſtreu- ung? Schwache Faͤden aus veraͤnderlichen Abſichten und fluͤchtigem Ergoͤtzen geſponnen, wie bald muͤſſen ſich dieſe wirren? Und dann, Riß an Riß; Knoten an Knoten. Ganz an- ders die Bande aͤchter Freundſchaft, wo zwey etwas anfaſſen, wie rechte und linke Hand, um es zu Einem Werke zu bilden; zwey etwas mit einander fortbewegen, wie beyde Fuͤße den Leib. — Weg mit dem, welcher ſagt, eine ſolche Freundſchaft ſey auf Eigen-
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Hoͤllen-Angſt. Darum enge ich mich gern
ein wenig ein; laſſe mir es wohl ſeyn in ir-
diſchem Beginnen, wo ich ein Ende meines
Thuns ſehe, und doch alle meine Kraͤfte
daran ſetzen muß.
Zum Schluſſe noch ein Woͤrtchen von
Freundſchaft. — Das nichtswuͤrdige, loſe
Weſen unter dieſem Namen, wovon zuvor
die Rede war, daß wir ihm beyde eben feind
waͤren: iſt es nicht auch eine Mißgeburt aus
jenem todten Meere der Unbeſtimmtheit, der
Richtungsloſigkeit, der unendlichen Zerſtreu-
ung? Schwache Faͤden aus veraͤnderlichen
Abſichten und fluͤchtigem Ergoͤtzen geſponnen,
wie bald muͤſſen ſich dieſe wirren? Und dann,
Riß an Riß; Knoten an Knoten. Ganz an-
ders die Bande aͤchter Freundſchaft, wo zwey
etwas anfaſſen, wie rechte und linke Hand,
um es zu Einem Werke zu bilden; zwey
etwas mit einander fortbewegen, wie beyde
Fuͤße den Leib. — Weg mit dem, welcher
ſagt, eine ſolche Freundſchaft ſey auf Eigen-
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/124>, abgerufen am 24.11.2024.
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