Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

es, weil mich Luzie von der blinden Kuh und
dem edlen Gänsespiel her schon kennt; her-
nach, da ihre Mutter starb, in unserm Hause
neben mir aufgewachsen ist; endlich jetzt in
Wien von neuem mich so lange gesehen hat.
Freylich wurden wir dort ein wenig in einan-
der verliebt, und das bringt gewaltig aus der
Bekanntschaft; aber wir hörten auch auf in
einander verliebt zu seyn, und das stellt noch
gewaltiger die Bekanntschaft wieder her. --
Du schüttelst inclement den Kopf, guter Cle-
mens; und Du hast Recht. Ich sollte von
dieser Geschichte in dem Tone nicht reden; es
ist die widerlichste in meinem Leben, und ich
muß mich schämen vor Luzie, die mich demü-
thigte ohne Stolz: die wahrhaft Gnädige!
so daß ich ewig ihr zu Füßen liegen und sie
verehren muß, wie ein Wesen höherer Art,
wofür ich sie erkenne. Aber darum sollte sie
doch nicht so feyerlich thun, und ein solches
Glückwünschungs-Schreiben an mich, den
Eduard Allwill, ergehen lassen, wie sie
gethan hat. Das war, ich sage es noch ein-

es, weil mich Luzie von der blinden Kuh und
dem edlen Gaͤnſeſpiel her ſchon kennt; her-
nach, da ihre Mutter ſtarb, in unſerm Hauſe
neben mir aufgewachſen iſt; endlich jetzt in
Wien von neuem mich ſo lange geſehen hat.
Freylich wurden wir dort ein wenig in einan-
der verliebt, und das bringt gewaltig aus der
Bekanntſchaft; aber wir hoͤrten auch auf in
einander verliebt zu ſeyn, und das ſtellt noch
gewaltiger die Bekanntſchaft wieder her. —
Du ſchuͤttelſt inclement den Kopf, guter Cle-
mens; und Du haſt Recht. Ich ſollte von
dieſer Geſchichte in dem Tone nicht reden; es
iſt die widerlichſte in meinem Leben, und ich
muß mich ſchaͤmen vor Luzie, die mich demuͤ-
thigte ohne Stolz: die wahrhaft Gnaͤdige!
ſo daß ich ewig ihr zu Fuͤßen liegen und ſie
verehren muß, wie ein Weſen hoͤherer Art,
wofuͤr ich ſie erkenne. Aber darum ſollte ſie
doch nicht ſo feyerlich thun, und ein ſolches
Gluͤckwuͤnſchungs-Schreiben an mich, den
Eduard Allwill, ergehen laſſen, wie ſie
gethan hat. Das war, ich ſage es noch ein-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="90"/>
es, weil mich Luzie von der <hi rendition="#g">blinden Kuh</hi> und<lb/>
dem edlen <hi rendition="#g">Ga&#x0364;n&#x017F;e&#x017F;piel</hi> her &#x017F;chon kennt; her-<lb/>
nach, da ihre Mutter &#x017F;tarb, in un&#x017F;erm Hau&#x017F;e<lb/>
neben mir aufgewach&#x017F;en i&#x017F;t; endlich jetzt in<lb/>
Wien von neuem mich &#x017F;o lange ge&#x017F;ehen hat.<lb/>
Freylich wurden wir dort ein wenig in einan-<lb/>
der verliebt, und das bringt gewaltig aus der<lb/>
Bekannt&#x017F;chaft; aber wir ho&#x0364;rten auch auf in<lb/>
einander verliebt zu &#x017F;eyn, und das &#x017F;tellt noch<lb/>
gewaltiger die Bekannt&#x017F;chaft wieder her. &#x2014;<lb/>
Du &#x017F;chu&#x0364;ttel&#x017F;t inclement den Kopf, guter Cle-<lb/>
mens; und Du ha&#x017F;t Recht. Ich &#x017F;ollte von<lb/>
die&#x017F;er Ge&#x017F;chichte in dem Tone nicht reden; es<lb/>
i&#x017F;t die widerlich&#x017F;te in meinem Leben, und ich<lb/>
muß mich &#x017F;cha&#x0364;men vor Luzie, die mich demu&#x0364;-<lb/>
thigte ohne Stolz: <hi rendition="#g">die wahrhaft Gna&#x0364;dige</hi>!<lb/>
&#x017F;o daß ich ewig ihr zu Fu&#x0364;ßen liegen und &#x017F;ie<lb/>
verehren muß, wie ein We&#x017F;en ho&#x0364;herer Art,<lb/>
wofu&#x0364;r ich &#x017F;ie erkenne. Aber darum &#x017F;ollte &#x017F;ie<lb/>
doch nicht &#x017F;o feyerlich thun, und ein &#x017F;olches<lb/>
Glu&#x0364;ckwu&#x0364;n&#x017F;chungs-Schreiben an mich, den<lb/><hi rendition="#g">Eduard Allwill</hi>, ergehen la&#x017F;&#x017F;en, wie &#x017F;ie<lb/>
gethan hat. Das war, ich &#x017F;age es noch ein-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0128] es, weil mich Luzie von der blinden Kuh und dem edlen Gaͤnſeſpiel her ſchon kennt; her- nach, da ihre Mutter ſtarb, in unſerm Hauſe neben mir aufgewachſen iſt; endlich jetzt in Wien von neuem mich ſo lange geſehen hat. Freylich wurden wir dort ein wenig in einan- der verliebt, und das bringt gewaltig aus der Bekanntſchaft; aber wir hoͤrten auch auf in einander verliebt zu ſeyn, und das ſtellt noch gewaltiger die Bekanntſchaft wieder her. — Du ſchuͤttelſt inclement den Kopf, guter Cle- mens; und Du haſt Recht. Ich ſollte von dieſer Geſchichte in dem Tone nicht reden; es iſt die widerlichſte in meinem Leben, und ich muß mich ſchaͤmen vor Luzie, die mich demuͤ- thigte ohne Stolz: die wahrhaft Gnaͤdige! ſo daß ich ewig ihr zu Fuͤßen liegen und ſie verehren muß, wie ein Weſen hoͤherer Art, wofuͤr ich ſie erkenne. Aber darum ſollte ſie doch nicht ſo feyerlich thun, und ein ſolches Gluͤckwuͤnſchungs-Schreiben an mich, den Eduard Allwill, ergehen laſſen, wie ſie gethan hat. Das war, ich ſage es noch ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/128
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/128>, abgerufen am 17.05.2024.