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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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te? -- Wie ich Dir vorhin sagte: -- ich ließ
mich gehen
; wurde verwickelt, gerieth aus
einer Nachgiebigkeit gegen mich selbst in die
andere; wollte mich täuschen, konnte nicht,
und wurde verstockter . . . . Du weißt den
großmüthigen Schritt, den sie that; und wie
nur alle ihre Sorge dahin gieng, daß ich mir
von Herzen möchte selbst verzeihen können. Sie
nahm von mir den Schwur, daß ich auf jede
Gefahr aufrichtig gegen sie seyn, und sie nie
mehr in irgend etwas hintergehen wolle. Die-
sen Schwur werde ich halten, und auch bey die-
ser neuen Gelegenheit mich ihr darstellen, wie
ich bin. Ihr soll kein Wahn in Absicht meiner
bleiben. Das verkehrte Hoffen und Erwarten
von mir; das beständige Anliegen und Gequäle
darüber, ist mir unerträglicher als Verachtung
und Haß. Ich will durchaus nicht die Voll-
kommenheit eines andern seyn; nicht ein-
mal meine eigene; denn ich weiß noch nicht,
was meine eigene Vollkommenheit für ein Ding
ist. Am wenigsten soll Luzie sich etwas in den
Kopf setzen von einem Allwill, der noch kom-

te? — Wie ich Dir vorhin ſagte: — ich ließ
mich gehen
; wurde verwickelt, gerieth aus
einer Nachgiebigkeit gegen mich ſelbſt in die
andere; wollte mich taͤuſchen, konnte nicht,
und wurde verſtockter . . . . Du weißt den
großmuͤthigen Schritt, den ſie that; und wie
nur alle ihre Sorge dahin gieng, daß ich mir
von Herzen moͤchte ſelbſt verzeihen koͤnnen. Sie
nahm von mir den Schwur, daß ich auf jede
Gefahr aufrichtig gegen ſie ſeyn, und ſie nie
mehr in irgend etwas hintergehen wolle. Die-
ſen Schwur werde ich halten, und auch bey die-
ſer neuen Gelegenheit mich ihr darſtellen, wie
ich bin. Ihr ſoll kein Wahn in Abſicht meiner
bleiben. Das verkehrte Hoffen und Erwarten
von mir; das beſtaͤndige Anliegen und Gequaͤle
daruͤber, iſt mir unertraͤglicher als Verachtung
und Haß. Ich will durchaus nicht die Voll-
kommenheit eines andern ſeyn; nicht ein-
mal meine eigene; denn ich weiß noch nicht,
was meine eigene Vollkommenheit fuͤr ein Ding
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[93/0131] te? — Wie ich Dir vorhin ſagte: — ich ließ mich gehen; wurde verwickelt, gerieth aus einer Nachgiebigkeit gegen mich ſelbſt in die andere; wollte mich taͤuſchen, konnte nicht, und wurde verſtockter . . . . Du weißt den großmuͤthigen Schritt, den ſie that; und wie nur alle ihre Sorge dahin gieng, daß ich mir von Herzen moͤchte ſelbſt verzeihen koͤnnen. Sie nahm von mir den Schwur, daß ich auf jede Gefahr aufrichtig gegen ſie ſeyn, und ſie nie mehr in irgend etwas hintergehen wolle. Die- ſen Schwur werde ich halten, und auch bey die- ſer neuen Gelegenheit mich ihr darſtellen, wie ich bin. Ihr ſoll kein Wahn in Abſicht meiner bleiben. Das verkehrte Hoffen und Erwarten von mir; das beſtaͤndige Anliegen und Gequaͤle daruͤber, iſt mir unertraͤglicher als Verachtung und Haß. Ich will durchaus nicht die Voll- kommenheit eines andern ſeyn; nicht ein- mal meine eigene; denn ich weiß noch nicht, was meine eigene Vollkommenheit fuͤr ein Ding iſt. Am wenigſten ſoll Luzie ſich etwas in den Kopf ſetzen von einem Allwill, der noch kom-

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/131>, abgerufen am 17.05.2024.