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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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Liebe Sylli! Andere werden sagen, es sey
nicht gut, Dich an dergleichen zu erinnern:
aber Amli, ob sie gleich lange nicht so klug ist
als andere, versteht das doch besser, und weiß,
daß es wohl gut ist. Was Du von Deiner
Freude an Kindern schreibst, von dem Troste,
den Du daher nimmst; ich sage auch, und so
sehr als keiner, daß es lieb ist und schön, und
man ja es Dir nicht nehmen soll. Aber das
rechte ist es doch nicht, und das rechte
soll man Dir noch viel weniger nehmen. Wo
Du mit Deinem Lieb- und Gern-haben der
Kinder anfängst, da ist gar nicht der Anfang;
der ist nicht bey den rothen Backen, nicht bey
dem Tanzen und Springen und Jauchzen,
und beym Bon-Bon: der ist ganz wo anders.
Der ist da wo man nichts sieht, und man nichts
weiß; da wo die Welt angefangen hat.

Weißt Du, wo die Welt angefangen hat?
Ich weiß es; kann es aber niemanden sagen,
der es nicht schon weiß. Dir kann ichs sagen,
und wills Dir sagen, ins Ohr -- Hast Du
gehorcht? -- -- -- -- Und verstanden?

Liebe Sylli! Andere werden ſagen, es ſey
nicht gut, Dich an dergleichen zu erinnern:
aber Amli, ob ſie gleich lange nicht ſo klug iſt
als andere, verſteht das doch beſſer, und weiß,
daß es wohl gut iſt. Was Du von Deiner
Freude an Kindern ſchreibſt, von dem Troſte,
den Du daher nimmſt; ich ſage auch, und ſo
ſehr als keiner, daß es lieb iſt und ſchoͤn, und
man ja es Dir nicht nehmen ſoll. Aber das
rechte iſt es doch nicht, und das rechte
ſoll man Dir noch viel weniger nehmen. Wo
Du mit Deinem Lieb- und Gern-haben der
Kinder anfaͤngſt, da iſt gar nicht der Anfang;
der iſt nicht bey den rothen Backen, nicht bey
dem Tanzen und Springen und Jauchzen,
und beym Bon-Bon: der iſt ganz wo anders.
Der iſt da wo man nichts ſieht, und man nichts
weiß; da wo die Welt angefangen hat.

Weißt Du, wo die Welt angefangen hat?
Ich weiß es; kann es aber niemanden ſagen,
der es nicht ſchon weiß. Dir kann ichs ſagen,
und wills Dir ſagen, ins Ohr — Haſt Du
gehorcht? — — — — Und verſtanden?

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[100/0138] Liebe Sylli! Andere werden ſagen, es ſey nicht gut, Dich an dergleichen zu erinnern: aber Amli, ob ſie gleich lange nicht ſo klug iſt als andere, verſteht das doch beſſer, und weiß, daß es wohl gut iſt. Was Du von Deiner Freude an Kindern ſchreibſt, von dem Troſte, den Du daher nimmſt; ich ſage auch, und ſo ſehr als keiner, daß es lieb iſt und ſchoͤn, und man ja es Dir nicht nehmen ſoll. Aber das rechte iſt es doch nicht, und das rechte ſoll man Dir noch viel weniger nehmen. Wo Du mit Deinem Lieb- und Gern-haben der Kinder anfaͤngſt, da iſt gar nicht der Anfang; der iſt nicht bey den rothen Backen, nicht bey dem Tanzen und Springen und Jauchzen, und beym Bon-Bon: der iſt ganz wo anders. Der iſt da wo man nichts ſieht, und man nichts weiß; da wo die Welt angefangen hat. Weißt Du, wo die Welt angefangen hat? Ich weiß es; kann es aber niemanden ſagen, der es nicht ſchon weiß. Dir kann ichs ſagen, und wills Dir ſagen, ins Ohr — Haſt Du gehorcht? — — — — Und verſtanden?

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/138>, abgerufen am 17.05.2024.