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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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selbst: aber dadurch wird er nur gefährlicher;
das giebt ihm die offene, unschuldige Miene,
wogegen kein Rath ist, worauf man ihm die
Hand von ferne reicht, sich ihm anschlingt,
und Gemeinschaft mit ihm macht. Erst hin-
tennach wird man gewahr, was er für un-
sichere Straßen wandelt, wie verwegen er im
Handel ist, wie wohlfeil er seine Haut bietet,
und folglich die seines Genossen mit . . . .
Nun ein Mädchen, das seines Weges käme --
diesem auszuweichen -- wie wäre es möglich?
So ward unsere Luzie hingewagt, so gieng
uns das süße Geschöpf verloren; denn sie
stirbt, Kinder, und ihr Tod ist dieser
Allwill?

Nie war der Holden ein Jüngling er-
schienen wie Allwill -- so sinnig, so beschei-
den und zugleich so voll Geist und edlen Ei-
fers. Keine Tugend, keine Liebenswürdigkeit,
die sich nicht in ihm abspiegelte, wie Sonn
im Meer; und das so ganz aus nackender
Eigenschaft seiner Natur. Ueberall in vollem

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ſelbſt: aber dadurch wird er nur gefaͤhrlicher;
das giebt ihm die offene, unſchuldige Miene,
wogegen kein Rath iſt, worauf man ihm die
Hand von ferne reicht, ſich ihm anſchlingt,
und Gemeinſchaft mit ihm macht. Erſt hin-
tennach wird man gewahr, was er fuͤr un-
ſichere Straßen wandelt, wie verwegen er im
Handel iſt, wie wohlfeil er ſeine Haut bietet,
und folglich die ſeines Genoſſen mit . . . .
Nun ein Maͤdchen, das ſeines Weges kaͤme —
dieſem auszuweichen — wie waͤre es moͤglich?
So ward unſere Luzie hingewagt, ſo gieng
uns das ſuͤße Geſchoͤpf verloren; denn ſie
ſtirbt, Kinder, und ihr Tod iſt dieſer
Allwill?

Nie war der Holden ein Juͤngling er-
ſchienen wie Allwill — ſo ſinnig, ſo beſchei-
den und zugleich ſo voll Geiſt und edlen Ei-
fers. Keine Tugend, keine Liebenswuͤrdigkeit,
die ſich nicht in ihm abſpiegelte, wie Sonn
im Meer; und das ſo ganz aus nackender
Eigenſchaft ſeiner Natur. Ueberall in vollem

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[115/0153] ſelbſt: aber dadurch wird er nur gefaͤhrlicher; das giebt ihm die offene, unſchuldige Miene, wogegen kein Rath iſt, worauf man ihm die Hand von ferne reicht, ſich ihm anſchlingt, und Gemeinſchaft mit ihm macht. Erſt hin- tennach wird man gewahr, was er fuͤr un- ſichere Straßen wandelt, wie verwegen er im Handel iſt, wie wohlfeil er ſeine Haut bietet, und folglich die ſeines Genoſſen mit . . . . Nun ein Maͤdchen, das ſeines Weges kaͤme — dieſem auszuweichen — wie waͤre es moͤglich? So ward unſere Luzie hingewagt, ſo gieng uns das ſuͤße Geſchoͤpf verloren; denn ſie ſtirbt, Kinder, und ihr Tod iſt dieſer Allwill? Nie war der Holden ein Juͤngling er- ſchienen wie Allwill — ſo ſinnig, ſo beſchei- den und zugleich ſo voll Geiſt und edlen Ei- fers. Keine Tugend, keine Liebenswuͤrdigkeit, die ſich nicht in ihm abſpiegelte, wie Sonn im Meer; und das ſo ganz aus nackender Eigenſchaft ſeiner Natur. Ueberall in vollem H 2

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/153>, abgerufen am 21.11.2024.