Clavier und Stimme hörten wir wirklich. Dazu kamen, in der Vorstellung, die Flau- ten, Geigen und Hörner, welche wir in der Partitur lasen; und Ihnen brauche ich nicht zu sagen, welche Wirkung diese Begleitung auf unsere Einbildungskraft machte. Neh- men Sie für einen Augenblick an, alle diese Instrumente wären gegenwärtig gewesen; und hernach denken Sie das menschliche Ohr sich weg: was bleibt? -- Nichts, als eine so oder anders erschütterte Luft; kein Flauten- Hör- ner- Geigen- oder Clavier-Ton. Alle diese verschiedenen Töne sind allein in Ihrem Ohr; und ihre mannichfaltigen Erscheinungen lösen sich in ein reines Vermögen zu hören, als ihre erste Quelle, den Grund ihrer Mög- lichkeit, auf. Wir werden also durchs Gehör, wenn wir etwas anders, als das blosse Hören selbst, dadurch gewahr werden, ein blosses Nicht-Nichts gewahr; denn der Ton ist offenbar ganz und allein in uns, und bezeich- net nur eine Modification unseres reinen Ver- mögens zu hören, zu welchem Etwas, ein
Clavier und Stimme hoͤrten wir wirklich. Dazu kamen, in der Vorſtellung, die Flau- ten, Geigen und Hoͤrner, welche wir in der Partitur laſen; und Ihnen brauche ich nicht zu ſagen, welche Wirkung dieſe Begleitung auf unſere Einbildungskraft machte. Neh- men Sie fuͤr einen Augenblick an, alle dieſe Inſtrumente waͤren gegenwaͤrtig geweſen; und hernach denken Sie das menſchliche Ohr ſich weg: was bleibt? — Nichts, als eine ſo oder anders erſchuͤtterte Luft; kein Flauten- Hoͤr- ner- Geigen- oder Clavier-Ton. Alle dieſe verſchiedenen Toͤne ſind allein in Ihrem Ohr; und ihre mannichfaltigen Erſcheinungen loͤſen ſich in ein reines Vermoͤgen zu hoͤren, als ihre erſte Quelle, den Grund ihrer Moͤg- lichkeit, auf. Wir werden alſo durchs Gehoͤr, wenn wir etwas anders, als das bloſſe Hoͤren ſelbſt, dadurch gewahr werden, ein bloſſes Nicht-Nichts gewahr; denn der Ton iſt offenbar ganz und allein in uns, und bezeich- net nur eine Modification unſeres reinen Ver- moͤgens zu hoͤren, zu welchem Etwas, ein
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Clavier und Stimme hoͤrten wir wirklich.
Dazu kamen, in der Vorſtellung, die Flau-
ten, Geigen und Hoͤrner, welche wir in der
Partitur laſen; und Ihnen brauche ich nicht
zu ſagen, welche Wirkung dieſe Begleitung
auf unſere Einbildungskraft machte. Neh-
men Sie fuͤr einen Augenblick an, alle dieſe
Inſtrumente waͤren gegenwaͤrtig geweſen; und
hernach denken Sie das menſchliche Ohr ſich
weg: was bleibt? — Nichts, als eine ſo oder
anders erſchuͤtterte Luft; kein Flauten- Hoͤr-
ner- Geigen- oder Clavier-Ton. Alle dieſe
verſchiedenen Toͤne ſind allein in Ihrem Ohr;
und ihre mannichfaltigen Erſcheinungen loͤſen
ſich in ein reines Vermoͤgen zu hoͤren,
als ihre erſte Quelle, den Grund ihrer Moͤg-
lichkeit, auf. Wir werden alſo durchs Gehoͤr,
wenn wir etwas anders, als das bloſſe Hoͤren
ſelbſt, dadurch gewahr werden, ein bloſſes
Nicht-Nichts gewahr; denn der Ton iſt
offenbar ganz und allein in uns, und bezeich-
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/196>, abgerufen am 24.11.2024.
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