Nicht-Nichts hinzukommt. So entsteht ein Hörender und ein Gehörtes, die beyde übrigens in unserer Vorstellung ein bloßes Nicht-Nichts sind. Verfolgen Sie diese Betrachtungen, und sagen Sie mir, ob wir nicht dem Onkel, wenn er sich gehörig damit bewafnete, würden unterliegen müssen?
Wenn Sie, antwortete ich, unter dem Worte gehörig nicht etwas noch ganz beson- deres verstehen, so hat Clerdon in dieser Rü- stung schon vor mir, und auch vor Ihnen ge- standen; und ich kann nicht finden, wo das Eigene darin ist, welches Ihnen so plötzlich allen Muth zu Ihren kurz zuvor noch mit Glück versuchten Waffen benommen hat. Was Sie von den verschiedenen Instrumenten in Bezie- hung auf das reine Hören sagten; eben das läßt sich von den verschiedenen Sinnen in Be- ziehung auf den gemeinschaftlichen inneren Sinn behaupten; so, daß, wie allem wirklichen Se- hen ein reines Sehen von Nichts; al- lem wirklichen Hören ein reines Hören von
Nicht-Nichts hinzukommt. So entſteht ein Hoͤrender und ein Gehoͤrtes, die beyde uͤbrigens in unſerer Vorſtellung ein bloßes Nicht-Nichts ſind. Verfolgen Sie dieſe Betrachtungen, und ſagen Sie mir, ob wir nicht dem Onkel, wenn er ſich gehoͤrig damit bewafnete, wuͤrden unterliegen muͤſſen?
Wenn Sie, antwortete ich, unter dem Worte gehoͤrig nicht etwas noch ganz beſon- deres verſtehen, ſo hat Clerdon in dieſer Ruͤ- ſtung ſchon vor mir, und auch vor Ihnen ge- ſtanden; und ich kann nicht finden, wo das Eigene darin iſt, welches Ihnen ſo ploͤtzlich allen Muth zu Ihren kurz zuvor noch mit Gluͤck verſuchten Waffen benommen hat. Was Sie von den verſchiedenen Inſtrumenten in Bezie- hung auf das reine Hoͤren ſagten; eben das laͤßt ſich von den verſchiedenen Sinnen in Be- ziehung auf den gemeinſchaftlichen inneren Sinn behaupten; ſo, daß, wie allem wirklichen Se- hen ein reines Sehen von Nichts; al- lem wirklichen Hoͤren ein reines Hoͤren von
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Nicht-Nichts hinzukommt. So entſteht
ein Hoͤrender und ein Gehoͤrtes, die
beyde uͤbrigens in unſerer Vorſtellung ein
bloßes Nicht-Nichts ſind. Verfolgen Sie
dieſe Betrachtungen, und ſagen Sie mir, ob
wir nicht dem Onkel, wenn er ſich gehoͤrig
damit bewafnete, wuͤrden unterliegen muͤſſen?
Wenn Sie, antwortete ich, unter dem
Worte gehoͤrig nicht etwas noch ganz beſon-
deres verſtehen, ſo hat Clerdon in dieſer Ruͤ-
ſtung ſchon vor mir, und auch vor Ihnen ge-
ſtanden; und ich kann nicht finden, wo das
Eigene darin iſt, welches Ihnen ſo ploͤtzlich
allen Muth zu Ihren kurz zuvor noch mit Gluͤck
verſuchten Waffen benommen hat. Was Sie
von den verſchiedenen Inſtrumenten in Bezie-
hung auf das reine Hoͤren ſagten; eben das
laͤßt ſich von den verſchiedenen Sinnen in Be-
ziehung auf den gemeinſchaftlichen inneren Sinn
behaupten; ſo, daß, wie allem wirklichen Se-
hen ein reines Sehen von Nichts; al-
lem wirklichen Hoͤren ein reines Hoͤren von
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/197>, abgerufen am 24.11.2024.
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