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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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schien auch. Alle waren so freundlich, so gut;
und da gab die Tante nachher dem Bedien-
ten noch ein Körbchen Gebackenes für mich
mit. Ich blieb bis acht Uhr, und verweilte
gern. Alles ist so aufgedeckt bey diesen Leu-
ten; man kann nicht sagen, daß sie offen-
herzig
sind -- denn da ist nichts, das sich
möchte verbergen wollen -- aber treuherzig
sind sie. Ich konnte da so anstreichen mit
meinen Gefühlen; mir wurde vertraulich und
wohl.

Ich habe eine Zeit her auch viel mit ei-
ner Kranken zu thun gehabt. Die Wald-
beck
-- Du wirst Dich ihrer und ihres recht-
schaffenen Mannes, und der Schaar wohlge-
zogener Kinder in dem Hause noch erinnern
-- die lag am Tode. Es half diesen schwer
Bekümmerten sehr, daß sie mich unter sich
hatten. Wie sie mir halfen, das ahndete kei-
nem. Es ist so süß in dergleichen Theilneh-
mung hineingezogen zu werden; so süß, das
willige Werkzeug zu seyn, hinter welchem Gott
oder ein Engel sich verbirgt.

ſchien auch. Alle waren ſo freundlich, ſo gut;
und da gab die Tante nachher dem Bedien-
ten noch ein Koͤrbchen Gebackenes fuͤr mich
mit. Ich blieb bis acht Uhr, und verweilte
gern. Alles iſt ſo aufgedeckt bey dieſen Leu-
ten; man kann nicht ſagen, daß ſie offen-
herzig
ſind — denn da iſt nichts, das ſich
moͤchte verbergen wollen — aber treuherzig
ſind ſie. Ich konnte da ſo anſtreichen mit
meinen Gefuͤhlen; mir wurde vertraulich und
wohl.

Ich habe eine Zeit her auch viel mit ei-
ner Kranken zu thun gehabt. Die Wald-
beck
— Du wirſt Dich ihrer und ihres recht-
ſchaffenen Mannes, und der Schaar wohlge-
zogener Kinder in dem Hauſe noch erinnern
— die lag am Tode. Es half dieſen ſchwer
Bekuͤmmerten ſehr, daß ſie mich unter ſich
hatten. Wie ſie mir halfen, das ahndete kei-
nem. Es iſt ſo ſuͤß in dergleichen Theilneh-
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[194/0232] ſchien auch. Alle waren ſo freundlich, ſo gut; und da gab die Tante nachher dem Bedien- ten noch ein Koͤrbchen Gebackenes fuͤr mich mit. Ich blieb bis acht Uhr, und verweilte gern. Alles iſt ſo aufgedeckt bey dieſen Leu- ten; man kann nicht ſagen, daß ſie offen- herzig ſind — denn da iſt nichts, das ſich moͤchte verbergen wollen — aber treuherzig ſind ſie. Ich konnte da ſo anſtreichen mit meinen Gefuͤhlen; mir wurde vertraulich und wohl. Ich habe eine Zeit her auch viel mit ei- ner Kranken zu thun gehabt. Die Wald- beck — Du wirſt Dich ihrer und ihres recht- ſchaffenen Mannes, und der Schaar wohlge- zogener Kinder in dem Hauſe noch erinnern — die lag am Tode. Es half dieſen ſchwer Bekuͤmmerten ſehr, daß ſie mich unter ſich hatten. Wie ſie mir halfen, das ahndete kei- nem. Es iſt ſo ſuͤß in dergleichen Theilneh- mung hineingezogen zu werden; ſo ſuͤß, das willige Werkzeug zu ſeyn, hinter welchem Gott oder ein Engel ſich verbirgt.

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/232>, abgerufen am 21.11.2024.