diesen Platz da einnehmen sähe -- wie das immer wiederkam, mich stärker bewegte, fast Erscheinung wurde -- empörte michs zuletzt; ich gab mir Verweise, ernstliche Verweise, die mich zum Weinen brachten ...
So ist es! -- So, daß unter allen den Be- klemmungen, die ich erfahre, mein Herz nur immer regsamer, an sich ziehender, sehnender und strebender wird. Jeder Tropfen Blut in mir scheint seine Bewegung nur davon zu haben, daß meine Seele dieses da, gerade dieses jetzt anschaut; es so anschaut, gerade so, daß diese Empfindung, diese und keine andere daraus entspringt; diese Empfindung, die lebendige, setzt allein mein Herz in Be- wegung; davon schlägt es; es schlüge sonst nicht; -- mein Blut, es wallt in meinen Adern nur von diesen Schlägen, stockte oh- ne sie; denn anderes Leben ist nicht mehr in mir.
Ich schreibe bald wieder, liebe Amalia! Clärchen, Lenore, Deine Kinder, wie sie
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dieſen Platz da einnehmen ſaͤhe — wie das immer wiederkam, mich ſtaͤrker bewegte, faſt Erſcheinung wurde — empoͤrte michs zuletzt; ich gab mir Verweiſe, ernſtliche Verweiſe, die mich zum Weinen brachten …
So iſt es! — So, daß unter allen den Be- klemmungen, die ich erfahre, mein Herz nur immer regſamer, an ſich ziehender, ſehnender und ſtrebender wird. Jeder Tropfen Blut in mir ſcheint ſeine Bewegung nur davon zu haben, daß meine Seele dieſes da, gerade dieſes jetzt anſchaut; es ſo anſchaut, gerade ſo, daß dieſe Empfindung, dieſe und keine andere daraus entſpringt; dieſe Empfindung, die lebendige, ſetzt allein mein Herz in Be- wegung; davon ſchlaͤgt es; es ſchluͤge ſonſt nicht; — mein Blut, es wallt in meinen Adern nur von dieſen Schlaͤgen, ſtockte oh- ne ſie; denn anderes Leben iſt nicht mehr in mir.
Ich ſchreibe bald wieder, liebe Amalia! Claͤrchen, Lenore, Deine Kinder, wie ſie
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dieſen Platz da einnehmen ſaͤhe — wie das
immer wiederkam, mich ſtaͤrker bewegte, faſt
Erſcheinung wurde — empoͤrte michs zuletzt;
ich gab mir Verweiſe, ernſtliche Verweiſe,
die mich zum Weinen brachten …
So iſt es! — So, daß unter allen den Be-
klemmungen, die ich erfahre, mein Herz nur
immer regſamer, an ſich ziehender, ſehnender
und ſtrebender wird. Jeder Tropfen Blut
in mir ſcheint ſeine Bewegung nur davon zu
haben, daß meine Seele dieſes da, gerade
dieſes jetzt anſchaut; es ſo anſchaut, gerade
ſo, daß dieſe Empfindung, dieſe und keine
andere daraus entſpringt; dieſe Empfindung,
die lebendige, ſetzt allein mein Herz in Be-
wegung; davon ſchlaͤgt es; es ſchluͤge ſonſt
nicht; — mein Blut, es wallt in meinen
Adern nur von dieſen Schlaͤgen, ſtockte oh-
ne ſie; denn anderes Leben iſt nicht mehr
in mir.
Ich ſchreibe bald wieder, liebe Amalia!
Claͤrchen, Lenore, Deine Kinder, wie ſie
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/235>, abgerufen am 24.11.2024.
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