Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

in Besitz nehmen kann: das verknüpft mein
Verstand auf folgende Weise.

So wenig Ewigkeit durch Zeit her-
vorgebracht, dargestellt oder erfüllt werden
kann: so wenig kann Vergängliches We-
sen
die Seele der Natur; Lebendiges nur
eine Modification des Unlebendigen; vernünf-
tiges Daseyn nur eine Zufälligkeit von Ein-
schränkungen, eine leere Form und nichtige
Erscheinung seyn. Darum glaube Du --
entscheidet mein Verstand -- an ein Ewiges,
das nicht blos ein Unendliches der Erscheinun-
gen, ein Lückenbüßer ohnmächtiger Fantasie,
sondern in der That das Erste und der An-
fang
ist; glaube Du an ein in sich Leben-
diges
, welches das Gute und die Wahr-
heit selbst
-- an einen allmächtigen Gott,
der ein Geist und Dein Schöpfer ist.

Hat er mich mit Händen gemacht, dieser
Geist und Gott?

in Beſitz nehmen kann: das verknuͤpft mein
Verſtand auf folgende Weiſe.

So wenig Ewigkeit durch Zeit her-
vorgebracht, dargeſtellt oder erfuͤllt werden
kann: ſo wenig kann Vergaͤngliches We-
ſen
die Seele der Natur; Lebendiges nur
eine Modification des Unlebendigen; vernuͤnf-
tiges Daſeyn nur eine Zufaͤlligkeit von Ein-
ſchraͤnkungen, eine leere Form und nichtige
Erſcheinung ſeyn. Darum glaube Du —
entſcheidet mein Verſtand — an ein Ewiges,
das nicht blos ein Unendliches der Erſcheinun-
gen, ein Luͤckenbuͤßer ohnmaͤchtiger Fantaſie,
ſondern in der That das Erſte und der An-
fang
iſt; glaube Du an ein in ſich Leben-
diges
, welches das Gute und die Wahr-
heit ſelbſt
— an einen allmaͤchtigen Gott,
der ein Geiſt und Dein Schoͤpfer iſt.

Hat er mich mit Haͤnden gemacht, dieſer
Geiſt und Gott?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0352" n="314"/>
in Be&#x017F;itz nehmen kann: das verknu&#x0364;pft mein<lb/>
Ver&#x017F;tand auf folgende Wei&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>So wenig <hi rendition="#g">Ewigkeit</hi> durch <hi rendition="#g">Zeit</hi> her-<lb/>
vorgebracht, darge&#x017F;tellt oder erfu&#x0364;llt werden<lb/>
kann: &#x017F;o wenig kann <hi rendition="#g">Verga&#x0364;ngliches We-<lb/>
&#x017F;en</hi> die <hi rendition="#g">Seele</hi> der Natur; Lebendiges nur<lb/>
eine Modification des Unlebendigen; vernu&#x0364;nf-<lb/>
tiges Da&#x017F;eyn nur eine Zufa&#x0364;lligkeit von Ein-<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nkungen, eine leere Form und nichtige<lb/>
Er&#x017F;cheinung &#x017F;eyn. Darum glaube Du &#x2014;<lb/>
ent&#x017F;cheidet mein Ver&#x017F;tand &#x2014; an ein <hi rendition="#g">Ewiges</hi>,<lb/>
das nicht blos ein Unendliches der Er&#x017F;cheinun-<lb/>
gen, ein Lu&#x0364;ckenbu&#x0364;ßer ohnma&#x0364;chtiger Fanta&#x017F;ie,<lb/>
&#x017F;ondern in der That das <hi rendition="#g">Er&#x017F;te</hi> und der <hi rendition="#g">An-<lb/>
fang</hi> i&#x017F;t; glaube Du an ein <hi rendition="#g">in &#x017F;ich Leben-<lb/>
diges</hi>, welches das <hi rendition="#g">Gute</hi> und die <hi rendition="#g">Wahr-<lb/>
heit &#x017F;elb&#x017F;t</hi> &#x2014; an einen allma&#x0364;chtigen <hi rendition="#g">Gott</hi>,<lb/>
der ein <hi rendition="#g">Gei&#x017F;t</hi> und Dein <hi rendition="#g">Scho&#x0364;pfer</hi> i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Hat er mich mit Ha&#x0364;nden gemacht, die&#x017F;er<lb/><hi rendition="#g">Gei&#x017F;t</hi> und <hi rendition="#g">Gott</hi>?</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0352] in Beſitz nehmen kann: das verknuͤpft mein Verſtand auf folgende Weiſe. So wenig Ewigkeit durch Zeit her- vorgebracht, dargeſtellt oder erfuͤllt werden kann: ſo wenig kann Vergaͤngliches We- ſen die Seele der Natur; Lebendiges nur eine Modification des Unlebendigen; vernuͤnf- tiges Daſeyn nur eine Zufaͤlligkeit von Ein- ſchraͤnkungen, eine leere Form und nichtige Erſcheinung ſeyn. Darum glaube Du — entſcheidet mein Verſtand — an ein Ewiges, das nicht blos ein Unendliches der Erſcheinun- gen, ein Luͤckenbuͤßer ohnmaͤchtiger Fantaſie, ſondern in der That das Erſte und der An- fang iſt; glaube Du an ein in ſich Leben- diges, welches das Gute und die Wahr- heit ſelbſt — an einen allmaͤchtigen Gott, der ein Geiſt und Dein Schoͤpfer iſt. Hat er mich mit Haͤnden gemacht, dieſer Geiſt und Gott?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/352
Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/352>, abgerufen am 17.05.2024.