res, erster Lichtstrahl einer viel größern Schöpfung, als die Schöpfung eines einzel- nen Tages. Ich mußte heraus aus dem Gemäuer in die offene Welt. Sophie, bey der ich angerufen hatte, begleitete mich. Welch ein Spatziergang! Der Himmel war so rein, die Luft so sanft, die ganze Erde wie ein lächelndes Angesicht voll Trost und Verheißung, Unschuld und Fülle des Herzens. Dies alles konnte ich jetzt wunder- bar auffassen; meine Blicke waren milde, segnend. Und so wurde ich unvermerkt wieder das gute zuversichtliche Geschöpf, das nichts als Wonne über der Gottes-Welt Schönheit, und volle Hofnung im Herzen hatte.
Ja, volle Hofnung, bester Clerdon, ohne zu wissen, was ich hofte; alles Gute, alles Schöne: und diese liebe Verworrenheit, diese Dämmerung war es eben, warum mir so wohl war; warum kein Unglaube mich wach stören konnte.
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res, erſter Lichtſtrahl einer viel groͤßern Schoͤpfung, als die Schoͤpfung eines einzel- nen Tages. Ich mußte heraus aus dem Gemaͤuer in die offene Welt. Sophie, bey der ich angerufen hatte, begleitete mich. Welch ein Spatziergang! Der Himmel war ſo rein, die Luft ſo ſanft, die ganze Erde wie ein laͤchelndes Angeſicht voll Troſt und Verheißung, Unſchuld und Fuͤlle des Herzens. Dies alles konnte ich jetzt wunder- bar auffaſſen; meine Blicke waren milde, ſegnend. Und ſo wurde ich unvermerkt wieder das gute zuverſichtliche Geſchoͤpf, das nichts als Wonne uͤber der Gottes-Welt Schoͤnheit, und volle Hofnung im Herzen hatte.
Ja, volle Hofnung, beſter Clerdon, ohne zu wiſſen, was ich hofte; alles Gute, alles Schoͤne: und dieſe liebe Verworrenheit, dieſe Daͤmmerung war es eben, warum mir ſo wohl war; warum kein Unglaube mich wach ſtoͤren konnte.
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res, erſter Lichtſtrahl einer viel groͤßern
Schoͤpfung, als die Schoͤpfung eines einzel-
nen Tages. Ich mußte heraus aus dem
Gemaͤuer in die offene Welt. Sophie, bey
der ich angerufen hatte, begleitete mich.
Welch ein Spatziergang! Der Himmel war
ſo rein, die Luft ſo ſanft, die ganze Erde
wie ein laͤchelndes Angeſicht voll Troſt
und Verheißung, Unſchuld und Fuͤlle des
Herzens. Dies alles konnte ich jetzt wunder-
bar auffaſſen; meine Blicke waren milde,
ſegnend. Und ſo wurde ich unvermerkt wieder
das gute zuverſichtliche Geſchoͤpf, das nichts
als Wonne uͤber der Gottes-Welt Schoͤnheit,
und volle Hofnung im Herzen hatte.
Ja, volle Hofnung, beſter Clerdon, ohne
zu wiſſen, was ich hofte; alles Gute, alles
Schoͤne: und dieſe liebe Verworrenheit, dieſe
Daͤmmerung war es eben, warum mir ſo
wohl war; warum kein Unglaube mich wach
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/45>, abgerufen am 21.11.2024.
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