je etwas in Anschlag, was nicht Liebe war? Voll Muth, voll Zutrauen, im Glauben un- beweglich, duldete ich nicht alles, wagte ich nicht alles, gab ich nicht alles daran? Alles, alles! -- Was halfs! -- Nach einander und mit einander sah ich alle sie verdorren, die Bäume und Lauben in den Gefilden meiner Jugend; sah ich sinkend sie die Blumenbeete unter ihnen verheeren!
O des unvergifteten Pfeils, der aus Freundes Hand in euer Herz fährt; den er lächelnd darin umkehrt, und voll Unschuld fragt: wie kann das schmerzen? er war ja nicht giftig!
Nicht die wider mich Gewalt und böse Tücke brauchten, waren meine Verderber; jene waren es, die nur sachte von mir ab- fielen, wie eine zeitig gewordene Frucht ab- fällt, ihren Baum läßt, und mit seiner Fülle hinweg geht. Hört, ich bin nicht vom Blitze zersplittert, nicht abgehauen: nur ausgesogen
je etwas in Anſchlag, was nicht Liebe war? Voll Muth, voll Zutrauen, im Glauben un- beweglich, duldete ich nicht alles, wagte ich nicht alles, gab ich nicht alles daran? Alles, alles! — Was halfs! — Nach einander und mit einander ſah ich alle ſie verdorren, die Baͤume und Lauben in den Gefilden meiner Jugend; ſah ich ſinkend ſie die Blumenbeete unter ihnen verheeren!
O des unvergifteten Pfeils, der aus Freundes Hand in euer Herz faͤhrt; den er laͤchelnd darin umkehrt, und voll Unſchuld fragt: wie kann das ſchmerzen? er war ja nicht giftig!
Nicht die wider mich Gewalt und boͤſe Tuͤcke brauchten, waren meine Verderber; jene waren es, die nur ſachte von mir ab- fielen, wie eine zeitig gewordene Frucht ab- faͤllt, ihren Baum laͤßt, und mit ſeiner Fuͤlle hinweg geht. Hoͤrt, ich bin nicht vom Blitze zerſplittert, nicht abgehauen: nur ausgeſogen
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je etwas in Anſchlag, was nicht Liebe war?
Voll Muth, voll Zutrauen, im Glauben un-
beweglich, duldete ich nicht alles, wagte ich
nicht alles, gab ich nicht alles daran? Alles,
alles! — Was halfs! — Nach einander und
mit einander ſah ich alle ſie verdorren, die
Baͤume und Lauben in den Gefilden meiner
Jugend; ſah ich ſinkend ſie die Blumenbeete
unter ihnen verheeren!
O des unvergifteten Pfeils, der aus
Freundes Hand in euer Herz faͤhrt; den er
laͤchelnd darin umkehrt, und voll Unſchuld
fragt: wie kann das ſchmerzen? er
war ja nicht giftig!
Nicht die wider mich Gewalt und boͤſe
Tuͤcke brauchten, waren meine Verderber;
jene waren es, die nur ſachte von mir ab-
fielen, wie eine zeitig gewordene Frucht ab-
faͤllt, ihren Baum laͤßt, und mit ſeiner Fuͤlle
hinweg geht. Hoͤrt, ich bin nicht vom Blitze
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/56>, abgerufen am 24.11.2024.
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