tersuche, woher es kommt, daß die Vorstel-gen, ande- re aber nicht, und was da- bey be- sonders zu bemer- cken? lungen und Empfindungen gewisser Dinge uns vergnügt und andere mißvergnügt ma- chen. Meine Einsicht reicht zwar so weit nicht, daß ich aus der Beschaffenheit der See- le zeigen könte, wie es zugehet, daß uns das eine vergnüge, das andere aber verdrieß- lich falle; indessen aber wird zu meinem Vorhaben genug seyn, wenn ich folgendes bemercke, daß bey dem Vergnügen und Mißvergnügen über einige Dinge kein an- der Grund könne angegeben werden als die Natur des Menschen gantz allein: (*) in vielen Fällen aber die Erziehung und andere äusserliche Dinge eine Neben-Ur- sache davon in sich enthalten. Daß ein Mensch die Gesundheit seiner Glieder liebt, hingegen Schmertzen scheuet, hat, so viel wir wissen, keine andere Ursache als al- lein die menschliche Natur, als welche von ihrem Schöpffer so eingerichtet ist, daß sie das erstere vergnüget, das letztere ihr aber ein Mißvergnügen erwecket. Daß hinge- gen dem einen der Toback schmecket, dem andern aber eckelt, dem einen das Solda- ten-Wesen und das Geräusche der Trom- meln, dem andern aber eine sanffte Stille und eine Stube voll Bücher gefället, hat
ausser
(*) Wenn man sonsten nach dem nechsten Grunde fraget, warum uns etwas vergnüget, so pflegt man selbigen überhaupt in einer lebendi- gen Vorstellung derjenigen Vollkommenheit, welche eine Sache entweder würcklich hat, oder wir ihr nur zueignen, zu setzen, und alles Miß-
terſuche, woher es kommt, daß die Vorſtel-gen, ande- re aber nicht, und was da- bey be- ſonders zu bemer- cken? lungen und Empfindungen gewiſſer Dinge uns vergnuͤgt und andere mißvergnuͤgt ma- chen. Meine Einſicht reicht zwar ſo weit nicht, daß ich aus der Beſchaffenheit der See- le zeigen koͤnte, wie es zugehet, daß uns das eine vergnuͤge, das andere aber verdrieß- lich falle; indeſſen aber wird zu meinem Vorhaben genug ſeyn, wenn ich folgendes bemercke, daß bey dem Vergnuͤgen und Mißvergnuͤgen uͤber einige Dinge kein an- der Grund koͤnne angegeben werden als die Natur des Menſchen gantz allein: (*) in vielen Faͤllen aber die Erziehung und andere aͤuſſerliche Dinge eine Neben-Ur- ſache davon in ſich enthalten. Daß ein Menſch die Geſundheit ſeiner Glieder liebt, hingegen Schmertzen ſcheuet, hat, ſo viel wir wiſſen, keine andere Urſache als al- lein die menſchliche Natur, als welche von ihrem Schoͤpffer ſo eingerichtet iſt, daß ſie das erſtere vergnuͤget, das letztere ihr aber ein Mißvergnuͤgen erwecket. Daß hinge- gen dem einen der Toback ſchmecket, dem andern aber eckelt, dem einen das Solda- ten-Weſen und das Geraͤuſche der Trom- meln, dem andern aber eine ſanffte Stille und eine Stube voll Buͤcher gefaͤllet, hat
auſſer
(*) Wenn man ſonſten nach dem nechſten Grunde fraget, warum uns etwas vergnuͤget, ſo pflegt man ſelbigen uͤberhaupt in einer lebendi- gen Vorſtellung derjenigen Vollkommenheit, welche eine Sache entweder wuͤrcklich hat, oder wir ihr nur zueignen, zu ſetzen, und alles Miß-
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[143[139]/0175]
terſuche, woher es kommt, daß die Vorſtel-
lungen und Empfindungen gewiſſer Dinge
uns vergnuͤgt und andere mißvergnuͤgt ma-
chen. Meine Einſicht reicht zwar ſo weit
nicht, daß ich aus der Beſchaffenheit der See-
le zeigen koͤnte, wie es zugehet, daß uns das
eine vergnuͤge, das andere aber verdrieß-
lich falle; indeſſen aber wird zu meinem
Vorhaben genug ſeyn, wenn ich folgendes
bemercke, daß bey dem Vergnuͤgen und
Mißvergnuͤgen uͤber einige Dinge kein an-
der Grund koͤnne angegeben werden als
die Natur des Menſchen gantz allein: (*)
in vielen Faͤllen aber die Erziehung und
andere aͤuſſerliche Dinge eine Neben-Ur-
ſache davon in ſich enthalten. Daß ein
Menſch die Geſundheit ſeiner Glieder liebt,
hingegen Schmertzen ſcheuet, hat, ſo viel
wir wiſſen, keine andere Urſache als al-
lein die menſchliche Natur, als welche von
ihrem Schoͤpffer ſo eingerichtet iſt, daß ſie
das erſtere vergnuͤget, das letztere ihr aber
ein Mißvergnuͤgen erwecket. Daß hinge-
gen dem einen der Toback ſchmecket, dem
andern aber eckelt, dem einen das Solda-
ten-Weſen und das Geraͤuſche der Trom-
meln, dem andern aber eine ſanffte Stille
und eine Stube voll Buͤcher gefaͤllet, hat
auſſer
gen, ande-
re aber
nicht, und
was da-
bey be-
ſonders
zu bemer-
cken?
(*) Wenn man ſonſten nach dem nechſten
Grunde fraget, warum uns etwas vergnuͤget,
ſo pflegt man ſelbigen uͤberhaupt in einer lebendi-
gen Vorſtellung derjenigen Vollkommenheit,
welche eine Sache entweder wuͤrcklich hat, oder
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 143[139]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/175>, abgerufen am 16.02.2025.
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