ausser der menschlichen Natur auch noch ei- nen Grund in der Erziehung, Gewohnheit, Gsellschafft, veränderlichen Beschaffenheit unsers Leibes und vielleicht auch noch in an- dern äusserlichen Dingen. Von diesen letztern bemercken wir folgendes:
I. Diejenigen Vergnügen und Mißver- gnügen, welche unter anderr sich auf die Erziehung, Gewohnheit, Gesellschafft, ver- änderliche Beschaffenheit des Leibes und andere äusserliche Dinge gründen, sind bey verschiedenen Menschen unterschieden, so daß sich der eine an diesem, der andere an jenem vergnüget. Sie sind auch bey ei- nem Menschen veränderlich, dergestalt, daß diejenigen Dinge, die ihn zu der einen Zeit ergetzet, nach einigen Jahren kein Vergnü- gen mehr geben, sondern wol gar unange- nehm werden. Z. E. Jn unser Kindheit ist uns nichts angenehmer, als hüpffen, ren- nen und lauffen: und einige Stunden stille zu sitzen ist uns fast eine unerträgliche Last. Das Alter aber kehret diese Nei- gung gantz um, und macht, daß man gerne mit einer stillen Ruhe hinter einem war- men Offen verlieb nimmt. Man kan zu dieser Veränderung des Vergnügens und
Miß-
auſſer der menſchlichen Natur auch noch ei- nen Grund in der Erziehung, Gewohnheit, Gſellſchafft, veraͤnderlichen Beſchaffenheit unſers Leibes und vielleicht auch noch in an- dern aͤuſſerlichen Dingen. Von dieſen letztern bemercken wir folgendes:
I. Diejenigen Vergnuͤgen und Mißver- gnuͤgen, welche unter anderr ſich auf die Erziehung, Gewohnheit, Geſellſchafft, ver- aͤnderliche Beſchaffenheit des Leibes und andere aͤuſſerliche Dinge gruͤnden, ſind bey verſchiedenen Menſchen unterſchieden, ſo daß ſich der eine an dieſem, der andere an jenem vergnuͤget. Sie ſind auch bey ei- nem Menſchen veraͤnderlich, dergeſtalt, daß diejenigen Dinge, die ihn zu der einen Zeit ergetzet, nach einigen Jahren kein Vergnuͤ- gen mehr geben, ſondern wol gar unange- nehm werden. Z. E. Jn unſer Kindheit iſt uns nichts angenehmer, als huͤpffen, ren- nen und lauffen: und einige Stunden ſtille zu ſitzen iſt uns faſt eine unertraͤgliche Laſt. Das Alter aber kehret dieſe Nei- gung gantz um, und macht, daß man gerne mit einer ſtillen Ruhe hinter einem war- men Offen verlieb nimmt. Man kan zu dieſer Veraͤnderung des Vergnuͤgens und
Miß-
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[144[140]/0176]
auſſer der menſchlichen Natur auch noch ei-
nen Grund in der Erziehung, Gewohnheit,
Gſellſchafft, veraͤnderlichen Beſchaffenheit
unſers Leibes und vielleicht auch noch in an-
dern aͤuſſerlichen Dingen. Von dieſen
letztern bemercken wir folgendes:
I. Diejenigen Vergnuͤgen und Mißver-
gnuͤgen, welche unter anderr ſich auf die
Erziehung, Gewohnheit, Geſellſchafft, ver-
aͤnderliche Beſchaffenheit des Leibes und
andere aͤuſſerliche Dinge gruͤnden, ſind bey
verſchiedenen Menſchen unterſchieden, ſo
daß ſich der eine an dieſem, der andere an
jenem vergnuͤget. Sie ſind auch bey ei-
nem Menſchen veraͤnderlich, dergeſtalt, daß
diejenigen Dinge, die ihn zu der einen Zeit
ergetzet, nach einigen Jahren kein Vergnuͤ-
gen mehr geben, ſondern wol gar unange-
nehm werden. Z. E. Jn unſer Kindheit
iſt uns nichts angenehmer, als huͤpffen, ren-
nen und lauffen: und einige Stunden
ſtille zu ſitzen iſt uns faſt eine unertraͤgliche
Laſt. Das Alter aber kehret dieſe Nei-
gung gantz um, und macht, daß man gerne
mit einer ſtillen Ruhe hinter einem war-
men Offen verlieb nimmt. Man kan zu
dieſer Veraͤnderung des Vergnuͤgens und
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 144[140]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/176>, abgerufen am 21.11.2024.
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