Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





Da nun das Christenthum sich weniger
würde ausgebreitet haben, wenn der
Meßias vor der Zerstöhrung Tyro und
Sidons kommen wäre, und also das
Reich GOttes wenigere Bürger erhalten
hätte, als bey der Erscheinung Christi
unter der Monarchie der Römer: (§. 5. 6.)
so hat seine unendliche Weißheit erfor-
dert, diese letztere Zeit zu den Tagen des
Meßias zu bestimmen.

§. 8.

Man wird weiter fragen: Warum
hat GOtt zu Tyro und Sidon nicht eben
solche Wunder durch andere thun lassen,
als der Heiland zu seiner Zeit verrichtet?
Denn Christus versichert, daß sie sich
würden bekehret haben, wenn dergleichen
Zeichen bey ihnen geschehen wären. Wir
antworten darauf zweyerlei. Erstlich
dörffen Wunderwercke nicht gemein ge-
macht werden: Zweytens muste der Mes-
sias nothwendig etwas vor sich behalten.

§. 9.

Wunder dörffen nicht gemein gemacht
werden. Sie haben sonst keinen Ein-
druck in die Gemüther der Menschen.
Man siehet dieses bey den grösten Wun-
dern der Natur, welche sehr wenige ihrer
Aufmercksamkeit würdigen, weil sie sel-

bige





Da nun das Chriſtenthum ſich weniger
wuͤrde ausgebreitet haben, wenn der
Meßias vor der Zerſtoͤhrung Tyro und
Sidons kommen waͤre, und alſo das
Reich GOttes wenigere Buͤrger erhalten
haͤtte, als bey der Erſcheinung Chriſti
unter der Monarchie der Roͤmer: (§. 5. 6.)
ſo hat ſeine unendliche Weißheit erfor-
dert, dieſe letztere Zeit zu den Tagen des
Meßias zu beſtimmen.

§. 8.

Man wird weiter fragen: Warum
hat GOtt zu Tyro und Sidon nicht eben
ſolche Wunder durch andere thun laſſen,
als der Heiland zu ſeiner Zeit verrichtet?
Denn Chriſtus verſichert, daß ſie ſich
wuͤrden bekehret haben, wenn dergleichen
Zeichen bey ihnen geſchehen waͤren. Wir
antworten darauf zweyerlei. Erſtlich
doͤrffen Wunderwercke nicht gemein ge-
macht werden: Zweytens muſte der Meſ-
ſias nothwendig etwas vor ſich behalten.

§. 9.

Wunder doͤrffen nicht gemein gemacht
werden. Sie haben ſonſt keinen Ein-
druck in die Gemuͤther der Menſchen.
Man ſiehet dieſes bey den groͤſten Wun-
dern der Natur, welche ſehr wenige ihrer
Aufmerckſamkeit wuͤrdigen, weil ſie ſel-

bige
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0019" n="15"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Da nun das Chri&#x017F;tenthum &#x017F;ich weniger<lb/>
wu&#x0364;rde ausgebreitet haben, wenn der<lb/>
Meßias vor der Zer&#x017F;to&#x0364;hrung Tyro und<lb/>
Sidons kommen wa&#x0364;re, und al&#x017F;o das<lb/>
Reich GOttes wenigere Bu&#x0364;rger erhalten<lb/>
ha&#x0364;tte, als bey der Er&#x017F;cheinung Chri&#x017F;ti<lb/>
unter der Monarchie der Ro&#x0364;mer: (§. 5. 6.)<lb/>
&#x017F;o hat &#x017F;eine unendliche Weißheit erfor-<lb/>
dert, die&#x017F;e letztere Zeit zu den Tagen des<lb/>
Meßias zu be&#x017F;timmen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 8.</head><lb/>
            <p>Man wird weiter fragen: Warum<lb/>
hat GOtt zu Tyro und Sidon nicht eben<lb/>
&#x017F;olche Wunder durch andere thun la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
als der Heiland zu &#x017F;einer Zeit verrichtet?<lb/>
Denn Chri&#x017F;tus ver&#x017F;ichert, daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
wu&#x0364;rden bekehret haben, wenn dergleichen<lb/>
Zeichen bey ihnen ge&#x017F;chehen wa&#x0364;ren. Wir<lb/>
antworten darauf zweyerlei. Er&#x017F;tlich<lb/>
do&#x0364;rffen Wunderwercke nicht gemein ge-<lb/>
macht werden: Zweytens mu&#x017F;te der Me&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ias nothwendig etwas vor &#x017F;ich behalten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 9.</head><lb/>
            <p>Wunder do&#x0364;rffen nicht gemein gemacht<lb/>
werden. Sie haben &#x017F;on&#x017F;t keinen Ein-<lb/>
druck in die Gemu&#x0364;ther der Men&#x017F;chen.<lb/>
Man &#x017F;iehet die&#x017F;es bey den gro&#x0364;&#x017F;ten Wun-<lb/>
dern der Natur, welche &#x017F;ehr wenige ihrer<lb/>
Aufmerck&#x017F;amkeit wu&#x0364;rdigen, weil &#x017F;ie &#x017F;el-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bige</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0019] Da nun das Chriſtenthum ſich weniger wuͤrde ausgebreitet haben, wenn der Meßias vor der Zerſtoͤhrung Tyro und Sidons kommen waͤre, und alſo das Reich GOttes wenigere Buͤrger erhalten haͤtte, als bey der Erſcheinung Chriſti unter der Monarchie der Roͤmer: (§. 5. 6.) ſo hat ſeine unendliche Weißheit erfor- dert, dieſe letztere Zeit zu den Tagen des Meßias zu beſtimmen. §. 8. Man wird weiter fragen: Warum hat GOtt zu Tyro und Sidon nicht eben ſolche Wunder durch andere thun laſſen, als der Heiland zu ſeiner Zeit verrichtet? Denn Chriſtus verſichert, daß ſie ſich wuͤrden bekehret haben, wenn dergleichen Zeichen bey ihnen geſchehen waͤren. Wir antworten darauf zweyerlei. Erſtlich doͤrffen Wunderwercke nicht gemein ge- macht werden: Zweytens muſte der Meſ- ſias nothwendig etwas vor ſich behalten. §. 9. Wunder doͤrffen nicht gemein gemacht werden. Sie haben ſonſt keinen Ein- druck in die Gemuͤther der Menſchen. Man ſiehet dieſes bey den groͤſten Wun- dern der Natur, welche ſehr wenige ihrer Aufmerckſamkeit wuͤrdigen, weil ſie ſel- bige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/19
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/19>, abgerufen am 27.04.2024.