Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





gel und Menschen in alle Ewigkeit von den
Teuffeln und seiner Gesellschafft wolte in
ihrer Ruhe stöhren und betrüben lassen?
Oder lässet er mehr Liebe blicken, wenn er
zwischen Gute und Böse eine grosse Klufft
befestiget, und dadurch verhindert, daß die,
so in seinem Lobe und in der Liebe zu ihren
Heyland suchen gesättiget zu werden, an
der Unseligkeit der Lasterhafften keinen An-
theil haben, sondern in einer ruhigen und
holdseligen Gesellschafft ihrer Tugend ge-
niessen können?

§. 37.
Ob die
Sünder,
wenn sie
in den
Himmel
kämen,
würden
aufhören
zu sündi-
gen?

Vielleicht denckt jemand: die Sünder
würden aufhören zu sündigen, so bald sie
nur die Thore des Himmels erreichten, in-
dem mit dieser Welt sich auch die Bewe-
gungs-Gründe zur Sünde endigten. Die
Dürfftigkeit des Leibes würde niemand
zum stehlen bringen, und die Beschaffen-
heit des verklärten Cörpers würde niemand
antreiben, fleischliche Vermischung zu su-
chen. Jch würde hierauf nicht antworten
können, wenn alle diejenigen andern das
Jhrige liessen, welche an Lebens-Unterhalt
keinen Mangel, sondern einen Uberfluß ha-
ben, und wenn alle diejenigen tugendhafft

wären,





gel und Menſchen in alle Ewigkeit von den
Teuffeln und ſeiner Geſellſchafft wolte in
ihrer Ruhe ſtoͤhren und betruͤben laſſen?
Oder laͤſſet er mehr Liebe blicken, wenn er
zwiſchen Gute und Boͤſe eine groſſe Klufft
befeſtiget, und dadurch verhindert, daß die,
ſo in ſeinem Lobe und in der Liebe zu ihren
Heyland ſuchen geſaͤttiget zu werden, an
der Unſeligkeit der Laſterhafften keinen An-
theil haben, ſondern in einer ruhigen und
holdſeligen Geſellſchafft ihrer Tugend ge-
nieſſen koͤnnen?

§. 37.
Ob die
Suͤnder,
wenn ſie
in den
Himmel
kaͤmen,
wuͤrden
aufhoͤren
zu ſuͤndi-
gen?

Vielleicht denckt jemand: die Suͤnder
wuͤrden aufhoͤren zu ſuͤndigen, ſo bald ſie
nur die Thore des Himmels erreichten, in-
dem mit dieſer Welt ſich auch die Bewe-
gungs-Gruͤnde zur Suͤnde endigten. Die
Duͤrfftigkeit des Leibes wuͤrde niemand
zum ſtehlen bringen, und die Beſchaffen-
heit des verklaͤrten Coͤrpers wuͤrde niemand
antreiben, fleiſchliche Vermiſchung zu ſu-
chen. Jch wuͤrde hierauf nicht antworten
koͤnnen, wenn alle diejenigen andern das
Jhrige lieſſen, welche an Lebens-Unterhalt
keinen Mangel, ſondern einen Uberfluß ha-
ben, und wenn alle diejenigen tugendhafft

waͤren,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0220" n="188[184]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
gel und Men&#x017F;chen in alle Ewigkeit von den<lb/>
Teuffeln und &#x017F;einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft wolte in<lb/>
ihrer Ruhe &#x017F;to&#x0364;hren und betru&#x0364;ben la&#x017F;&#x017F;en?<lb/>
Oder la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et er mehr Liebe blicken, wenn er<lb/>
zwi&#x017F;chen Gute und Bo&#x0364;&#x017F;e eine gro&#x017F;&#x017F;e Klufft<lb/>
befe&#x017F;tiget, und dadurch verhindert, daß die,<lb/>
&#x017F;o in &#x017F;einem Lobe und in der Liebe zu ihren<lb/>
Heyland &#x017F;uchen ge&#x017F;a&#x0364;ttiget zu werden, an<lb/>
der Un&#x017F;eligkeit der La&#x017F;terhafften keinen An-<lb/>
theil haben, &#x017F;ondern in einer ruhigen und<lb/>
hold&#x017F;eligen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft ihrer Tugend ge-<lb/>
nie&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen?</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 37.</head><lb/>
            <note place="left">Ob die<lb/>
Su&#x0364;nder,<lb/>
wenn &#x017F;ie<lb/>
in den<lb/>
Himmel<lb/>
ka&#x0364;men,<lb/>
wu&#x0364;rden<lb/>
aufho&#x0364;ren<lb/>
zu &#x017F;u&#x0364;ndi-<lb/>
gen?</note>
            <p>Vielleicht denckt jemand: die Su&#x0364;nder<lb/>
wu&#x0364;rden aufho&#x0364;ren zu &#x017F;u&#x0364;ndigen, &#x017F;o bald &#x017F;ie<lb/>
nur die Thore des Himmels erreichten, in-<lb/>
dem mit die&#x017F;er Welt &#x017F;ich auch die Bewe-<lb/>
gungs-Gru&#x0364;nde zur Su&#x0364;nde endigten. Die<lb/>
Du&#x0364;rfftigkeit des Leibes wu&#x0364;rde niemand<lb/>
zum &#x017F;tehlen bringen, und die Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit des verkla&#x0364;rten Co&#x0364;rpers wu&#x0364;rde niemand<lb/>
antreiben, flei&#x017F;chliche Vermi&#x017F;chung zu &#x017F;u-<lb/>
chen. Jch wu&#x0364;rde hierauf nicht antworten<lb/>
ko&#x0364;nnen, wenn alle diejenigen andern das<lb/>
Jhrige lie&#x017F;&#x017F;en, welche an Lebens-Unterhalt<lb/>
keinen Mangel, &#x017F;ondern einen Uberfluß ha-<lb/>
ben, und wenn alle diejenigen tugendhafft<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wa&#x0364;ren,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188[184]/0220] gel und Menſchen in alle Ewigkeit von den Teuffeln und ſeiner Geſellſchafft wolte in ihrer Ruhe ſtoͤhren und betruͤben laſſen? Oder laͤſſet er mehr Liebe blicken, wenn er zwiſchen Gute und Boͤſe eine groſſe Klufft befeſtiget, und dadurch verhindert, daß die, ſo in ſeinem Lobe und in der Liebe zu ihren Heyland ſuchen geſaͤttiget zu werden, an der Unſeligkeit der Laſterhafften keinen An- theil haben, ſondern in einer ruhigen und holdſeligen Geſellſchafft ihrer Tugend ge- nieſſen koͤnnen? §. 37. Vielleicht denckt jemand: die Suͤnder wuͤrden aufhoͤren zu ſuͤndigen, ſo bald ſie nur die Thore des Himmels erreichten, in- dem mit dieſer Welt ſich auch die Bewe- gungs-Gruͤnde zur Suͤnde endigten. Die Duͤrfftigkeit des Leibes wuͤrde niemand zum ſtehlen bringen, und die Beſchaffen- heit des verklaͤrten Coͤrpers wuͤrde niemand antreiben, fleiſchliche Vermiſchung zu ſu- chen. Jch wuͤrde hierauf nicht antworten koͤnnen, wenn alle diejenigen andern das Jhrige lieſſen, welche an Lebens-Unterhalt keinen Mangel, ſondern einen Uberfluß ha- ben, und wenn alle diejenigen tugendhafft waͤren,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/220
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 188[184]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/220>, abgerufen am 26.11.2024.