Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





Himmel unter den Hochmüthigen ereignen.
Hochmuth macht, daß wir hienieden ein-
ander öffters auf der breitesten Strasse
nicht wollen ausweichen, und daher einen
Krieg anfangen, ein gleiches könnte sich im
Himmel unter eigensinnigen Stoltzen be-
geben. Auch der Geitz könnte dorten sei-
ne Nahrung haben, wodurch er unterhal-
ten würde. Jch will nur einen möglichen
Fall hiervon anführen. Man findet auf
dieser Erden, daß der Hochmuth und die
Begierde vor andern etwas besonders zu
haben, Menschen, die in einem heissen Lan-
de wohnen und keine Kleider bedörffen noch
tragen; dennoch ihren Leib mit allerhand
Zierrathen behangen. Sie nehmen dar-
zu solche Dinge, die an ihrem Ort rar
sind, und nicht jedermann so gleich bekom-
men kan. Eben diese Thorheit könnte bey
Unverständigen und Lasterhafften im Him-
mel statt finden. Jhre Leiber hätten zwar
keiner Kleidung nöthig: aber der Hoch-
muth könnte sie dahin bewegen, daß sie
sich zu ihrem Schmuck entweder solcher
Cörper bedienten, welche dorten nicht so
häuffig, wie andere, wären, oder die sich
durch ihre eigene Kunst rar machten. Die-
ses aber könnte einen Geitz bey ihnen erre-

gen,





Himmel unter den Hochmuͤthigen ereignen.
Hochmuth macht, daß wir hienieden ein-
ander oͤffters auf der breiteſten Straſſe
nicht wollen ausweichen, und daher einen
Krieg anfangen, ein gleiches koͤnnte ſich im
Himmel unter eigenſinnigen Stoltzen be-
geben. Auch der Geitz koͤnnte dorten ſei-
ne Nahrung haben, wodurch er unterhal-
ten wuͤrde. Jch will nur einen moͤglichen
Fall hiervon anfuͤhren. Man findet auf
dieſer Erden, daß der Hochmuth und die
Begierde vor andern etwas beſonders zu
haben, Menſchen, die in einem heiſſen Lan-
de wohnen und keine Kleider bedoͤrffen noch
tragen; dennoch ihren Leib mit allerhand
Zierrathen behangen. Sie nehmen dar-
zu ſolche Dinge, die an ihrem Ort rar
ſind, und nicht jedermann ſo gleich bekom-
men kan. Eben dieſe Thorheit koͤnnte bey
Unverſtaͤndigen und Laſterhafften im Him-
mel ſtatt finden. Jhre Leiber haͤtten zwar
keiner Kleidung noͤthig: aber der Hoch-
muth koͤnnte ſie dahin bewegen, daß ſie
ſich zu ihrem Schmuck entweder ſolcher
Coͤrper bedienten, welche dorten nicht ſo
haͤuffig, wie andere, waͤren, oder die ſich
durch ihre eigene Kunſt rar machten. Die-
ſes aber koͤnnte einen Geitz bey ihnen erre-

gen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0222" n="190[186]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Himmel unter den Hochmu&#x0364;thigen ereignen.<lb/>
Hochmuth macht, daß wir hienieden ein-<lb/>
ander o&#x0364;ffters auf der breite&#x017F;ten Stra&#x017F;&#x017F;e<lb/>
nicht wollen ausweichen, und daher einen<lb/>
Krieg anfangen, ein gleiches ko&#x0364;nnte &#x017F;ich im<lb/>
Himmel unter eigen&#x017F;innigen Stoltzen be-<lb/>
geben. Auch der Geitz ko&#x0364;nnte dorten &#x017F;ei-<lb/>
ne Nahrung haben, wodurch er unterhal-<lb/>
ten wu&#x0364;rde. Jch will nur einen mo&#x0364;glichen<lb/>
Fall hiervon anfu&#x0364;hren. Man findet auf<lb/>
die&#x017F;er Erden, daß der Hochmuth und die<lb/>
Begierde vor andern etwas be&#x017F;onders zu<lb/>
haben, Men&#x017F;chen, die in einem hei&#x017F;&#x017F;en Lan-<lb/>
de wohnen und keine Kleider bedo&#x0364;rffen noch<lb/>
tragen; dennoch ihren Leib mit allerhand<lb/>
Zierrathen behangen. Sie nehmen dar-<lb/>
zu &#x017F;olche Dinge, die an ihrem Ort rar<lb/>
&#x017F;ind, und nicht jedermann &#x017F;o gleich bekom-<lb/>
men kan. Eben die&#x017F;e Thorheit ko&#x0364;nnte bey<lb/>
Unver&#x017F;ta&#x0364;ndigen und La&#x017F;terhafften im Him-<lb/>
mel &#x017F;tatt finden. Jhre Leiber ha&#x0364;tten zwar<lb/>
keiner Kleidung no&#x0364;thig: aber der Hoch-<lb/>
muth ko&#x0364;nnte &#x017F;ie dahin bewegen, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich zu ihrem Schmuck entweder &#x017F;olcher<lb/>
Co&#x0364;rper bedienten, welche dorten nicht &#x017F;o<lb/>
ha&#x0364;uffig, wie andere, wa&#x0364;ren, oder die &#x017F;ich<lb/>
durch ihre eigene Kun&#x017F;t rar machten. Die-<lb/>
&#x017F;es aber ko&#x0364;nnte einen Geitz bey ihnen erre-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190[186]/0222] Himmel unter den Hochmuͤthigen ereignen. Hochmuth macht, daß wir hienieden ein- ander oͤffters auf der breiteſten Straſſe nicht wollen ausweichen, und daher einen Krieg anfangen, ein gleiches koͤnnte ſich im Himmel unter eigenſinnigen Stoltzen be- geben. Auch der Geitz koͤnnte dorten ſei- ne Nahrung haben, wodurch er unterhal- ten wuͤrde. Jch will nur einen moͤglichen Fall hiervon anfuͤhren. Man findet auf dieſer Erden, daß der Hochmuth und die Begierde vor andern etwas beſonders zu haben, Menſchen, die in einem heiſſen Lan- de wohnen und keine Kleider bedoͤrffen noch tragen; dennoch ihren Leib mit allerhand Zierrathen behangen. Sie nehmen dar- zu ſolche Dinge, die an ihrem Ort rar ſind, und nicht jedermann ſo gleich bekom- men kan. Eben dieſe Thorheit koͤnnte bey Unverſtaͤndigen und Laſterhafften im Him- mel ſtatt finden. Jhre Leiber haͤtten zwar keiner Kleidung noͤthig: aber der Hoch- muth koͤnnte ſie dahin bewegen, daß ſie ſich zu ihrem Schmuck entweder ſolcher Coͤrper bedienten, welche dorten nicht ſo haͤuffig, wie andere, waͤren, oder die ſich durch ihre eigene Kunſt rar machten. Die- ſes aber koͤnnte einen Geitz bey ihnen erre- gen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/222
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 190[186]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/222>, abgerufen am 11.05.2024.