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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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§. 38.

Wenn denn dieses ausser Zweiffel ge-Warum
GOtt die
bösen Gei-

setzt ist, daß GOTT wegen seiner Güte

der-
das Gegentheil aus der unendlichen Liebe GOt-
tes selbst herleiten. Wer etwas liebet, der muß
dasjenige, was dem entgegen ist, nothwendig
hassen, d. i. die Vollkommenheiten, wodurch
demjenigen Abbruch geschiehet, was er liebet,
müssen ihm zuwider seyn. Denn zwey Dinge
hochachten, die nicht neben einander stehen kön-
nen, ist eine grosse Thorheit. Z. E. Liebet ein
Vater seine Kinder, und findet ein Vergnügen
an ihrer Glückseligkeit, so kan er als ein ver-
nünfftiger Vater nicht auch diejenigen lieben
und hegen, welche seine Kinder unglücklich ma-
chen, und um Gesundheit und Güter bringen
wollen, sondern er muß sie auf eine vernünff-
tige Weise hassen, d. i. er muß eine Neigung
haben, ihnen die Gelegenheit und Macht, wel-
che seinen Kindern schädlich ist, zu benehmen.
Jst diesem aber so; wie wird denn GOtt, der
die Frommen unendlich liebt, auch denjenigen
geneigt seyn können, welche durch ihre Laster
diejenige Glückseligkeit stöhren, welche die gött-
liche Güte den ihrigen gönnet. Gewiß liebt
GOtt die Tugendhafften wahrhafftig, so muß
er die böse Rotte dergestalt hassen, daß er eine
ernste Geneigheit hat, den Ruchlosen dereinsten
die Vollkommenheiten zu versagen, welche sie
noch weiter in den Stand setzen könnten die
Frommen zu betrüben. Oder man müste glau-
ben, GOtt liebte die boßhafften Sünder mehr,
als die, so ihn verehren, welcher Gedancke doch
niemanden ohne die gröste Beleidigung der
göttlichen Majestät aufsteigen darf.
2. und 3. Stück. N




§. 38.

Wenn denn dieſes auſſer Zweiffel ge-Warum
GOtt die
boͤſen Gei-

ſetzt iſt, daß GOTT wegen ſeiner Guͤte

der-
das Gegentheil aus der unendlichen Liebe GOt-
tes ſelbſt herleiten. Wer etwas liebet, der muß
dasjenige, was dem entgegen iſt, nothwendig
haſſen, d. i. die Vollkommenheiten, wodurch
demjenigen Abbruch geſchiehet, was er liebet,
muͤſſen ihm zuwider ſeyn. Denn zwey Dinge
hochachten, die nicht neben einander ſtehen koͤn-
nen, iſt eine groſſe Thorheit. Z. E. Liebet ein
Vater ſeine Kinder, und findet ein Vergnuͤgen
an ihrer Gluͤckſeligkeit, ſo kan er als ein ver-
nuͤnfftiger Vater nicht auch diejenigen lieben
und hegen, welche ſeine Kinder ungluͤcklich ma-
chen, und um Geſundheit und Guͤter bringen
wollen, ſondern er muß ſie auf eine vernuͤnff-
tige Weiſe haſſen, d. i. er muß eine Neigung
haben, ihnen die Gelegenheit und Macht, wel-
che ſeinen Kindern ſchaͤdlich iſt, zu benehmen.
Jſt dieſem aber ſo; wie wird denn GOtt, der
die Frommen unendlich liebt, auch denjenigen
geneigt ſeyn koͤnnen, welche durch ihre Laſter
diejenige Gluͤckſeligkeit ſtoͤhren, welche die goͤtt-
liche Guͤte den ihrigen goͤnnet. Gewiß liebt
GOtt die Tugendhafften wahrhafftig, ſo muß
er die boͤſe Rotte dergeſtalt haſſen, daß er eine
ernſte Geneigheit hat, den Ruchloſen dereinſten
die Vollkommenheiten zu verſagen, welche ſie
noch weiter in den Stand ſetzen koͤnnten die
Frommen zu betruͤben. Oder man muͤſte glau-
ben, GOtt liebte die boßhafften Suͤnder mehr,
als die, ſo ihn verehren, welcher Gedancke doch
niemanden ohne die groͤſte Beleidigung der
goͤttlichen Majeſtaͤt aufſteigen darf.
2. und 3. Stuͤck. N
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[193[189]/0225] (*) §. 38. Wenn denn dieſes auſſer Zweiffel ge- ſetzt iſt, daß GOTT wegen ſeiner Guͤte der- Warum GOtt die boͤſen Gei- (*) das Gegentheil aus der unendlichen Liebe GOt- tes ſelbſt herleiten. Wer etwas liebet, der muß dasjenige, was dem entgegen iſt, nothwendig haſſen, d. i. die Vollkommenheiten, wodurch demjenigen Abbruch geſchiehet, was er liebet, muͤſſen ihm zuwider ſeyn. Denn zwey Dinge hochachten, die nicht neben einander ſtehen koͤn- nen, iſt eine groſſe Thorheit. Z. E. Liebet ein Vater ſeine Kinder, und findet ein Vergnuͤgen an ihrer Gluͤckſeligkeit, ſo kan er als ein ver- nuͤnfftiger Vater nicht auch diejenigen lieben und hegen, welche ſeine Kinder ungluͤcklich ma- chen, und um Geſundheit und Guͤter bringen wollen, ſondern er muß ſie auf eine vernuͤnff- tige Weiſe haſſen, d. i. er muß eine Neigung haben, ihnen die Gelegenheit und Macht, wel- che ſeinen Kindern ſchaͤdlich iſt, zu benehmen. Jſt dieſem aber ſo; wie wird denn GOtt, der die Frommen unendlich liebt, auch denjenigen geneigt ſeyn koͤnnen, welche durch ihre Laſter diejenige Gluͤckſeligkeit ſtoͤhren, welche die goͤtt- liche Guͤte den ihrigen goͤnnet. Gewiß liebt GOtt die Tugendhafften wahrhafftig, ſo muß er die boͤſe Rotte dergeſtalt haſſen, daß er eine ernſte Geneigheit hat, den Ruchloſen dereinſten die Vollkommenheiten zu verſagen, welche ſie noch weiter in den Stand ſetzen koͤnnten die Frommen zu betruͤben. Oder man muͤſte glau- ben, GOtt liebte die boßhafften Suͤnder mehr, als die, ſo ihn verehren, welcher Gedancke doch niemanden ohne die groͤſte Beleidigung der goͤttlichen Majeſtaͤt aufſteigen darf. 2. und 3. Stuͤck. N

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 193[189]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/225>, abgerufen am 26.11.2024.