Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.die Schmertzen der Hölle die bösen Begier- den der Gottlosen dergestalt zu hemmen, daß sie nicht zu der allergrösten Unseligkeit, so nur möglich ist, ausschlagen, so muß er sie gewißlich sehr empfindlich machen, wenn er anders diesen Endzweck erreichen will. Denn sind in diesem Leben die herbesten Schmertzen allerhand venerischer Kranck- heiten, ingleichen der Gicht und des Po- dagra kaum vermögend die unordentlichen Begierden der Hurer, Ehebrecher, Fresser, Säuffer, Zornigen und Rachbegierigen nur in etwas zu mäßigen, wie hart wer- den denn die Foltern der Höllen nicht seyn müssen, wenn sie die Begierden derjeni- gen ein wenig unterdrücken sollen, welche durch die lange Gewohnheit in ihrer Boß- heit immer verstockter worden? Und wol- te GOTT selbige gelinder machen als in diesem Leben, so würde man sagen müs- sen: GOtt regiere dort nicht so sehr nach seiner Güte, als bey den Straffen in die- ser Welt. Denn er gäbe dort dem Ver- derben, so die bösen Neigungen nothwen- dig nach sich ziehen, mehr Raum als in dieser sterblichen Gesellschafft. An statt also, daß andere in den Höllen-Straffen eine göttliche Grausamkeit anzutreffen ver- meynen,
die Schmertzen der Hoͤlle die boͤſen Begier- den der Gottloſen dergeſtalt zu hemmen, daß ſie nicht zu der allergroͤſten Unſeligkeit, ſo nur moͤglich iſt, ausſchlagen, ſo muß er ſie gewißlich ſehr empfindlich machen, wenn er anders dieſen Endzweck erreichen will. Denn ſind in dieſem Leben die herbeſten Schmertzen allerhand veneriſcher Kranck- heiten, ingleichen der Gicht und des Po- dagra kaum vermoͤgend die unordentlichen Begierden der Hurer, Ehebrecher, Freſſer, Saͤuffer, Zornigen und Rachbegierigen nur in etwas zu maͤßigen, wie hart wer- den denn die Foltern der Hoͤllen nicht ſeyn muͤſſen, wenn ſie die Begierden derjeni- gen ein wenig unterdruͤcken ſollen, welche durch die lange Gewohnheit in ihrer Boß- heit immer verſtockter worden? Und wol- te GOTT ſelbige gelinder machen als in dieſem Leben, ſo wuͤrde man ſagen muͤſ- ſen: GOtt regiere dort nicht ſo ſehr nach ſeiner Guͤte, als bey den Straffen in die- ſer Welt. Denn er gaͤbe dort dem Ver- derben, ſo die boͤſen Neigungen nothwen- dig nach ſich ziehen, mehr Raum als in dieſer ſterblichen Geſellſchafft. An ſtatt alſo, daß andere in den Hoͤllen-Straffen eine goͤttliche Grauſamkeit anzutreffen ver- meynen,
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die Schmertzen der Hoͤlle die boͤſen Begier-
den der Gottloſen dergeſtalt zu hemmen,
daß ſie nicht zu der allergroͤſten Unſeligkeit,
ſo nur moͤglich iſt, ausſchlagen, ſo muß er
ſie gewißlich ſehr empfindlich machen, wenn
er anders dieſen Endzweck erreichen will.
Denn ſind in dieſem Leben die herbeſten
Schmertzen allerhand veneriſcher Kranck-
heiten, ingleichen der Gicht und des Po-
dagra kaum vermoͤgend die unordentlichen
Begierden der Hurer, Ehebrecher, Freſſer,
Saͤuffer, Zornigen und Rachbegierigen
nur in etwas zu maͤßigen, wie hart wer-
den denn die Foltern der Hoͤllen nicht ſeyn
muͤſſen, wenn ſie die Begierden derjeni-
gen ein wenig unterdruͤcken ſollen, welche
durch die lange Gewohnheit in ihrer Boß-
heit immer verſtockter worden? Und wol-
te GOTT ſelbige gelinder machen als in
dieſem Leben, ſo wuͤrde man ſagen muͤſ-
ſen: GOtt regiere dort nicht ſo ſehr nach
ſeiner Guͤte, als bey den Straffen in die-
ſer Welt. Denn er gaͤbe dort dem Ver-
derben, ſo die boͤſen Neigungen nothwen-
dig nach ſich ziehen, mehr Raum als in
dieſer ſterblichen Geſellſchafft. An ſtatt
alſo, daß andere in den Hoͤllen-Straffen
eine goͤttliche Grauſamkeit anzutreffen ver-
meynen,
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