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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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ges Wesen Hand daran geleget? Würdest du wol
urtheilen, dieses Gebäude bewegt sich von ohn-
gefehr um die Klippen herum, indem sich das
Ruder von ohngefehr drehet? Würdest du glau-
ben, das Thürchen thut sich von selbsten auf und
zu, und das Feuer mit dem Rauch und Knall ent-
stehet ohne dem geringsten Beytrag eines ver-
nünfftigen Wesens? Gewiß, du wirst dich hier-
von weder selbst noch auch ein anderer überre-
den. Du wirst bey dir selbst sprechen: Solte
dieses alles ohne Verstand zusammen kommen
seyn und regieret werden? Woher wären denn
die dicken Breder so ordentlich zu rechte gehauen
und auf einander geleget? Warum finde ich die
eisernen Klammern eben da, wo sie das Holtz zu-
sammen fügen sollen? Warum sind eben Masten
da mit so vielen Stricken? Warum sind die gros-
sen Seegel eben an einem solchen Orte, wo sie
sich am besten hinschicken, und die kleinen wie-
derum an einer andern bequemen Stelle? War-
um sind an den Thürchen Hespen? Warum dre-
het sich das Schiff nur zur Rechten und Lincken,
wenn Felsen da sind, und warum gehet es wie-
derum gerade fort, wenn es eine sichere Tieffe
des Meers unter sich hat, da doch dieses alles
nicht nothwendig so ist, sondern auch anders seyn
könte? Es ist unmöglich, daß dieses Gebäude oh-
ne jemand Verständiges zusammen kommen, es
ist unmöglich, daß dieses grosse Werck ohne eine
vernünfftige Seele regieret werde. Es müssen
Menschen gewesen seyn, die dieses Schiff gebauet,
es muß jemand Vernünfftiges dieses Schiff be-
wohnen und seine Ruder führen. Stelle dir fer-
ner vor, die natürliche Begierde etwas neues ge-
nau zu betrachten triebe dich an, ein solches Schiff
auch von innen zu besehen. Es trüge sich zu, daß
du ein solches Schiff an einem Orte am Ufer
fändest vor Ancker liegen. Die Schiff-Leute wä-
ren





ges Weſen Hand daran geleget? Wuͤrdeſt du wol
urtheilen, dieſes Gebaͤude bewegt ſich von ohn-
gefehr um die Klippen herum, indem ſich das
Ruder von ohngefehr drehet? Wuͤrdeſt du glau-
ben, das Thuͤrchen thut ſich von ſelbſten auf und
zu, und das Feuer mit dem Rauch und Knall ent-
ſtehet ohne dem geringſten Beytrag eines ver-
nuͤnfftigen Weſens? Gewiß, du wirſt dich hier-
von weder ſelbſt noch auch ein anderer uͤberre-
den. Du wirſt bey dir ſelbſt ſprechen: Solte
dieſes alles ohne Verſtand zuſammen kommen
ſeyn und regieret werden? Woher waͤren denn
die dicken Breder ſo ordentlich zu rechte gehauen
und auf einander geleget? Warum finde ich die
eiſernen Klammern eben da, wo ſie das Holtz zu-
ſammen fuͤgen ſollen? Warum ſind eben Maſten
da mit ſo vielen Stricken? Warum ſind die groſ-
ſen Seegel eben an einem ſolchen Orte, wo ſie
ſich am beſten hinſchicken, und die kleinen wie-
derum an einer andern bequemen Stelle? War-
um ſind an den Thuͤrchen Heſpen? Warum dre-
het ſich das Schiff nur zur Rechten und Lincken,
wenn Felſen da ſind, und warum gehet es wie-
derum gerade fort, wenn es eine ſichere Tieffe
des Meers unter ſich hat, da doch dieſes alles
nicht nothwendig ſo iſt, ſondern auch anders ſeyn
koͤnte? Es iſt unmoͤglich, daß dieſes Gebaͤude oh-
ne jemand Verſtaͤndiges zuſammen kommen, es
iſt unmoͤglich, daß dieſes groſſe Werck ohne eine
vernuͤnfftige Seele regieret werde. Es muͤſſen
Menſchen geweſen ſeyn, die dieſes Schiff gebauet,
es muß jemand Vernuͤnfftiges dieſes Schiff be-
wohnen und ſeine Ruder fuͤhren. Stelle dir fer-
ner vor, die natuͤrliche Begierde etwas neues ge-
nau zu betrachten triebe dich an, ein ſolches Schiff
auch von innen zu beſehen. Es truͤge ſich zu, daß
du ein ſolches Schiff an einem Orte am Ufer
faͤndeſt vor Ancker liegen. Die Schiff-Leute waͤ-
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[12/0048] (*) (*) ges Weſen Hand daran geleget? Wuͤrdeſt du wol urtheilen, dieſes Gebaͤude bewegt ſich von ohn- gefehr um die Klippen herum, indem ſich das Ruder von ohngefehr drehet? Wuͤrdeſt du glau- ben, das Thuͤrchen thut ſich von ſelbſten auf und zu, und das Feuer mit dem Rauch und Knall ent- ſtehet ohne dem geringſten Beytrag eines ver- nuͤnfftigen Weſens? Gewiß, du wirſt dich hier- von weder ſelbſt noch auch ein anderer uͤberre- den. Du wirſt bey dir ſelbſt ſprechen: Solte dieſes alles ohne Verſtand zuſammen kommen ſeyn und regieret werden? Woher waͤren denn die dicken Breder ſo ordentlich zu rechte gehauen und auf einander geleget? Warum finde ich die eiſernen Klammern eben da, wo ſie das Holtz zu- ſammen fuͤgen ſollen? Warum ſind eben Maſten da mit ſo vielen Stricken? Warum ſind die groſ- ſen Seegel eben an einem ſolchen Orte, wo ſie ſich am beſten hinſchicken, und die kleinen wie- derum an einer andern bequemen Stelle? War- um ſind an den Thuͤrchen Heſpen? Warum dre- het ſich das Schiff nur zur Rechten und Lincken, wenn Felſen da ſind, und warum gehet es wie- derum gerade fort, wenn es eine ſichere Tieffe des Meers unter ſich hat, da doch dieſes alles nicht nothwendig ſo iſt, ſondern auch anders ſeyn koͤnte? Es iſt unmoͤglich, daß dieſes Gebaͤude oh- ne jemand Verſtaͤndiges zuſammen kommen, es iſt unmoͤglich, daß dieſes groſſe Werck ohne eine vernuͤnfftige Seele regieret werde. Es muͤſſen Menſchen geweſen ſeyn, die dieſes Schiff gebauet, es muß jemand Vernuͤnfftiges dieſes Schiff be- wohnen und ſeine Ruder fuͤhren. Stelle dir fer- ner vor, die natuͤrliche Begierde etwas neues ge- nau zu betrachten triebe dich an, ein ſolches Schiff auch von innen zu beſehen. Es truͤge ſich zu, daß du ein ſolches Schiff an einem Orte am Ufer faͤndeſt vor Ancker liegen. Die Schiff-Leute waͤ- ren

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/48>, abgerufen am 21.11.2024.