Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.ckigkeit machen sich diejenigen schuldig, welche sich unterstehen, den deutlichsten Zeugnissen GOTTes zu wiederspre- chen. Wolte man aber vermöge der oben angeführten Meinung fragen, warum denn uns GOTT eben mehr zu glauben verbinde, als die ersten Väter? so könte man diese Antwort geben: Vielleicht haben jene Zeiten so viele Offenbahrungen von dem gött- lichen Wesen noch nicht ertragen kön- nen, als die Tage des neuen Bundes in welchen der menschliche Verstand überhaupt betrachtet durch die Wissen- schaften aufgeklärter ist, als in den gantz alten Zeiten. Vielleicht hätte da- in diesen und jenen Stücken nicht
völlig mit des andern Eigenschaf- ten und Umständen übereinstim- men; zu einer andern Zeit aber können andere Umstände solches zu einer Sünde machen. Der geneigte Leser wolle daher auch dieses Exempel in keiner andern Absicht auf das vor- hergehende ziehen und anwenden, und sich erinnern, daß man in göttlichen Dingen keine vollkommene Gleichnisse habe, und also die Anwendung dersel- ben sehr genau einzuschräncken sey. ckigkeit machen ſich diejenigen ſchuldig, welche ſich unterſtehen, den deutlichſten Zeugniſſen GOTTes zu wiederſpre- chen. Wolte man aber vermoͤge der oben angefuͤhrten Meinung fragen, warum denn uns GOTT eben mehr zu glauben verbinde, als die erſten Vaͤter? ſo koͤnte man dieſe Antwort geben: Vielleicht haben jene Zeiten ſo viele Offenbahrungen von dem goͤtt- lichen Weſen noch nicht ertragen koͤn- nen, als die Tage des neuen Bundes in welchen der menſchliche Verſtand uͤberhaupt betrachtet durch die Wiſſen- ſchaften aufgeklaͤrter iſt, als in den gantz alten Zeiten. Vielleicht haͤtte da- in dieſen und jenen Stuͤcken nicht
voͤllig mit des andern Eigenſchaf- ten und Umſtaͤnden uͤbereinſtim- men; zu einer andern Zeit aber koͤnnen andere Umſtaͤnde ſolches zu einer Suͤnde machen. Der geneigte Leſer wolle daher auch dieſes Exempel in keiner andern Abſicht auf das vor- hergehende ziehen und anwenden, und ſich erinnern, daß man in goͤttlichen Dingen keine vollkommene Gleichniſſe habe, und alſo die Anwendung derſel- ben ſehr genau einzuſchraͤncken ſey. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0562" n="530[526]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ckigkeit machen ſich diejenigen ſchuldig,<lb/> welche ſich unterſtehen, den deutlichſten<lb/> Zeugniſſen GOTTes zu wiederſpre-<lb/> chen. Wolte man aber vermoͤge der<lb/> oben angefuͤhrten Meinung fragen,<lb/> warum denn uns GOTT eben mehr<lb/> zu glauben verbinde, als die erſten<lb/> Vaͤter? ſo koͤnte man dieſe Antwort<lb/> geben: Vielleicht haben jene Zeiten<lb/> ſo viele Offenbahrungen von dem goͤtt-<lb/> lichen Weſen noch nicht ertragen koͤn-<lb/> nen, als die Tage des neuen Bundes<lb/> in welchen der menſchliche Verſtand<lb/> uͤberhaupt betrachtet durch die Wiſſen-<lb/> ſchaften aufgeklaͤrter iſt, als in den<lb/> gantz alten Zeiten. Vielleicht haͤtte<lb/> <fw place="bottom" type="catch">da-</fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><note xml:id="a70" prev="#a69" place="foot" n="(*)"><hi rendition="#fr">in dieſen und jenen Stuͤcken nicht<lb/> voͤllig mit des andern Eigenſchaf-<lb/> ten und Umſtaͤnden uͤbereinſtim-<lb/> men; zu einer andern Zeit aber<lb/> koͤnnen andere Umſtaͤnde ſolches zu<lb/> einer Suͤnde machen.</hi> Der geneigte<lb/> Leſer wolle daher auch dieſes Exempel<lb/> in keiner andern Abſicht auf das vor-<lb/> hergehende ziehen und anwenden, und<lb/> ſich erinnern, daß man in goͤttlichen<lb/> Dingen keine vollkommene Gleichniſſe<lb/> habe, und alſo die Anwendung derſel-<lb/> ben ſehr genau einzuſchraͤncken ſey.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [530[526]/0562]
ckigkeit machen ſich diejenigen ſchuldig,
welche ſich unterſtehen, den deutlichſten
Zeugniſſen GOTTes zu wiederſpre-
chen. Wolte man aber vermoͤge der
oben angefuͤhrten Meinung fragen,
warum denn uns GOTT eben mehr
zu glauben verbinde, als die erſten
Vaͤter? ſo koͤnte man dieſe Antwort
geben: Vielleicht haben jene Zeiten
ſo viele Offenbahrungen von dem goͤtt-
lichen Weſen noch nicht ertragen koͤn-
nen, als die Tage des neuen Bundes
in welchen der menſchliche Verſtand
uͤberhaupt betrachtet durch die Wiſſen-
ſchaften aufgeklaͤrter iſt, als in den
gantz alten Zeiten. Vielleicht haͤtte
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(*) in dieſen und jenen Stuͤcken nicht
voͤllig mit des andern Eigenſchaf-
ten und Umſtaͤnden uͤbereinſtim-
men; zu einer andern Zeit aber
koͤnnen andere Umſtaͤnde ſolches zu
einer Suͤnde machen. Der geneigte
Leſer wolle daher auch dieſes Exempel
in keiner andern Abſicht auf das vor-
hergehende ziehen und anwenden, und
ſich erinnern, daß man in goͤttlichen
Dingen keine vollkommene Gleichniſſe
habe, und alſo die Anwendung derſel-
ben ſehr genau einzuſchraͤncken ſey.
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Zitationshilfe: | Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 530[526]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/562>, abgerufen am 16.02.2025. |