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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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besonders
der ver-
nünff-
tigen Cre-
aturen.
Geschlechter abgetheilet sind. Der eine
Theil ist von Natur unvernünfftig, der
andere aber mit dem Vermögen vernünff-
tig zu gedencken ausgezieret. Jene haben
ausser dem Gebrauch ihrer Sinnen nichts,
was ihnen ein besonderes Vergnügen und
einen hohen Grad der Glückseligkeit geben
könte. Sie sind keiner Sprache fähig,
wodurch sie ihre Gedancken könten aus
einander setzen und andern mittheilen, und
müssen also ihre Gedancken sehr dunckel
und verworren seyn. Jhre Sinne hangen
vermöge ihrer Natur nur auf der Erden,
sie sind nur mit dem gegenwärtigen be-
schäfftiget, sie wissen von dem vergan-
genen sehr wenig, und in das künfftige ha-
ben sie gar keine Einsicht. Wir können
uns ihren Zustand einiger massen vorstel-
len, wenn wir auf die Jahre zurücke gehen,
da wir kleine Kinder gewesen. Von de-
nen Dingen, die geschehen sind, ehe wir
haben sprechen lernen, wissen wir gar nichts,
und von denen Gedancken, die wir bey
Erlernung der Sprache gehabt, wissen
wir auch wenig, ausser dieses, daß sie sehr
verworren gewesen. Und nichts bessers
können wir von den Empfindungen der Thie-
re muthmassen, und sind sie also keines be-

sondern





beſonders
der ver-
nuͤnff-
tigen Cre-
aturen.
Geſchlechter abgetheilet ſind. Der eine
Theil iſt von Natur unvernuͤnfftig, der
andere aber mit dem Vermoͤgen vernuͤnff-
tig zu gedencken ausgezieret. Jene haben
auſſer dem Gebrauch ihrer Sinnen nichts,
was ihnen ein beſonderes Vergnuͤgen und
einen hohen Grad der Gluͤckſeligkeit geben
koͤnte. Sie ſind keiner Sprache faͤhig,
wodurch ſie ihre Gedancken koͤnten aus
einander ſetzen und andern mittheilen, und
muͤſſen alſo ihre Gedancken ſehr dunckel
und verworren ſeyn. Jhre Sinne hangen
vermoͤge ihrer Natur nur auf der Erden,
ſie ſind nur mit dem gegenwaͤrtigen be-
ſchaͤfftiget, ſie wiſſen von dem vergan-
genen ſehr wenig, und in das kuͤnfftige ha-
ben ſie gar keine Einſicht. Wir koͤnnen
uns ihren Zuſtand einiger maſſen vorſtel-
len, wenn wir auf die Jahre zuruͤcke gehen,
da wir kleine Kinder geweſen. Von de-
nen Dingen, die geſchehen ſind, ehe wir
haben ſprechen lernen, wiſſen wir gar nichts,
und von denen Gedancken, die wir bey
Erlernung der Sprache gehabt, wiſſen
wir auch wenig, auſſer dieſes, daß ſie ſehr
verworren geweſen. Und nichts beſſers
koͤnnen wir von den Empfindungen der Thie-
re muthmaſſen, und ſind ſie alſo keines be-

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[26/0062] Geſchlechter abgetheilet ſind. Der eine Theil iſt von Natur unvernuͤnfftig, der andere aber mit dem Vermoͤgen vernuͤnff- tig zu gedencken ausgezieret. Jene haben auſſer dem Gebrauch ihrer Sinnen nichts, was ihnen ein beſonderes Vergnuͤgen und einen hohen Grad der Gluͤckſeligkeit geben koͤnte. Sie ſind keiner Sprache faͤhig, wodurch ſie ihre Gedancken koͤnten aus einander ſetzen und andern mittheilen, und muͤſſen alſo ihre Gedancken ſehr dunckel und verworren ſeyn. Jhre Sinne hangen vermoͤge ihrer Natur nur auf der Erden, ſie ſind nur mit dem gegenwaͤrtigen be- ſchaͤfftiget, ſie wiſſen von dem vergan- genen ſehr wenig, und in das kuͤnfftige ha- ben ſie gar keine Einſicht. Wir koͤnnen uns ihren Zuſtand einiger maſſen vorſtel- len, wenn wir auf die Jahre zuruͤcke gehen, da wir kleine Kinder geweſen. Von de- nen Dingen, die geſchehen ſind, ehe wir haben ſprechen lernen, wiſſen wir gar nichts, und von denen Gedancken, die wir bey Erlernung der Sprache gehabt, wiſſen wir auch wenig, auſſer dieſes, daß ſie ſehr verworren geweſen. Und nichts beſſers koͤnnen wir von den Empfindungen der Thie- re muthmaſſen, und ſind ſie alſo keines be- ſondern beſonders der ver- nuͤnff- tigen Cre- aturen.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/62>, abgerufen am 25.11.2024.