sondern Vergnügens fähig. Es gilt ihnen auch gleich viel, ob sie sind oder nicht, in- dem sie den Tod nicht kennen und mit dem Leben nicht vergleichen können. Sie fürch- ten dahero den Tod auch nicht, sondern bloß den Schmertz, welcher vorher gehet. Denn es ist ihnen unbekannt, daß sie ster- ben werden, eben wie uns, wenn wir klei- ne zarte Kinder sind. Wenn denn die Thiere nicht vermögend sind, ihr Leben und Seyn als etwas besonders anzusehen, noch auch ihren Untergang als etwas böses, so kann man nicht sagen, daß ihnen durch ihr Seyn und Leben eine besondere Wol- that und Liebe erwiesen werde. Da nun aber GOtt der Creatur zum besten schaf- fet, um selbiger durch ihr Seyn und Leben eine Wohlthat und etwas gutes zu erwei- sen, so muß er seine Absicht besonders auf diejenigen Creaturen gerichtet haben, wel- che einer vernünfftigen Einsicht fähig sind. Denn diesen wiederfähret durch ihre Er- schaffung eine grosse Wolthat, indem sie die Vortrefflichkeit des Lebens und den Vorzug, den sie durch die Erschaffung er- halten, erkennen, und von dem Nichts, welches sie gewesen, unterscheiden können. Diesen kann wegen ihrer Vernunfft ein
hoher
ſondern Vergnuͤgens faͤhig. Es gilt ihnen auch gleich viel, ob ſie ſind oder nicht, in- dem ſie den Tod nicht kennen und mit dem Leben nicht vergleichen koͤnnen. Sie fuͤrch- ten dahero den Tod auch nicht, ſondern bloß den Schmertz, welcher vorher gehet. Denn es iſt ihnen unbekannt, daß ſie ſter- ben werden, eben wie uns, wenn wir klei- ne zarte Kinder ſind. Wenn denn die Thiere nicht vermoͤgend ſind, ihr Leben und Seyn als etwas beſonders anzuſehen, noch auch ihren Untergang als etwas boͤſes, ſo kann man nicht ſagen, daß ihnen durch ihr Seyn und Leben eine beſondere Wol- that und Liebe erwieſen werde. Da nun aber GOtt der Creatur zum beſten ſchaf- fet, um ſelbiger durch ihr Seyn und Leben eine Wohlthat und etwas gutes zu erwei- ſen, ſo muß er ſeine Abſicht beſonders auf diejenigen Creaturen gerichtet haben, wel- che einer vernuͤnfftigen Einſicht faͤhig ſind. Denn dieſen wiederfaͤhret durch ihre Er- ſchaffung eine groſſe Wolthat, indem ſie die Vortrefflichkeit des Lebens und den Vorzug, den ſie durch die Erſchaffung er- halten, erkennen, und von dem Nichts, welches ſie geweſen, unterſcheiden koͤnnen. Dieſen kann wegen ihrer Vernunfft ein
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ſondern Vergnuͤgens faͤhig. Es gilt ihnen
auch gleich viel, ob ſie ſind oder nicht, in-
dem ſie den Tod nicht kennen und mit dem
Leben nicht vergleichen koͤnnen. Sie fuͤrch-
ten dahero den Tod auch nicht, ſondern
bloß den Schmertz, welcher vorher gehet.
Denn es iſt ihnen unbekannt, daß ſie ſter-
ben werden, eben wie uns, wenn wir klei-
ne zarte Kinder ſind. Wenn denn die
Thiere nicht vermoͤgend ſind, ihr Leben
und Seyn als etwas beſonders anzuſehen,
noch auch ihren Untergang als etwas boͤſes,
ſo kann man nicht ſagen, daß ihnen durch
ihr Seyn und Leben eine beſondere Wol-
that und Liebe erwieſen werde. Da nun
aber GOtt der Creatur zum beſten ſchaf-
fet, um ſelbiger durch ihr Seyn und Leben
eine Wohlthat und etwas gutes zu erwei-
ſen, ſo muß er ſeine Abſicht beſonders auf
diejenigen Creaturen gerichtet haben, wel-
che einer vernuͤnfftigen Einſicht faͤhig ſind.
Denn dieſen wiederfaͤhret durch ihre Er-
ſchaffung eine groſſe Wolthat, indem ſie
die Vortrefflichkeit des Lebens und den
Vorzug, den ſie durch die Erſchaffung er-
halten, erkennen, und von dem Nichts,
welches ſie geweſen, unterſcheiden koͤnnen.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/63>, abgerufen am 25.11.2024.
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