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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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Wie ist es derowegen doch immer möglich,
daß ein gewisser grosser Mann sich durch
den angezogenen Schluß kan bewegen las-
sen, schlecht weg zu setzen: Die Vielweibe-
rey sey bey den ersten Christen gäng und
gebe gewesen.
Man bringe doch ein ei-
niges Exempel oder die geringste Nachricht
hievon aus den ersten drey hundert Jah-
ren bey. Zu Ende des vierten Jahr hun-
dert soll der Kaiser Valentinian der
ältere erlaubet haben, zwo Frauen zu neh-
men und derselben selbst zwo gehabt ha-
ben. Allein es ist dieses noch sehr ungewiß,
indem die nächsten Geschichtschreiber
nichts davon melden (*) Was kan man
aber zweytens, wenn es auch damit seine
Richtigkeit hat, dadurch beweisen? Etwa
dieses, daß bey den ersten Christen die
Vielweiberey gewöhnlich gewesen? Ge-
wiß niemand wird diese Folge für richtig
erkennen können, der unpartheyisch ist.

§. 23.
(*) Vid. Seldeni Tractat. de uxore Ebr. Lib.
I. Cap. IX. pag. m.
50.



Wie iſt es derowegen doch immer moͤglich,
daß ein gewiſſer groſſer Mann ſich durch
den angezogenen Schluß kan bewegen laſ-
ſen, ſchlecht weg zu ſetzen: Die Vielweibe-
rey ſey bey den erſten Chriſten gaͤng und
gebe geweſen.
Man bringe doch ein ei-
niges Exempel oder die geringſte Nachricht
hievon aus den erſten drey hundert Jah-
ren bey. Zu Ende des vierten Jahr hun-
dert ſoll der Kaiſer Valentinian der
aͤltere erlaubet haben, zwo Frauen zu neh-
men und derſelben ſelbſt zwo gehabt ha-
ben. Allein es iſt dieſes noch ſehr ungewiß,
indem die naͤchſten Geſchichtſchreiber
nichts davon melden (*) Was kan man
aber zweytens, wenn es auch damit ſeine
Richtigkeit hat, dadurch beweiſen? Etwa
dieſes, daß bey den erſten Chriſten die
Vielweiberey gewoͤhnlich geweſen? Ge-
wiß niemand wird dieſe Folge fuͤr richtig
erkennen koͤnnen, der unpartheyiſch iſt.

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(*) Vid. Seldeni Tractat. de uxore Ebr. Lib.
I. Cap. IX. pag. m.
50.
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[238/0256] Wie iſt es derowegen doch immer moͤglich, daß ein gewiſſer groſſer Mann ſich durch den angezogenen Schluß kan bewegen laſ- ſen, ſchlecht weg zu ſetzen: Die Vielweibe- rey ſey bey den erſten Chriſten gaͤng und gebe geweſen. Man bringe doch ein ei- niges Exempel oder die geringſte Nachricht hievon aus den erſten drey hundert Jah- ren bey. Zu Ende des vierten Jahr hun- dert ſoll der Kaiſer Valentinian der aͤltere erlaubet haben, zwo Frauen zu neh- men und derſelben ſelbſt zwo gehabt ha- ben. Allein es iſt dieſes noch ſehr ungewiß, indem die naͤchſten Geſchichtſchreiber nichts davon melden (*) Was kan man aber zweytens, wenn es auch damit ſeine Richtigkeit hat, dadurch beweiſen? Etwa dieſes, daß bey den erſten Chriſten die Vielweiberey gewoͤhnlich geweſen? Ge- wiß niemand wird dieſe Folge fuͤr richtig erkennen koͤnnen, der unpartheyiſch iſt. §. 23. (*) Vid. Seldeni Tractat. de uxore Ebr. Lib. I. Cap. IX. pag. m. 50.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/256>, abgerufen am 24.11.2024.