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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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jener grosse Zergliederer ein, welcher ei-
nen Hund zu dem Ende futtert, damit er
ihm bey erlangter völliger Grösse den Rü-
cken von Fell und Fleisch entblössen, in die
Würbel des Rückgrades Löcher bohren,
auf den Rücken-Marck allerhand Spiri-
tus und endlich Scheidewasser giessen kön-
ne, damit er sehen möge, was für Bewe-
gungen dadurch in dem noch lebenden
Thiere entstehen, und wie es endlich an
heftigen Convulsionen stirbet. Meine in
eine halbe Schwärmerey gesetzte Einbil-
dung sahe die Zerfleischungen dieser arm-
seligen Thiere und ihre ängstlichen Bewe-
gungen. Mir selbst wurde angst, und ich
wuste kaum, wo ich war. Jch dachte,
vielleicht ist dein entseeltes Kind auch nur
zu einem Versuche in dieser Welt gewe-
sen, und vielleicht bist du selber zu keinem
andern Ziel bestimmt, und vielleicht wer-
det ihr in der Probe zu schlecht befunden,
daß man euch in die noch zu schaffenden
Welten bringen sollte. Jch kam an einen
erhabenen Ort, wo man die schönste Ge-
gend vor sich siehet, und wo ich schon oft
mit einer angenehmen Entzückung an mei-
nen Schöpfer gedacht. Anjetzo wurde er

mir
R 5



jener groſſe Zergliederer ein, welcher ei-
nen Hund zu dem Ende futtert, damit er
ihm bey erlangter voͤlliger Groͤſſe den Ruͤ-
cken von Fell und Fleiſch entbloͤſſen, in die
Wuͤrbel des Ruͤckgrades Loͤcher bohren,
auf den Ruͤcken-Marck allerhand Spiri-
tus und endlich Scheidewaſſer gieſſen koͤn-
ne, damit er ſehen moͤge, was fuͤr Bewe-
gungen dadurch in dem noch lebenden
Thiere entſtehen, und wie es endlich an
heftigen Convulſionen ſtirbet. Meine in
eine halbe Schwaͤrmerey geſetzte Einbil-
dung ſahe die Zerfleiſchungen dieſer arm-
ſeligen Thiere und ihre aͤngſtlichen Bewe-
gungen. Mir ſelbſt wurde angſt, und ich
wuſte kaum, wo ich war. Jch dachte,
vielleicht iſt dein entſeeltes Kind auch nur
zu einem Verſuche in dieſer Welt gewe-
ſen, und vielleicht biſt du ſelber zu keinem
andern Ziel beſtimmt, und vielleicht wer-
det ihr in der Probe zu ſchlecht befunden,
daß man euch in die noch zu ſchaffenden
Welten bringen ſollte. Jch kam an einen
erhabenen Ort, wo man die ſchoͤnſte Ge-
gend vor ſich ſiehet, und wo ich ſchon oft
mit einer angenehmen Entzuͤckung an mei-
nen Schoͤpfer gedacht. Anjetzo wurde er

mir
R 5
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[265/0283] jener groſſe Zergliederer ein, welcher ei- nen Hund zu dem Ende futtert, damit er ihm bey erlangter voͤlliger Groͤſſe den Ruͤ- cken von Fell und Fleiſch entbloͤſſen, in die Wuͤrbel des Ruͤckgrades Loͤcher bohren, auf den Ruͤcken-Marck allerhand Spiri- tus und endlich Scheidewaſſer gieſſen koͤn- ne, damit er ſehen moͤge, was fuͤr Bewe- gungen dadurch in dem noch lebenden Thiere entſtehen, und wie es endlich an heftigen Convulſionen ſtirbet. Meine in eine halbe Schwaͤrmerey geſetzte Einbil- dung ſahe die Zerfleiſchungen dieſer arm- ſeligen Thiere und ihre aͤngſtlichen Bewe- gungen. Mir ſelbſt wurde angſt, und ich wuſte kaum, wo ich war. Jch dachte, vielleicht iſt dein entſeeltes Kind auch nur zu einem Verſuche in dieſer Welt gewe- ſen, und vielleicht biſt du ſelber zu keinem andern Ziel beſtimmt, und vielleicht wer- det ihr in der Probe zu ſchlecht befunden, daß man euch in die noch zu ſchaffenden Welten bringen ſollte. Jch kam an einen erhabenen Ort, wo man die ſchoͤnſte Ge- gend vor ſich ſiehet, und wo ich ſchon oft mit einer angenehmen Entzuͤckung an mei- nen Schoͤpfer gedacht. Anjetzo wurde er mir R 5

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/283>, abgerufen am 24.11.2024.