Buch in der Welt so vielerley Erklärungen leiden müssen, als die Offenbarung.
§. VIII.
Wer siehet aber nicht den Fehler, derFortse- tzung des vorigen. hier begangen wird. Wer kan bey einer reifern Uberlegung den Satz billigen, den mancher Gelehrter macht: seine Einsicht sey die eintzige, wahre und richtige Ver- nunft. Wie thörigt dieses sey, schliesse man daher. Sempronius, ein Mann, den die gelehrte Welt für eines ihrer wür- digsten Glieder hält, lieset und prüfet viele Bücher, so andere Weisen von gleichem Ansehen geschrieben. Er findet kein eini- ges, das in allen nach seinem Geschmack wäre. Er findet in allen Ubereilungen, unvollkommene Erklärungen, unrichtige Schlüsse, Sätze, die seiner Einsicht nach falsch sind. Cajus ein Mann von gleichem Rang und Einsicht untersuchet ebenfalls die Bücher der Weisen, so wohl diejenigen, welche uns der Raub der Zeiten aus dem grauen Alterthum übrig gelassen, als auch diejenigen, so uns die neuern Zeiten geschen- cket. Er findet bey allen etwas zu erinnern. Auch die sehr belobten Schriften seines
Freun-
Buch in der Welt ſo vielerley Erklaͤrungen leiden muͤſſen, als die Offenbarung.
§. VIII.
Wer ſiehet aber nicht den Fehler, derFortſe- tzung des vorigen. hier begangen wird. Wer kan bey einer reifern Uberlegung den Satz billigen, den mancher Gelehrter macht: ſeine Einſicht ſey die eintzige, wahre und richtige Ver- nunft. Wie thoͤrigt dieſes ſey, ſchlieſſe man daher. Sempronius, ein Mann, den die gelehrte Welt fuͤr eines ihrer wuͤr- digſten Glieder haͤlt, lieſet und pruͤfet viele Buͤcher, ſo andere Weiſen von gleichem Anſehen geſchrieben. Er findet kein eini- ges, das in allen nach ſeinem Geſchmack waͤre. Er findet in allen Ubereilungen, unvollkommene Erklaͤrungen, unrichtige Schluͤſſe, Saͤtze, die ſeiner Einſicht nach falſch ſind. Cajus ein Mann von gleichem Rang und Einſicht unterſuchet ebenfalls die Buͤcher der Weiſen, ſo wohl diejenigen, welche uns der Raub der Zeiten aus dem grauen Alterthum uͤbrig gelaſſen, als auch diejenigen, ſo uns die neuern Zeiten geſchen- cket. Er findet bey allen etwas zu erinnern. Auch die ſehr belobten Schriften ſeines
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[15/0033]
Buch in der Welt ſo vielerley Erklaͤrungen
leiden muͤſſen, als die Offenbarung.
§. VIII.
Wer ſiehet aber nicht den Fehler, der
hier begangen wird. Wer kan bey einer
reifern Uberlegung den Satz billigen, den
mancher Gelehrter macht: ſeine Einſicht
ſey die eintzige, wahre und richtige Ver-
nunft. Wie thoͤrigt dieſes ſey, ſchlieſſe
man daher. Sempronius, ein Mann,
den die gelehrte Welt fuͤr eines ihrer wuͤr-
digſten Glieder haͤlt, lieſet und pruͤfet viele
Buͤcher, ſo andere Weiſen von gleichem
Anſehen geſchrieben. Er findet kein eini-
ges, das in allen nach ſeinem Geſchmack
waͤre. Er findet in allen Ubereilungen,
unvollkommene Erklaͤrungen, unrichtige
Schluͤſſe, Saͤtze, die ſeiner Einſicht nach
falſch ſind. Cajus ein Mann von gleichem
Rang und Einſicht unterſuchet ebenfalls
die Buͤcher der Weiſen, ſo wohl diejenigen,
welche uns der Raub der Zeiten aus dem
grauen Alterthum uͤbrig gelaſſen, als auch
diejenigen, ſo uns die neuern Zeiten geſchen-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/33>, abgerufen am 23.11.2024.
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