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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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in welches er rennet? Wie kurtz und we-
nig bekümmern wir uns um die Besserung
seines Zustandes? Du aber, unendlich
vollkommener GOtt, achtest dich nicht zu
hoch, auf das Niedrige zu sehen. Deine
höchste Majestät achtet auf alle deine Ge-
schöpfe, und deine Begierde sie glücklich zu
machen, wird nicht ermüdet. Auch un-
danckbaren Verächtern deiner Güte, un-
gehorsamen und widerspänstigen Beleidi-
gern deiner Majestät gehest du, grosser
GOtt, nach. Du stiftest die grössesten
Wunder, damit sie zur Ueberlegung, zur
Umkehr und zur Annehmung deiner Gü-
ter und Seligkeit mögen gebracht werden.
JEsum deinen Geliebtesten lässest du ster-
ben, damit diese ewig leben mögen. Grosse
unendliche Liebe!

O Menschen-Kinder, die ihr euch einer
Vernunft, einer Ueberlegung, eines be-
weglichen Gemüths rühmet, wie ist es mög-
lich, daß ein so grosser Theil von euch bey
diesen Wundern der Liebe GOttes ohne
eine vernünftige Ueberlegung und ohne alle
Rührung bleiben kan? Wie ist es mög-
lich, daß ihr bey der zärtlichsten Liebe GOt-
tes gegen euch ohne alle Empfindung blei-

bet?
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in welches er rennet? Wie kurtz und we-
nig bekuͤmmern wir uns um die Beſſerung
ſeines Zuſtandes? Du aber, unendlich
vollkommener GOtt, achteſt dich nicht zu
hoch, auf das Niedrige zu ſehen. Deine
hoͤchſte Majeſtaͤt achtet auf alle deine Ge-
ſchoͤpfe, und deine Begierde ſie gluͤcklich zu
machen, wird nicht ermuͤdet. Auch un-
danckbaren Veraͤchtern deiner Guͤte, un-
gehorſamen und widerſpaͤnſtigen Beleidi-
gern deiner Majeſtaͤt geheſt du, groſſer
GOtt, nach. Du ſtifteſt die groͤſſeſten
Wunder, damit ſie zur Ueberlegung, zur
Umkehr und zur Annehmung deiner Guͤ-
ter und Seligkeit moͤgen gebracht werden.
JEſum deinen Geliebteſten laͤſſeſt du ſter-
ben, damit dieſe ewig leben moͤgen. Groſſe
unendliche Liebe!

O Menſchen-Kinder, die ihr euch einer
Vernunft, einer Ueberlegung, eines be-
weglichen Gemuͤths ruͤhmet, wie iſt es moͤg-
lich, daß ein ſo groſſer Theil von euch bey
dieſen Wundern der Liebe GOttes ohne
eine vernuͤnftige Ueberlegung und ohne alle
Ruͤhrung bleiben kan? Wie iſt es moͤg-
lich, daß ihr bey der zaͤrtlichſten Liebe GOt-
tes gegen euch ohne alle Empfindung blei-

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[361/0379] in welches er rennet? Wie kurtz und we- nig bekuͤmmern wir uns um die Beſſerung ſeines Zuſtandes? Du aber, unendlich vollkommener GOtt, achteſt dich nicht zu hoch, auf das Niedrige zu ſehen. Deine hoͤchſte Majeſtaͤt achtet auf alle deine Ge- ſchoͤpfe, und deine Begierde ſie gluͤcklich zu machen, wird nicht ermuͤdet. Auch un- danckbaren Veraͤchtern deiner Guͤte, un- gehorſamen und widerſpaͤnſtigen Beleidi- gern deiner Majeſtaͤt geheſt du, groſſer GOtt, nach. Du ſtifteſt die groͤſſeſten Wunder, damit ſie zur Ueberlegung, zur Umkehr und zur Annehmung deiner Guͤ- ter und Seligkeit moͤgen gebracht werden. JEſum deinen Geliebteſten laͤſſeſt du ſter- ben, damit dieſe ewig leben moͤgen. Groſſe unendliche Liebe! O Menſchen-Kinder, die ihr euch einer Vernunft, einer Ueberlegung, eines be- weglichen Gemuͤths ruͤhmet, wie iſt es moͤg- lich, daß ein ſo groſſer Theil von euch bey dieſen Wundern der Liebe GOttes ohne eine vernuͤnftige Ueberlegung und ohne alle Ruͤhrung bleiben kan? Wie iſt es moͤg- lich, daß ihr bey der zaͤrtlichſten Liebe GOt- tes gegen euch ohne alle Empfindung blei- bet? Z 5

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/379>, abgerufen am 25.11.2024.