Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite



heilige Abscheu GOttes gegen selbige durch
den Tod JEsu der Welt vor Augen ge-
legt worden? Was wäre es nöthig gewe-
sen, daß neben der Gnade die Gerechtig-
keit so nachdrücklich offenbaret worden?
Was wäre es nöthig gewesen, daß JE-
sus Knechts-Gestalt angenommen, Elend,
Jammer, Schmach, Schmertzen, Höllen-
Angst und den schmählichsten Tod für die
Sünder, die da sollen begnadiget werden,
erduldet. Achtete der HErr die Sünde
nicht, wären seine Gesetze nicht nothwendig
und heilig, könnte die Seligkeit seines
Reichs bey den Lastern bestehen, sollte sein
Reich ein Reich der Unordnung und der
Himmel eine Wohnung schändlicher See-
len seyn, sollten in dem Glantze der heilig-
sten Majestät, unter der Zahl der Auser-
wählten und vertrautesten Freunde GOt-
tes, wüste Geister, rohe und harte Seelen,
Verächter einer unendlichen Herrschafft,
frevelhafte Schänder heilsamer Gesetze,
verstockte Sclaven der Laster stehen, so
wäre es vergeblich und umsonst, daß der
HErr Gesetze gegeben, und die Heiligkeit
derselben durch den Tod seines Sohnes fest
gesetzet. Da es aber unmöglich, daß die

höchste



heilige Abſcheu GOttes gegen ſelbige durch
den Tod JEſu der Welt vor Augen ge-
legt worden? Was waͤre es noͤthig gewe-
ſen, daß neben der Gnade die Gerechtig-
keit ſo nachdruͤcklich offenbaret worden?
Was waͤre es noͤthig geweſen, daß JE-
ſus Knechts-Geſtalt angenommen, Elend,
Jammer, Schmach, Schmertzen, Hoͤllen-
Angſt und den ſchmaͤhlichſten Tod fuͤr die
Suͤnder, die da ſollen begnadiget werden,
erduldet. Achtete der HErr die Suͤnde
nicht, waͤren ſeine Geſetze nicht nothwendig
und heilig, koͤnnte die Seligkeit ſeines
Reichs bey den Laſtern beſtehen, ſollte ſein
Reich ein Reich der Unordnung und der
Himmel eine Wohnung ſchaͤndlicher See-
len ſeyn, ſollten in dem Glantze der heilig-
ſten Majeſtaͤt, unter der Zahl der Auser-
waͤhlten und vertrauteſten Freunde GOt-
tes, wuͤſte Geiſter, rohe und harte Seelen,
Veraͤchter einer unendlichen Herrſchafft,
frevelhafte Schaͤnder heilſamer Geſetze,
verſtockte Sclaven der Laſter ſtehen, ſo
waͤre es vergeblich und umſonſt, daß der
HErr Geſetze gegeben, und die Heiligkeit
derſelben durch den Tod ſeines Sohnes feſt
geſetzet. Da es aber unmoͤglich, daß die

hoͤchſte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0383" n="365"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
heilige Ab&#x017F;cheu GOttes gegen &#x017F;elbige durch<lb/>
den Tod JE&#x017F;u der Welt vor Augen ge-<lb/>
legt worden? Was wa&#x0364;re es no&#x0364;thig gewe-<lb/>
&#x017F;en, daß neben der Gnade die Gerechtig-<lb/>
keit &#x017F;o nachdru&#x0364;cklich offenbaret worden?<lb/>
Was wa&#x0364;re es no&#x0364;thig gewe&#x017F;en, daß JE-<lb/>
&#x017F;us Knechts-Ge&#x017F;talt angenommen, Elend,<lb/>
Jammer, Schmach, Schmertzen, Ho&#x0364;llen-<lb/>
Ang&#x017F;t und den &#x017F;chma&#x0364;hlich&#x017F;ten Tod fu&#x0364;r die<lb/>
Su&#x0364;nder, die da &#x017F;ollen begnadiget werden,<lb/>
erduldet. Achtete der HErr die Su&#x0364;nde<lb/>
nicht, wa&#x0364;ren &#x017F;eine Ge&#x017F;etze nicht nothwendig<lb/>
und heilig, ko&#x0364;nnte die Seligkeit &#x017F;eines<lb/>
Reichs bey den La&#x017F;tern be&#x017F;tehen, &#x017F;ollte &#x017F;ein<lb/>
Reich ein Reich der Unordnung und der<lb/>
Himmel eine Wohnung &#x017F;cha&#x0364;ndlicher See-<lb/>
len &#x017F;eyn, &#x017F;ollten in dem Glantze der heilig-<lb/>
&#x017F;ten Maje&#x017F;ta&#x0364;t, unter der Zahl der Auser-<lb/>
wa&#x0364;hlten und vertraute&#x017F;ten Freunde GOt-<lb/>
tes, wu&#x0364;&#x017F;te Gei&#x017F;ter, rohe und harte Seelen,<lb/>
Vera&#x0364;chter einer unendlichen Herr&#x017F;chafft,<lb/>
frevelhafte Scha&#x0364;nder heil&#x017F;amer Ge&#x017F;etze,<lb/>
ver&#x017F;tockte Sclaven der La&#x017F;ter &#x017F;tehen, &#x017F;o<lb/>
wa&#x0364;re es vergeblich und um&#x017F;on&#x017F;t, daß der<lb/>
HErr Ge&#x017F;etze gegeben, und die Heiligkeit<lb/>
der&#x017F;elben durch den Tod &#x017F;eines Sohnes fe&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;etzet. Da es aber unmo&#x0364;glich, daß die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ho&#x0364;ch&#x017F;te</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0383] heilige Abſcheu GOttes gegen ſelbige durch den Tod JEſu der Welt vor Augen ge- legt worden? Was waͤre es noͤthig gewe- ſen, daß neben der Gnade die Gerechtig- keit ſo nachdruͤcklich offenbaret worden? Was waͤre es noͤthig geweſen, daß JE- ſus Knechts-Geſtalt angenommen, Elend, Jammer, Schmach, Schmertzen, Hoͤllen- Angſt und den ſchmaͤhlichſten Tod fuͤr die Suͤnder, die da ſollen begnadiget werden, erduldet. Achtete der HErr die Suͤnde nicht, waͤren ſeine Geſetze nicht nothwendig und heilig, koͤnnte die Seligkeit ſeines Reichs bey den Laſtern beſtehen, ſollte ſein Reich ein Reich der Unordnung und der Himmel eine Wohnung ſchaͤndlicher See- len ſeyn, ſollten in dem Glantze der heilig- ſten Majeſtaͤt, unter der Zahl der Auser- waͤhlten und vertrauteſten Freunde GOt- tes, wuͤſte Geiſter, rohe und harte Seelen, Veraͤchter einer unendlichen Herrſchafft, frevelhafte Schaͤnder heilſamer Geſetze, verſtockte Sclaven der Laſter ſtehen, ſo waͤre es vergeblich und umſonſt, daß der HErr Geſetze gegeben, und die Heiligkeit derſelben durch den Tod ſeines Sohnes feſt geſetzet. Da es aber unmoͤglich, daß die hoͤchſte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/383
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/383>, abgerufen am 18.06.2024.