Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.noch grosse Unvollkommenheiten an sich hat, wird in einer Gesellschafft von weisen Gei- stern durch nichts leidlich, als dadurch, daß er seine Unvollkommenheit in Demuth er- kennet, um eine geneigte Nachsicht anhält, und eine beständige Begierde, vollkomme- ner zu werden, blicken lässet. So lange wir, wir unvollkommene Menschen, diese Gestalt nicht annehmen, so lange bleiben wir unleidliche Thoren vor GOtt, und un- erträglich den vollkommenen Geistern des Himmels. Bewundert derowegen die weise und heilige Liebe GOttes, die sich durch die Forderung eines lebendigen Glaubens offenbaret. Bemercket auch zugleich, was für eine weise Verbindung in den göttlichen Ordnungen und in den Lehren, so uns GOtt in seinem Wort kund gemacht. Darum, o Menschen, die ihr euch Chri- in Jacobi Betr. 2. Band. C c
noch groſſe Unvollkommenheiten an ſich hat, wird in einer Geſellſchafft von weiſen Gei- ſtern durch nichts leidlich, als dadurch, daß er ſeine Unvollkommenheit in Demuth er- kennet, um eine geneigte Nachſicht anhaͤlt, und eine beſtaͤndige Begierde, vollkomme- ner zu werden, blicken laͤſſet. So lange wir, wir unvollkommene Menſchen, dieſe Geſtalt nicht annehmen, ſo lange bleiben wir unleidliche Thoren vor GOtt, und un- ertraͤglich den vollkommenen Geiſtern des Himmels. Bewundert derowegen die weiſe und heilige Liebe GOttes, die ſich durch die Forderung eines lebendigen Glaubens offenbaret. Bemercket auch zugleich, was fuͤr eine weiſe Verbindung in den goͤttlichen Ordnungen und in den Lehren, ſo uns GOtt in ſeinem Wort kund gemacht. Darum, o Menſchen, die ihr euch Chri- in Jacobi Betr. 2. Band. C c
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ſtern durch nichts leidlich, als dadurch, daß
er ſeine Unvollkommenheit in Demuth er-
kennet, um eine geneigte Nachſicht anhaͤlt,
und eine beſtaͤndige Begierde, vollkomme-
ner zu werden, blicken laͤſſet. So lange
wir, wir unvollkommene Menſchen, dieſe
Geſtalt nicht annehmen, ſo lange bleiben
wir unleidliche Thoren vor GOtt, und un-
ertraͤglich den vollkommenen Geiſtern des
Himmels. Bewundert derowegen die
weiſe und heilige Liebe GOttes, die ſich
durch die Forderung eines lebendigen
Glaubens offenbaret. Bemercket auch
zugleich, was fuͤr eine weiſe Verbindung
in den goͤttlichen Ordnungen und in den
Lehren, ſo uns GOtt in ſeinem Wort kund
gemacht.
Darum, o Menſchen, die ihr euch Chri-
ſten nennet, und euch ruͤhmet, daß ihr GOtt
angehoͤret, und von ſeiner Liebe ein ewiges
Gluͤck hoffet, erkennet eure Thorheit, die
ihr begehet, wenn ihr auf einem andern
Wege zur Ruhe kommen wollet, als der
HErr euch gezeiget hat, und wenn ihr ihm
in
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