Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.Kleidungen. Lasset ihnen alles, was sie vor dem grösten Haufen zum Voraus ha- ben: Wird sie alsdenn auch jemand glück- lich schätzen? Und werden sie selber glau- ben, daß ihr Glück das Glück der Gemei- nen übersteige? O ihr geliebten Seelen, bey welchen Vernunft und Ueberlegung wohnet, sagt anjetzt, haben wir Niedrigen Ursach das zeitliche Glück der Hohen, so sie vor uns zum Voraus haben, zu benei- den? Hat uns der HErr nicht in den wich- tigsten Stücken einander gleich gemacht? Thun wir recht, wenn wir gedencken, die Hohen und Reichen dieser Erden haben al- lein Ursach den HErrn zu preisen? wir aber haben nur wenig empfangen, und kön- nen uns keines Glücks rühmen. Neh- men wir uns in diesem Gedancken nicht vor, GOtt für das Vornehmste nicht zu dancken, weil wir das Geringere nicht em- pfangen? Wir haben zeither von einigen Arten der Vergnügungen geredet, und ge- wiesen, wie die angenehmsten Vornehmen und Geringen gemein sind. Wir kom- men auf die Vielheit der vergnügten Stun- den. Auch hier wird es sich finden, daß die Schätze der Erden den Hohen und Rei- chen
Kleidungen. Laſſet ihnen alles, was ſie vor dem groͤſten Haufen zum Voraus ha- ben: Wird ſie alsdenn auch jemand gluͤck- lich ſchaͤtzen? Und werden ſie ſelber glau- ben, daß ihr Gluͤck das Gluͤck der Gemei- nen uͤberſteige? O ihr geliebten Seelen, bey welchen Vernunft und Ueberlegung wohnet, ſagt anjetzt, haben wir Niedrigen Urſach das zeitliche Gluͤck der Hohen, ſo ſie vor uns zum Voraus haben, zu benei- den? Hat uns der HErr nicht in den wich- tigſten Stuͤcken einander gleich gemacht? Thun wir recht, wenn wir gedencken, die Hohen und Reichen dieſer Erden haben al- lein Urſach den HErrn zu preiſen? wir aber haben nur wenig empfangen, und koͤn- nen uns keines Gluͤcks ruͤhmen. Neh- men wir uns in dieſem Gedancken nicht vor, GOtt fuͤr das Vornehmſte nicht zu dancken, weil wir das Geringere nicht em- pfangen? Wir haben zeither von einigen Arten der Vergnuͤgungen geredet, und ge- wieſen, wie die angenehmſten Vornehmen und Geringen gemein ſind. Wir kom- men auf die Vielheit der vergnuͤgten Stun- den. Auch hier wird es ſich finden, daß die Schaͤtze der Erden den Hohen und Rei- chen
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Kleidungen. Laſſet ihnen alles, was ſie
vor dem groͤſten Haufen zum Voraus ha-
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lich ſchaͤtzen? Und werden ſie ſelber glau-
ben, daß ihr Gluͤck das Gluͤck der Gemei-
nen uͤberſteige? O ihr geliebten Seelen,
bey welchen Vernunft und Ueberlegung
wohnet, ſagt anjetzt, haben wir Niedrigen
Urſach das zeitliche Gluͤck der Hohen, ſo
ſie vor uns zum Voraus haben, zu benei-
den? Hat uns der HErr nicht in den wich-
tigſten Stuͤcken einander gleich gemacht?
Thun wir recht, wenn wir gedencken, die
Hohen und Reichen dieſer Erden haben al-
lein Urſach den HErrn zu preiſen? wir
aber haben nur wenig empfangen, und koͤn-
nen uns keines Gluͤcks ruͤhmen. Neh-
men wir uns in dieſem Gedancken nicht
vor, GOtt fuͤr das Vornehmſte nicht zu
dancken, weil wir das Geringere nicht em-
pfangen? Wir haben zeither von einigen
Arten der Vergnuͤgungen geredet, und ge-
wieſen, wie die angenehmſten Vornehmen
und Geringen gemein ſind. Wir kom-
men auf die Vielheit der vergnuͤgten Stun-
den. Auch hier wird es ſich finden, daß
die Schaͤtze der Erden den Hohen und Rei-
chen
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