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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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die Wercke GOttes mit Vergnügen be-
wundern. Keine Gefahr zweifelhafter
Fälle setzet sie in Sorgen. Kein Man-
gel und kein Schmertz macht sie beküm-
mert. Kein Neid, keine Herrschsucht, kein
Eigennutz unterbricht ihre Freundschafft.
Nichts, nichts stöhret ihre Ruhe. Dort
unterhält sich eine Gesellschafft mit den
angenehmsten Gesprächen. Hier erfüllet
man die stillen Lüfte mit den süssesten Tö-
nen. Diejenigen tugendhaften See-
len, welche hier mit Thränen von einan-
der Abschied genommen, kommen dort
mit Jauchzen wieder zusammen. Tu-
gendhafte Kinder finden dort die treuen
Eltern wieder, denen sie mit einer kind-
lichen Zärtlichkeit die Augen zugedrückt.
Fromme Eltern finden die folgsamen Kin-
der, welchen sie mit benetzten Augen in
die Grufft gesehen. Gottselige Ehegat-
ten erneuern hier das Band einer heili-
gen Freundschafft, so der Tod zerrissen.
Kurtz, alle Seelen, welche GOtt und Tu-
gend hiernieden verbunden, und durch
das letzte Schicksal sind getrennet wor-
den, werden hier wieder mit Freuden

ver-



die Wercke GOttes mit Vergnuͤgen be-
wundern. Keine Gefahr zweifelhafter
Faͤlle ſetzet ſie in Sorgen. Kein Man-
gel und kein Schmertz macht ſie bekuͤm-
mert. Kein Neid, keine Herrſchſucht, kein
Eigennutz unterbricht ihre Freundſchafft.
Nichts, nichts ſtoͤhret ihre Ruhe. Dort
unterhaͤlt ſich eine Geſellſchafft mit den
angenehmſten Geſpraͤchen. Hier erfuͤllet
man die ſtillen Luͤfte mit den ſuͤſſeſten Toͤ-
nen. Diejenigen tugendhaften See-
len, welche hier mit Thraͤnen von einan-
der Abſchied genommen, kommen dort
mit Jauchzen wieder zuſammen. Tu-
gendhafte Kinder finden dort die treuen
Eltern wieder, denen ſie mit einer kind-
lichen Zaͤrtlichkeit die Augen zugedruͤckt.
Fromme Eltern finden die folgſamen Kin-
der, welchen ſie mit benetzten Augen in
die Grufft geſehen. Gottſelige Ehegat-
ten erneuern hier das Band einer heili-
gen Freundſchafft, ſo der Tod zerriſſen.
Kurtz, alle Seelen, welche GOtt und Tu-
gend hiernieden verbunden, und durch
das letzte Schickſal ſind getrennet wor-
den, werden hier wieder mit Freuden

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[430/0448] die Wercke GOttes mit Vergnuͤgen be- wundern. Keine Gefahr zweifelhafter Faͤlle ſetzet ſie in Sorgen. Kein Man- gel und kein Schmertz macht ſie bekuͤm- mert. Kein Neid, keine Herrſchſucht, kein Eigennutz unterbricht ihre Freundſchafft. Nichts, nichts ſtoͤhret ihre Ruhe. Dort unterhaͤlt ſich eine Geſellſchafft mit den angenehmſten Geſpraͤchen. Hier erfuͤllet man die ſtillen Luͤfte mit den ſuͤſſeſten Toͤ- nen. Diejenigen tugendhaften See- len, welche hier mit Thraͤnen von einan- der Abſchied genommen, kommen dort mit Jauchzen wieder zuſammen. Tu- gendhafte Kinder finden dort die treuen Eltern wieder, denen ſie mit einer kind- lichen Zaͤrtlichkeit die Augen zugedruͤckt. Fromme Eltern finden die folgſamen Kin- der, welchen ſie mit benetzten Augen in die Grufft geſehen. Gottſelige Ehegat- ten erneuern hier das Band einer heili- gen Freundſchafft, ſo der Tod zerriſſen. Kurtz, alle Seelen, welche GOtt und Tu- gend hiernieden verbunden, und durch das letzte Schickſal ſind getrennet wor- den, werden hier wieder mit Freuden ver-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/448>, abgerufen am 23.11.2024.