men Familien, woraus die Priester ge- nommen wurden, von den Tempeln und Opfern der Götzen zu reiche Einkünfte, welche fahren zu lassen ihnen zu schwer wurde. Man erinnere sich hierbey zweyer sehr merkwürdigen Sprüche, welche man Marc. C. 10. v. 24. 25. und 1 Cor. C. 1. v. 26. 27. findet.
§. 40.
Warum so viele Völker noch in ih- rer Blind- heit gelas- sen werden.
Es kann hieraus auf eine Frage in et- was geantwortet werden, welche manchem Christen einfällt und dessen Gemüth beun- ruhiget. Sie ist diese: da Gott so man- cherley und so grosse Anstalten gemacht, um einige Völker zu seiner Erkänntniß und einem vernünftigen Gottesdienst zu bringen; warum lässet er denn so viele an- dere Völker in der größten Blindheit, Aber- glauben und Lastern? Niemand erwarte von mir eine vollkommen hinlängliche Antwort. Die Rathschlüsse Gottes sind mir überall zu hoch. Jch finde unzählige Dinge und Begebenheiten in der Welt, die mich in Er- staunen und Verwirrung setzen, und deren weise und gütige Absichten ich nicht völlig oder auch gar nicht erreichen kann. Jch befriedige aber meine unruhige Neubegier- de und Zweifelsucht bey obiger Frage mit folgenden Gedanken. Jch messe das Alter der Welt und der göttlichen Regierung nicht nach den wenigen Jahren ab, welche ich
lebe.
men Familien, woraus die Prieſter ge- nommen wurden, von den Tempeln und Opfern der Goͤtzen zu reiche Einkuͤnfte, welche fahren zu laſſen ihnen zu ſchwer wurde. Man erinnere ſich hierbey zweyer ſehr merkwuͤrdigen Spruͤche, welche man Marc. C. 10. v. 24. 25. und 1 Cor. C. 1. v. 26. 27. findet.
§. 40.
Warum ſo viele Voͤlker noch in ih- rer Blind- heit gelaſ- ſen werden.
Es kann hieraus auf eine Frage in et- was geantwortet werden, welche manchem Chriſten einfaͤllt und deſſen Gemuͤth beun- ruhiget. Sie iſt dieſe: da Gott ſo man- cherley und ſo groſſe Anſtalten gemacht, um einige Voͤlker zu ſeiner Erkaͤnntniß und einem vernuͤnftigen Gottesdienſt zu bringen; warum laͤſſet er denn ſo viele an- dere Voͤlker in der groͤßten Blindheit, Aber- glauben und Laſtern? Niemand erwarte von mir eine vollkommen hinlaͤngliche Antwort. Die Rathſchluͤſſe Gottes ſind mir uͤberall zu hoch. Jch finde unzaͤhlige Dinge und Begebenheiten in der Welt, die mich in Er- ſtaunen und Verwirrung ſetzen, und deren weiſe und guͤtige Abſichten ich nicht voͤllig oder auch gar nicht erreichen kann. Jch befriedige aber meine unruhige Neubegier- de und Zweifelſucht bey obiger Frage mit folgenden Gedanken. Jch meſſe das Alter der Welt und der goͤttlichen Regierung nicht nach den wenigen Jahren ab, welche ich
lebe.
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men Familien, woraus die Prieſter ge-
nommen wurden, von den Tempeln und
Opfern der Goͤtzen zu reiche Einkuͤnfte,
welche fahren zu laſſen ihnen zu ſchwer
wurde. Man erinnere ſich hierbey zweyer
ſehr merkwuͤrdigen Spruͤche, welche man
Marc. C. 10. v. 24. 25. und 1 Cor. C. 1.
v. 26. 27. findet.
§. 40.
Es kann hieraus auf eine Frage in et-
was geantwortet werden, welche manchem
Chriſten einfaͤllt und deſſen Gemuͤth beun-
ruhiget. Sie iſt dieſe: da Gott ſo man-
cherley und ſo groſſe Anſtalten gemacht,
um einige Voͤlker zu ſeiner Erkaͤnntniß
und einem vernuͤnftigen Gottesdienſt zu
bringen; warum laͤſſet er denn ſo viele an-
dere Voͤlker in der groͤßten Blindheit, Aber-
glauben und Laſtern? Niemand erwarte von
mir eine vollkommen hinlaͤngliche Antwort.
Die Rathſchluͤſſe Gottes ſind mir uͤberall
zu hoch. Jch finde unzaͤhlige Dinge und
Begebenheiten in der Welt, die mich in Er-
ſtaunen und Verwirrung ſetzen, und deren
weiſe und guͤtige Abſichten ich nicht voͤllig
oder auch gar nicht erreichen kann. Jch
befriedige aber meine unruhige Neubegier-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/122>, abgerufen am 21.11.2024.
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