Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

ten Religionsversolgungen wären erst
durch das Christenthum in die Welt ge-
kommen, und in selbigen hätten die Chri-
sten alle unmenschliche Martern wider
einander ausgeübet, welches die Heiden
nicht gethan, als die niemand zu ihrer
Religion gezwungen. Es ist aber erst-
lich falsch, daß die Bekenner der geoffen-
barten Religion, die Religionsverfolgun-
gen in die Welt gebracht. Die Juden
zwangen ehmals niemanden zu ihrer Re-
ligion; sie aber haben mehr denn einmal,
besonders aber von Antiochus dem Edlen
die grausamste Religionsverfolgung erdul-
det. Die Römer und andere Heiden
haben unter sich zwar keine Religionsver-
folgungen angestellet. Denn man glau-
bete viele Götter, und daß ein jedes Volk
besondere Götter hätte, die dasselbe vor-
züglich in ihren Schutz genommen. Nie-
mand machte also dem andern seine Gott-
heit streitig. Sobald aber die Christen
sagten, der Götzendienst ist eitel und Thor-
heit, und es ist nur Ein Gott, so fiengen
ja die Heiden die grausamsten Verfolgun-
gen an. Dergleichen haben ihren Grund
in dem menschlichen Hochmuth, welcher
keinen Widerspruch vertragen kann, und
niemals will geirret haben, wie auch in
irdischen Vortheilen, die mit einer ein-
mal eingeführten Religion verbunden sind.
Wenn derowegen auch viele Christen sich

von

ten Religionsverſolgungen waͤren erſt
durch das Chriſtenthum in die Welt ge-
kommen, und in ſelbigen haͤtten die Chri-
ſten alle unmenſchliche Martern wider
einander ausgeuͤbet, welches die Heiden
nicht gethan, als die niemand zu ihrer
Religion gezwungen. Es iſt aber erſt-
lich falſch, daß die Bekenner der geoffen-
barten Religion, die Religionsverfolgun-
gen in die Welt gebracht. Die Juden
zwangen ehmals niemanden zu ihrer Re-
ligion; ſie aber haben mehr denn einmal,
beſonders aber von Antiochus dem Edlen
die grauſamſte Religionsverfolgung erdul-
det. Die Roͤmer und andere Heiden
haben unter ſich zwar keine Religionsver-
folgungen angeſtellet. Denn man glau-
bete viele Goͤtter, und daß ein jedes Volk
beſondere Goͤtter haͤtte, die daſſelbe vor-
zuͤglich in ihren Schutz genommen. Nie-
mand machte alſo dem andern ſeine Gott-
heit ſtreitig. Sobald aber die Chriſten
ſagten, der Goͤtzendienſt iſt eitel und Thor-
heit, und es iſt nur Ein Gott, ſo fiengen
ja die Heiden die grauſamſten Verfolgun-
gen an. Dergleichen haben ihren Grund
in dem menſchlichen Hochmuth, welcher
keinen Widerſpruch vertragen kann, und
niemals will geirret haben, wie auch in
irdiſchen Vortheilen, die mit einer ein-
mal eingefuͤhrten Religion verbunden ſind.
Wenn derowegen auch viele Chriſten ſich

von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="108"/>
ten Religionsver&#x017F;olgungen wa&#x0364;ren er&#x017F;t<lb/>
durch das Chri&#x017F;tenthum in die Welt ge-<lb/>
kommen, und in &#x017F;elbigen ha&#x0364;tten die Chri-<lb/>
&#x017F;ten alle unmen&#x017F;chliche Martern wider<lb/>
einander ausgeu&#x0364;bet, welches die Heiden<lb/>
nicht gethan, als die niemand zu ihrer<lb/>
Religion gezwungen. Es i&#x017F;t aber er&#x017F;t-<lb/>
lich fal&#x017F;ch, daß die Bekenner der geoffen-<lb/>
barten Religion, die Religionsverfolgun-<lb/>
gen in die Welt gebracht. Die Juden<lb/>
zwangen ehmals niemanden zu ihrer Re-<lb/>
ligion; &#x017F;ie aber haben mehr denn einmal,<lb/>
be&#x017F;onders aber von Antiochus dem Edlen<lb/>
die grau&#x017F;am&#x017F;te Religionsverfolgung erdul-<lb/>
det. Die Ro&#x0364;mer und andere Heiden<lb/>
haben unter &#x017F;ich zwar keine Religionsver-<lb/>
folgungen ange&#x017F;tellet. Denn man glau-<lb/>
bete viele Go&#x0364;tter, und daß ein jedes Volk<lb/>
be&#x017F;ondere Go&#x0364;tter ha&#x0364;tte, die da&#x017F;&#x017F;elbe vor-<lb/>
zu&#x0364;glich in ihren Schutz genommen. Nie-<lb/>
mand machte al&#x017F;o dem andern &#x017F;eine Gott-<lb/>
heit &#x017F;treitig. Sobald aber die Chri&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;agten, der Go&#x0364;tzendien&#x017F;t i&#x017F;t eitel und Thor-<lb/>
heit, und es i&#x017F;t nur Ein Gott, &#x017F;o fiengen<lb/>
ja die Heiden die grau&#x017F;am&#x017F;ten Verfolgun-<lb/>
gen an. Dergleichen haben ihren Grund<lb/>
in dem men&#x017F;chlichen Hochmuth, welcher<lb/>
keinen Wider&#x017F;pruch vertragen kann, und<lb/>
niemals will geirret haben, wie auch in<lb/>
irdi&#x017F;chen Vortheilen, die mit einer ein-<lb/>
mal eingefu&#x0364;hrten Religion verbunden &#x017F;ind.<lb/>
Wenn derowegen auch viele Chri&#x017F;ten &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0128] ten Religionsverſolgungen waͤren erſt durch das Chriſtenthum in die Welt ge- kommen, und in ſelbigen haͤtten die Chri- ſten alle unmenſchliche Martern wider einander ausgeuͤbet, welches die Heiden nicht gethan, als die niemand zu ihrer Religion gezwungen. Es iſt aber erſt- lich falſch, daß die Bekenner der geoffen- barten Religion, die Religionsverfolgun- gen in die Welt gebracht. Die Juden zwangen ehmals niemanden zu ihrer Re- ligion; ſie aber haben mehr denn einmal, beſonders aber von Antiochus dem Edlen die grauſamſte Religionsverfolgung erdul- det. Die Roͤmer und andere Heiden haben unter ſich zwar keine Religionsver- folgungen angeſtellet. Denn man glau- bete viele Goͤtter, und daß ein jedes Volk beſondere Goͤtter haͤtte, die daſſelbe vor- zuͤglich in ihren Schutz genommen. Nie- mand machte alſo dem andern ſeine Gott- heit ſtreitig. Sobald aber die Chriſten ſagten, der Goͤtzendienſt iſt eitel und Thor- heit, und es iſt nur Ein Gott, ſo fiengen ja die Heiden die grauſamſten Verfolgun- gen an. Dergleichen haben ihren Grund in dem menſchlichen Hochmuth, welcher keinen Widerſpruch vertragen kann, und niemals will geirret haben, wie auch in irdiſchen Vortheilen, die mit einer ein- mal eingefuͤhrten Religion verbunden ſind. Wenn derowegen auch viele Chriſten ſich von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/128
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/128>, abgerufen am 21.11.2024.