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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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Gott nicht beschweren, noch denselben ei-
ner ungerechten Härte beschuldigen, wenn
er nur hinlängliche Gelegenheit gehabt,
seine Seeligkeit zu schaffen. Denn Nie-
mand kann von dem weisesten Schöpfer
verlangen, daß er eines oder etlicher Men-
schen wegen solche Anstalten verkehren soll-
te, durch welche sie zwar erhalten, aber
eine noch weit grössere Menge in das Ver-
derben gestürzet würden. Man nehme
an, eine Armee geräth in Umstände, da
sie einige Tage muß Hunger und Frost
ausstehen, wodurch viele zum Ausreissen
gebracht werden. Man setze in Gedanken
hinzu, der General wüßte, daß einige von
seinem Regiemente durchgehen würden, wel-
che aber diesen Vorsatz ändern würden,
wenn er ihnen von seinem Vorrath etwas
Brod gäbe. Er sähe aber auch zum vor-
aus, daß, wenn er dieses thäte, die ganze
Armee unruhig werden und ein Gleiches
verlangen und, da man nicht im Stande,
ihnen gleiche Gefälligkeit zu erzeigen, eine
noch weit grössere Anzahl unwillig werden
und weglaufen würde: wird sich der Ge-
neral nicht entschliessen müssen, die erstern
laufen zu lassen, wenn er auch gleich wüß-
te, daß sie würden bey dem Ausreissen er-
tappet und gehenket werden, besonders
wenn er zum voraus mit Gewißheit erken-
nete, daß durch dieses Exempel sehr viele
andere vom weglaufen würden abgeschrecket

wer-

Gott nicht beſchweren, noch denſelben ei-
ner ungerechten Haͤrte beſchuldigen, wenn
er nur hinlaͤngliche Gelegenheit gehabt,
ſeine Seeligkeit zu ſchaffen. Denn Nie-
mand kann von dem weiſeſten Schoͤpfer
verlangen, daß er eines oder etlicher Men-
ſchen wegen ſolche Anſtalten verkehren ſoll-
te, durch welche ſie zwar erhalten, aber
eine noch weit groͤſſere Menge in das Ver-
derben geſtuͤrzet wuͤrden. Man nehme
an, eine Armee geraͤth in Umſtaͤnde, da
ſie einige Tage muß Hunger und Froſt
ausſtehen, wodurch viele zum Ausreiſſen
gebracht werden. Man ſetze in Gedanken
hinzu, der General wuͤßte, daß einige von
ſeinem Regiemente durchgehen wuͤrden, wel-
che aber dieſen Vorſatz aͤndern wuͤrden,
wenn er ihnen von ſeinem Vorrath etwas
Brod gaͤbe. Er ſaͤhe aber auch zum vor-
aus, daß, wenn er dieſes thaͤte, die ganze
Armee unruhig werden und ein Gleiches
verlangen und, da man nicht im Stande,
ihnen gleiche Gefaͤlligkeit zu erzeigen, eine
noch weit groͤſſere Anzahl unwillig werden
und weglaufen wuͤrde: wird ſich der Ge-
neral nicht entſchlieſſen muͤſſen, die erſtern
laufen zu laſſen, wenn er auch gleich wuͤß-
te, daß ſie wuͤrden bey dem Ausreiſſen er-
tappet und gehenket werden, beſonders
wenn er zum voraus mit Gewißheit erken-
nete, daß durch dieſes Exempel ſehr viele
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[112/0132] Gott nicht beſchweren, noch denſelben ei- ner ungerechten Haͤrte beſchuldigen, wenn er nur hinlaͤngliche Gelegenheit gehabt, ſeine Seeligkeit zu ſchaffen. Denn Nie- mand kann von dem weiſeſten Schoͤpfer verlangen, daß er eines oder etlicher Men- ſchen wegen ſolche Anſtalten verkehren ſoll- te, durch welche ſie zwar erhalten, aber eine noch weit groͤſſere Menge in das Ver- derben geſtuͤrzet wuͤrden. Man nehme an, eine Armee geraͤth in Umſtaͤnde, da ſie einige Tage muß Hunger und Froſt ausſtehen, wodurch viele zum Ausreiſſen gebracht werden. Man ſetze in Gedanken hinzu, der General wuͤßte, daß einige von ſeinem Regiemente durchgehen wuͤrden, wel- che aber dieſen Vorſatz aͤndern wuͤrden, wenn er ihnen von ſeinem Vorrath etwas Brod gaͤbe. Er ſaͤhe aber auch zum vor- aus, daß, wenn er dieſes thaͤte, die ganze Armee unruhig werden und ein Gleiches verlangen und, da man nicht im Stande, ihnen gleiche Gefaͤlligkeit zu erzeigen, eine noch weit groͤſſere Anzahl unwillig werden und weglaufen wuͤrde: wird ſich der Ge- neral nicht entſchlieſſen muͤſſen, die erſtern laufen zu laſſen, wenn er auch gleich wuͤß- te, daß ſie wuͤrden bey dem Ausreiſſen er- tappet und gehenket werden, beſonders wenn er zum voraus mit Gewißheit erken- nete, daß durch dieſes Exempel ſehr viele andere vom weglaufen wuͤrden abgeſchrecket wer-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/132>, abgerufen am 24.11.2024.