Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

werden? Wer kann nun mit Gewißheit
sagen, daß der Weiseste nicht durch ähn-
liche Umstände bewogen worden, denen zu
Sodom und Tyrus und Sidon keine sol-
che Gnade wiederfahren zu lassen, als ei-
nigen Städten in den Zeiten des Messias
erzeiget worden? Es ist wenigstens gewiß,
daß, wenn der Heiland in denen Zeiten ge-
kommen wäre und seine Herrlichkeit geof-
fenbaret hätte, da jene Städte dadurch
hätten können gerettet werden, das Ganze
der Welt davon nicht so viel Seegen wür-
de gehabt haben, als da er zu den Zeiten
des Augustus diese Welt betreten. Wir
würden vieler Nachrichten und Umstände
entbehren, welche dem Christenthume
eine grössere Gewißheit geben, wenn
Christus in jenen ältern Zeiten erschie-
nen wäre. Die Spötter würden sa-
gen, das Christenthum hat seinen Ur-
sprung finstern Zeiten der Unwissenheit zu
danken. Dieser Vorwurf aber fällt jetzo
ganz weg, da Jesus seine Lehre in den al-
lererleuchtesten Zeiten des Alterthums ge-
stiftet. Es würde auch das Christenthum
in den vorhergehenden Zeiten, wie oben
schon bewiesen worden, nicht so gut haben
können ausgebreitet werden, wie nachher.
Und so hätte es geschehen können, daß Sodom
und Tyrus und Sidon wären gerettet wor-
den, wenn sie mit der Erscheinung Christi

wären
Jac. Betr. 4. Band. H

werden? Wer kann nun mit Gewißheit
ſagen, daß der Weiſeſte nicht durch aͤhn-
liche Umſtaͤnde bewogen worden, denen zu
Sodom und Tyrus und Sidon keine ſol-
che Gnade wiederfahren zu laſſen, als ei-
nigen Staͤdten in den Zeiten des Meſſias
erzeiget worden? Es iſt wenigſtens gewiß,
daß, wenn der Heiland in denen Zeiten ge-
kommen waͤre und ſeine Herrlichkeit geof-
fenbaret haͤtte, da jene Staͤdte dadurch
haͤtten koͤnnen gerettet werden, das Ganze
der Welt davon nicht ſo viel Seegen wuͤr-
de gehabt haben, als da er zu den Zeiten
des Auguſtus dieſe Welt betreten. Wir
wuͤrden vieler Nachrichten und Umſtaͤnde
entbehren, welche dem Chriſtenthume
eine groͤſſere Gewißheit geben, wenn
Chriſtus in jenen aͤltern Zeiten erſchie-
nen waͤre. Die Spoͤtter wuͤrden ſa-
gen, das Chriſtenthum hat ſeinen Ur-
ſprung finſtern Zeiten der Unwiſſenheit zu
danken. Dieſer Vorwurf aber faͤllt jetzo
ganz weg, da Jeſus ſeine Lehre in den al-
lererleuchteſten Zeiten des Alterthums ge-
ſtiftet. Es wuͤrde auch das Chriſtenthum
in den vorhergehenden Zeiten, wie oben
ſchon bewieſen worden, nicht ſo gut haben
koͤnnen ausgebreitet werden, wie nachher.
Und ſo haͤtte es geſchehen koͤnnen, daß Sodom
und Tyrus und Sidon waͤren gerettet wor-
den, wenn ſie mit der Erſcheinung Chriſti

waͤren
Jac. Betr. 4. Band. H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0133" n="113"/>
werden? Wer kann nun mit Gewißheit<lb/>
&#x017F;agen, daß der Wei&#x017F;e&#x017F;te nicht durch a&#x0364;hn-<lb/>
liche Um&#x017F;ta&#x0364;nde bewogen worden, denen zu<lb/>
Sodom und Tyrus und Sidon keine &#x017F;ol-<lb/>
che Gnade wiederfahren zu la&#x017F;&#x017F;en, als ei-<lb/>
nigen Sta&#x0364;dten in den Zeiten des Me&#x017F;&#x017F;ias<lb/>
erzeiget worden? Es i&#x017F;t wenig&#x017F;tens gewiß,<lb/>
daß, wenn der Heiland in denen Zeiten ge-<lb/>
kommen wa&#x0364;re und &#x017F;eine Herrlichkeit geof-<lb/>
fenbaret ha&#x0364;tte, da jene Sta&#x0364;dte dadurch<lb/>
ha&#x0364;tten ko&#x0364;nnen gerettet werden, das Ganze<lb/>
der Welt davon nicht &#x017F;o viel Seegen wu&#x0364;r-<lb/>
de gehabt haben, als da er zu den Zeiten<lb/>
des Augu&#x017F;tus die&#x017F;e Welt betreten. Wir<lb/>
wu&#x0364;rden vieler Nachrichten und Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
entbehren, welche dem Chri&#x017F;tenthume<lb/>
eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Gewißheit geben, wenn<lb/>
Chri&#x017F;tus in jenen a&#x0364;ltern Zeiten er&#x017F;chie-<lb/>
nen wa&#x0364;re. Die Spo&#x0364;tter wu&#x0364;rden &#x017F;a-<lb/>
gen, das Chri&#x017F;tenthum hat &#x017F;einen Ur-<lb/>
&#x017F;prung fin&#x017F;tern Zeiten der Unwi&#x017F;&#x017F;enheit zu<lb/>
danken. Die&#x017F;er Vorwurf aber fa&#x0364;llt jetzo<lb/>
ganz weg, da Je&#x017F;us &#x017F;eine Lehre in den al-<lb/>
lererleuchte&#x017F;ten Zeiten des Alterthums ge-<lb/>
&#x017F;tiftet. Es wu&#x0364;rde auch das Chri&#x017F;tenthum<lb/>
in den vorhergehenden Zeiten, wie oben<lb/>
&#x017F;chon bewie&#x017F;en worden, nicht &#x017F;o gut haben<lb/>
ko&#x0364;nnen ausgebreitet werden, wie nachher.<lb/>
Und &#x017F;o ha&#x0364;tte es ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nnen, daß Sodom<lb/>
und Tyrus und Sidon wa&#x0364;ren gerettet wor-<lb/>
den, wenn &#x017F;ie mit der Er&#x017F;cheinung Chri&#x017F;ti<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Jac. Betr. 4. Band. H</fw><fw place="bottom" type="catch">wa&#x0364;ren</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0133] werden? Wer kann nun mit Gewißheit ſagen, daß der Weiſeſte nicht durch aͤhn- liche Umſtaͤnde bewogen worden, denen zu Sodom und Tyrus und Sidon keine ſol- che Gnade wiederfahren zu laſſen, als ei- nigen Staͤdten in den Zeiten des Meſſias erzeiget worden? Es iſt wenigſtens gewiß, daß, wenn der Heiland in denen Zeiten ge- kommen waͤre und ſeine Herrlichkeit geof- fenbaret haͤtte, da jene Staͤdte dadurch haͤtten koͤnnen gerettet werden, das Ganze der Welt davon nicht ſo viel Seegen wuͤr- de gehabt haben, als da er zu den Zeiten des Auguſtus dieſe Welt betreten. Wir wuͤrden vieler Nachrichten und Umſtaͤnde entbehren, welche dem Chriſtenthume eine groͤſſere Gewißheit geben, wenn Chriſtus in jenen aͤltern Zeiten erſchie- nen waͤre. Die Spoͤtter wuͤrden ſa- gen, das Chriſtenthum hat ſeinen Ur- ſprung finſtern Zeiten der Unwiſſenheit zu danken. Dieſer Vorwurf aber faͤllt jetzo ganz weg, da Jeſus ſeine Lehre in den al- lererleuchteſten Zeiten des Alterthums ge- ſtiftet. Es wuͤrde auch das Chriſtenthum in den vorhergehenden Zeiten, wie oben ſchon bewieſen worden, nicht ſo gut haben koͤnnen ausgebreitet werden, wie nachher. Und ſo haͤtte es geſchehen koͤnnen, daß Sodom und Tyrus und Sidon waͤren gerettet wor- den, wenn ſie mit der Erſcheinung Chriſti waͤren Jac. Betr. 4. Band. H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/133
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/133>, abgerufen am 21.11.2024.