wären begnadiget worden, viele andere aber dadurch wären verlohren gegangen, die jetzo erhalten werden.
§. 43.
Fortsetzung des vori- gen.
Aber warum ist kein Prophet mit grossen Wundern zu ihnen gesandt worden? Vielleicht wurden durch das Ge- richte, so über diese Städte ergieng, meh- rere erhalten und von ähnlichen Sünden abgeschrecket, als wenn sie durch einen Propheten wären bekehret worden. Viel- leicht wären viele andere Städte durch die ausserordentliche Gnade, so jenen wieder- fahren, in Sicherheit gerathen, die durch jener Exempel in Furcht gesetzet worden. Gott wählete nach seiner Weisheit dasje- nige, wovon die Welt den größten Vor- theil haben konnte. Genug er that jenen kein Unrecht. Sie waren der allerschänd- lichsten Verbrechen schuldig, und konnten auch von einer unendlichen Güte keine Gna- de fordern, die vielen andern zum Fall ge- reichet hätte. Es müssen auch Wunder- werke nicht zu gemein gemacht werden. Sie verlieren sonst ihre Kraft, Gemüther zu rühren. Wer erstaunet über das grosse Wunder, wodurch die Sonne täglich auf- gehet? Wer bewundert genug das Unbe- greifliche einer Empfängniß und Geburt? Häufige Wunder erwecken auch viele falsche Propheten und Wunderthäter, wie
man
waͤren begnadiget worden, viele andere aber dadurch waͤren verlohren gegangen, die jetzo erhalten werden.
§. 43.
Fortſetzung des vori- gen.
Aber warum iſt kein Prophet mit groſſen Wundern zu ihnen geſandt worden? Vielleicht wurden durch das Ge- richte, ſo uͤber dieſe Staͤdte ergieng, meh- rere erhalten und von aͤhnlichen Suͤnden abgeſchrecket, als wenn ſie durch einen Propheten waͤren bekehret worden. Viel- leicht waͤren viele andere Staͤdte durch die auſſerordentliche Gnade, ſo jenen wieder- fahren, in Sicherheit gerathen, die durch jener Exempel in Furcht geſetzet worden. Gott waͤhlete nach ſeiner Weisheit dasje- nige, wovon die Welt den groͤßten Vor- theil haben konnte. Genug er that jenen kein Unrecht. Sie waren der allerſchaͤnd- lichſten Verbrechen ſchuldig, und konnten auch von einer unendlichen Guͤte keine Gna- de fordern, die vielen andern zum Fall ge- reichet haͤtte. Es muͤſſen auch Wunder- werke nicht zu gemein gemacht werden. Sie verlieren ſonſt ihre Kraft, Gemuͤther zu ruͤhren. Wer erſtaunet uͤber das groſſe Wunder, wodurch die Sonne taͤglich auf- gehet? Wer bewundert genug das Unbe- greifliche einer Empfaͤngniß und Geburt? Haͤufige Wunder erwecken auch viele falſche Propheten und Wunderthaͤter, wie
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waͤren begnadiget worden, viele andere
aber dadurch waͤren verlohren gegangen,
die jetzo erhalten werden.
§. 43.
Aber warum iſt kein Prophet mit
groſſen Wundern zu ihnen geſandt
worden? Vielleicht wurden durch das Ge-
richte, ſo uͤber dieſe Staͤdte ergieng, meh-
rere erhalten und von aͤhnlichen Suͤnden
abgeſchrecket, als wenn ſie durch einen
Propheten waͤren bekehret worden. Viel-
leicht waͤren viele andere Staͤdte durch die
auſſerordentliche Gnade, ſo jenen wieder-
fahren, in Sicherheit gerathen, die durch
jener Exempel in Furcht geſetzet worden.
Gott waͤhlete nach ſeiner Weisheit dasje-
nige, wovon die Welt den groͤßten Vor-
theil haben konnte. Genug er that jenen
kein Unrecht. Sie waren der allerſchaͤnd-
lichſten Verbrechen ſchuldig, und konnten
auch von einer unendlichen Guͤte keine Gna-
de fordern, die vielen andern zum Fall ge-
reichet haͤtte. Es muͤſſen auch Wunder-
werke nicht zu gemein gemacht werden.
Sie verlieren ſonſt ihre Kraft, Gemuͤther zu
ruͤhren. Wer erſtaunet uͤber das groſſe
Wunder, wodurch die Sonne taͤglich auf-
gehet? Wer bewundert genug das Unbe-
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Haͤufige Wunder erwecken auch viele
falſche Propheten und Wunderthaͤter, wie
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/134>, abgerufen am 21.11.2024.
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