Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

führten Einwurf, welcher von alten und
neuen Lehrern der Kirchen gegeben wor-
den *), auch die meinige noch hinzufüge.

§. 2.
Zwey
Hauptsätze.

Warum befremdet es uns, daß Chri-
stus das verlangte Zeichen nicht gegeben,
und sich seinem Kreuze nicht entrissen hat?
Jst es nicht wahr? Wir bilden uns ein,
so viele Vorfechter des Unglaubens hätten
dadurch müssen überzeugt werden, Jesus
von Nazareth sey der wahre Messias.
Warum stossen wir uns so sehr daran, daß
der Heiland nur seinen Jüngern erschienen,
und daß ihn die Ungläubigen nicht eben so
wol, wie jene, nach seiner Auferstehung
gesehen haben? Jst es nicht wahr? Wir
muthmaassen, daß auch diese dadurch zu der
Annehmung des Evangelii würden bewegt
seyn. Wir werden demnach 1) sehen, ob
uns nicht unsere Hoffnung von diesen an-
genommenem Folgen täusche, und ob nicht
der versprochene Glaube unterblieben
wäre, wenn gleich Christus entweder
vom Kreuze steigen, oder allem Volke
wieder erscheinen wollen.

Ferner,
*) Man findet selbige in der mit vieler Ge-
lehrsamkeit geschriebenen Abhandlung des
Herrn Consistorialraths Meenen, deren
Titel: Die nichtige Einwendung, daß der
auferstandene Jesus nur seinen Freunden
und nicht seinen Feinden erschienen sey.

fuͤhrten Einwurf, welcher von alten und
neuen Lehrern der Kirchen gegeben wor-
den *), auch die meinige noch hinzufuͤge.

§. 2.
Zwey
Hauptſaͤtze.

Warum befremdet es uns, daß Chri-
ſtus das verlangte Zeichen nicht gegeben,
und ſich ſeinem Kreuze nicht entriſſen hat?
Jſt es nicht wahr? Wir bilden uns ein,
ſo viele Vorfechter des Unglaubens haͤtten
dadurch muͤſſen uͤberzeugt werden, Jeſus
von Nazareth ſey der wahre Meſſias.
Warum ſtoſſen wir uns ſo ſehr daran, daß
der Heiland nur ſeinen Juͤngern erſchienen,
und daß ihn die Unglaͤubigen nicht eben ſo
wol, wie jene, nach ſeiner Auferſtehung
geſehen haben? Jſt es nicht wahr? Wir
muthmaaſſen, daß auch dieſe dadurch zu der
Annehmung des Evangelii wuͤrden bewegt
ſeyn. Wir werden demnach 1) ſehen, ob
uns nicht unſere Hoffnung von dieſen an-
genommenem Folgen taͤuſche, und ob nicht
der verſprochene Glaube unterblieben
waͤre, wenn gleich Chriſtus entweder
vom Kreuze ſteigen, oder allem Volke
wieder erſcheinen wollen.

Ferner,
*) Man findet ſelbige in der mit vieler Ge-
lehrſamkeit geſchriebenen Abhandlung des
Herrn Conſiſtorialraths Meenen, deren
Titel: Die nichtige Einwendung, daß der
auferſtandene Jeſus nur ſeinen Freunden
und nicht ſeinen Feinden erſchienen ſey.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0142" n="122"/>
fu&#x0364;hrten Einwurf, welcher von alten und<lb/>
neuen Lehrern der Kirchen gegeben wor-<lb/>
den <note place="foot" n="*)">Man findet &#x017F;elbige in der mit vieler Ge-<lb/>
lehr&#x017F;amkeit ge&#x017F;chriebenen Abhandlung des<lb/>
Herrn Con&#x017F;i&#x017F;torialraths <hi rendition="#fr">Meenen,</hi> deren<lb/>
Titel: Die nichtige Einwendung, daß der<lb/>
aufer&#x017F;tandene Je&#x017F;us nur &#x017F;einen Freunden<lb/>
und nicht &#x017F;einen Feinden er&#x017F;chienen &#x017F;ey.</note>, auch die meinige noch hinzufu&#x0364;ge.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 2.</head><lb/>
          <note place="left">Zwey<lb/>
Haupt&#x017F;a&#x0364;tze.</note>
          <p>Warum befremdet es uns, daß Chri-<lb/>
&#x017F;tus das verlangte Zeichen nicht gegeben,<lb/>
und &#x017F;ich &#x017F;einem Kreuze nicht entri&#x017F;&#x017F;en hat?<lb/>
J&#x017F;t es nicht wahr? Wir bilden uns ein,<lb/>
&#x017F;o viele Vorfechter des Unglaubens ha&#x0364;tten<lb/>
dadurch mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berzeugt werden, Je&#x017F;us<lb/>
von Nazareth &#x017F;ey der wahre Me&#x017F;&#x017F;ias.<lb/>
Warum &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en wir uns &#x017F;o &#x017F;ehr daran, daß<lb/>
der Heiland nur &#x017F;einen Ju&#x0364;ngern er&#x017F;chienen,<lb/>
und daß ihn die Ungla&#x0364;ubigen nicht eben &#x017F;o<lb/>
wol, wie jene, nach &#x017F;einer Aufer&#x017F;tehung<lb/>
ge&#x017F;ehen haben? J&#x017F;t es nicht wahr? Wir<lb/>
muthmaa&#x017F;&#x017F;en, daß auch die&#x017F;e dadurch zu der<lb/>
Annehmung des Evangelii wu&#x0364;rden bewegt<lb/>
&#x017F;eyn. Wir werden demnach 1) &#x017F;ehen, ob<lb/>
uns nicht un&#x017F;ere Hoffnung von die&#x017F;en an-<lb/>
genommenem Folgen ta&#x0364;u&#x017F;che, <hi rendition="#fr">und ob nicht<lb/>
der ver&#x017F;prochene Glaube unterblieben<lb/>
wa&#x0364;re, wenn gleich Chri&#x017F;tus entweder<lb/>
vom Kreuze &#x017F;teigen, oder allem Volke<lb/>
wieder er&#x017F;cheinen wollen.</hi></p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ferner,</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0142] fuͤhrten Einwurf, welcher von alten und neuen Lehrern der Kirchen gegeben wor- den *), auch die meinige noch hinzufuͤge. §. 2. Warum befremdet es uns, daß Chri- ſtus das verlangte Zeichen nicht gegeben, und ſich ſeinem Kreuze nicht entriſſen hat? Jſt es nicht wahr? Wir bilden uns ein, ſo viele Vorfechter des Unglaubens haͤtten dadurch muͤſſen uͤberzeugt werden, Jeſus von Nazareth ſey der wahre Meſſias. Warum ſtoſſen wir uns ſo ſehr daran, daß der Heiland nur ſeinen Juͤngern erſchienen, und daß ihn die Unglaͤubigen nicht eben ſo wol, wie jene, nach ſeiner Auferſtehung geſehen haben? Jſt es nicht wahr? Wir muthmaaſſen, daß auch dieſe dadurch zu der Annehmung des Evangelii wuͤrden bewegt ſeyn. Wir werden demnach 1) ſehen, ob uns nicht unſere Hoffnung von dieſen an- genommenem Folgen taͤuſche, und ob nicht der verſprochene Glaube unterblieben waͤre, wenn gleich Chriſtus entweder vom Kreuze ſteigen, oder allem Volke wieder erſcheinen wollen. Ferner, *) Man findet ſelbige in der mit vieler Ge- lehrſamkeit geſchriebenen Abhandlung des Herrn Conſiſtorialraths Meenen, deren Titel: Die nichtige Einwendung, daß der auferſtandene Jeſus nur ſeinen Freunden und nicht ſeinen Feinden erſchienen ſey.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/142
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/142>, abgerufen am 21.11.2024.