führten Einwurf, welcher von alten und neuen Lehrern der Kirchen gegeben wor- den *), auch die meinige noch hinzufüge.
§. 2.
Zwey Hauptsätze.
Warum befremdet es uns, daß Chri- stus das verlangte Zeichen nicht gegeben, und sich seinem Kreuze nicht entrissen hat? Jst es nicht wahr? Wir bilden uns ein, so viele Vorfechter des Unglaubens hätten dadurch müssen überzeugt werden, Jesus von Nazareth sey der wahre Messias. Warum stossen wir uns so sehr daran, daß der Heiland nur seinen Jüngern erschienen, und daß ihn die Ungläubigen nicht eben so wol, wie jene, nach seiner Auferstehung gesehen haben? Jst es nicht wahr? Wir muthmaassen, daß auch diese dadurch zu der Annehmung des Evangelii würden bewegt seyn. Wir werden demnach 1) sehen, ob uns nicht unsere Hoffnung von diesen an- genommenem Folgen täusche, und ob nicht der versprochene Glaube unterblieben wäre, wenn gleich Christus entweder vom Kreuze steigen, oder allem Volke wieder erscheinen wollen.
Ferner,
*) Man findet selbige in der mit vieler Ge- lehrsamkeit geschriebenen Abhandlung des Herrn Consistorialraths Meenen, deren Titel: Die nichtige Einwendung, daß der auferstandene Jesus nur seinen Freunden und nicht seinen Feinden erschienen sey.
fuͤhrten Einwurf, welcher von alten und neuen Lehrern der Kirchen gegeben wor- den *), auch die meinige noch hinzufuͤge.
§. 2.
Zwey Hauptſaͤtze.
Warum befremdet es uns, daß Chri- ſtus das verlangte Zeichen nicht gegeben, und ſich ſeinem Kreuze nicht entriſſen hat? Jſt es nicht wahr? Wir bilden uns ein, ſo viele Vorfechter des Unglaubens haͤtten dadurch muͤſſen uͤberzeugt werden, Jeſus von Nazareth ſey der wahre Meſſias. Warum ſtoſſen wir uns ſo ſehr daran, daß der Heiland nur ſeinen Juͤngern erſchienen, und daß ihn die Unglaͤubigen nicht eben ſo wol, wie jene, nach ſeiner Auferſtehung geſehen haben? Jſt es nicht wahr? Wir muthmaaſſen, daß auch dieſe dadurch zu der Annehmung des Evangelii wuͤrden bewegt ſeyn. Wir werden demnach 1) ſehen, ob uns nicht unſere Hoffnung von dieſen an- genommenem Folgen taͤuſche, und ob nicht der verſprochene Glaube unterblieben waͤre, wenn gleich Chriſtus entweder vom Kreuze ſteigen, oder allem Volke wieder erſcheinen wollen.
Ferner,
*) Man findet ſelbige in der mit vieler Ge- lehrſamkeit geſchriebenen Abhandlung des Herrn Conſiſtorialraths Meenen, deren Titel: Die nichtige Einwendung, daß der auferſtandene Jeſus nur ſeinen Freunden und nicht ſeinen Feinden erſchienen ſey.
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fuͤhrten Einwurf, welcher von alten und
neuen Lehrern der Kirchen gegeben wor-
den *), auch die meinige noch hinzufuͤge.
§. 2.
Warum befremdet es uns, daß Chri-
ſtus das verlangte Zeichen nicht gegeben,
und ſich ſeinem Kreuze nicht entriſſen hat?
Jſt es nicht wahr? Wir bilden uns ein,
ſo viele Vorfechter des Unglaubens haͤtten
dadurch muͤſſen uͤberzeugt werden, Jeſus
von Nazareth ſey der wahre Meſſias.
Warum ſtoſſen wir uns ſo ſehr daran, daß
der Heiland nur ſeinen Juͤngern erſchienen,
und daß ihn die Unglaͤubigen nicht eben ſo
wol, wie jene, nach ſeiner Auferſtehung
geſehen haben? Jſt es nicht wahr? Wir
muthmaaſſen, daß auch dieſe dadurch zu der
Annehmung des Evangelii wuͤrden bewegt
ſeyn. Wir werden demnach 1) ſehen, ob
uns nicht unſere Hoffnung von dieſen an-
genommenem Folgen taͤuſche, und ob nicht
der verſprochene Glaube unterblieben
waͤre, wenn gleich Chriſtus entweder
vom Kreuze ſteigen, oder allem Volke
wieder erſcheinen wollen.
Ferner,
*) Man findet ſelbige in der mit vieler Ge-
lehrſamkeit geſchriebenen Abhandlung des
Herrn Conſiſtorialraths Meenen, deren
Titel: Die nichtige Einwendung, daß der
auferſtandene Jeſus nur ſeinen Freunden
und nicht ſeinen Feinden erſchienen ſey.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/142>, abgerufen am 21.11.2024.
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