Süsse Gedanken! Wird man auch selbige mit dem geistlichen Königreiche des Erlösers reimen können? Die Jrrthümer waren viel zu reizend, als daß die Juden bey einer wunderbaren Errettung Christi vom Kreuze etwas anders, als dieses hät- ten denken sollen: Seht! nun ist noch die Zeit unserer Erlösung erschienen. Glück zu! dem Monarchen des Hauses Jacobs. Auf! laßt uns das unerträgliche Joch der heidnischen Herrschaft abwerfen, die längst gewünschte Freyheit erobern u. s. w. War das vielleicht der Glaube, den Jesus ver- langte, um seine Verehrer glücklich zu machen?
§. 4.
Jst diese Vermuthung noch nicht gewißSondern einen Jrr- thum be- stärket ha- ben. genug, trägt jemand Bedenken, derselben beyzupflichten, so erwäge man nur fol- gendes:
1) Jst es mehr als zu gewiß, daß die niedrige Gestalt des Erlösers den Juden ein Aergerniß gewesen, 1 Cor. C. 1. v. 23. und daß sie die Kreuzigung des Messias mit seiner Majestät nicht vergleichen kön- nen. Anfänglich hegten die Jünger Jesu selbst ganz andere Gedanken von der künf- tigen Herrlichkeit, in welcher sie ihrem Meister und Herrn, nach seiner Erhöhung dienen wollten. Denn als Christus unter ihnen sein bevorstehendes Leiden verkündig- te, so war ihnen solches etwas so unerwar-
tetes,
Suͤſſe Gedanken! Wird man auch ſelbige mit dem geiſtlichen Koͤnigreiche des Erloͤſers reimen koͤnnen? Die Jrrthuͤmer waren viel zu reizend, als daß die Juden bey einer wunderbaren Errettung Chriſti vom Kreuze etwas anders, als dieſes haͤt- ten denken ſollen: Seht! nun iſt noch die Zeit unſerer Erloͤſung erſchienen. Gluͤck zu! dem Monarchen des Hauſes Jacobs. Auf! laßt uns das unertraͤgliche Joch der heidniſchen Herrſchaft abwerfen, die laͤngſt gewuͤnſchte Freyheit erobern u. ſ. w. War das vielleicht der Glaube, den Jeſus ver- langte, um ſeine Verehrer gluͤcklich zu machen?
§. 4.
Jſt dieſe Vermuthung noch nicht gewißSondern einen Jrr- thum be- ſtaͤrket ha- ben. genug, traͤgt jemand Bedenken, derſelben beyzupflichten, ſo erwaͤge man nur fol- gendes:
1) Jſt es mehr als zu gewiß, daß die niedrige Geſtalt des Erloͤſers den Juden ein Aergerniß geweſen, 1 Cor. C. 1. v. 23. und daß ſie die Kreuzigung des Meſſias mit ſeiner Majeſtaͤt nicht vergleichen koͤn- nen. Anfaͤnglich hegten die Juͤnger Jeſu ſelbſt ganz andere Gedanken von der kuͤnf- tigen Herrlichkeit, in welcher ſie ihrem Meiſter und Herrn, nach ſeiner Erhoͤhung dienen wollten. Denn als Chriſtus unter ihnen ſein bevorſtehendes Leiden verkuͤndig- te, ſo war ihnen ſolches etwas ſo unerwar-
tetes,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0147"n="127"/><p>Suͤſſe Gedanken! Wird man auch<lb/>ſelbige mit dem geiſtlichen Koͤnigreiche des<lb/>
Erloͤſers reimen koͤnnen? Die Jrrthuͤmer<lb/>
waren viel zu reizend, als daß die Juden<lb/>
bey einer wunderbaren Errettung Chriſti<lb/>
vom Kreuze etwas anders, als dieſes haͤt-<lb/>
ten denken ſollen: Seht! nun iſt noch die<lb/>
Zeit unſerer Erloͤſung erſchienen. Gluͤck<lb/>
zu! dem Monarchen des Hauſes Jacobs.<lb/>
Auf! laßt uns das unertraͤgliche Joch der<lb/>
heidniſchen Herrſchaft abwerfen, die laͤngſt<lb/>
gewuͤnſchte Freyheit erobern u. ſ. w. War<lb/>
das vielleicht der Glaube, den Jeſus ver-<lb/>
langte, um ſeine Verehrer gluͤcklich zu<lb/>
machen?</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 4.</head><lb/><p>Jſt dieſe Vermuthung noch nicht gewiß<noteplace="right">Sondern<lb/>
einen Jrr-<lb/>
thum be-<lb/>ſtaͤrket ha-<lb/>
ben.</note><lb/>
genug, traͤgt jemand Bedenken, derſelben<lb/>
beyzupflichten, ſo erwaͤge man nur fol-<lb/>
gendes:</p><lb/><p>1) Jſt es mehr als zu gewiß, daß die<lb/>
niedrige Geſtalt des Erloͤſers <hirendition="#fr">den Juden<lb/>
ein Aergerniß geweſen,</hi> 1 Cor. C. 1. v. 23.<lb/>
und daß ſie die Kreuzigung des Meſſias<lb/>
mit ſeiner Majeſtaͤt nicht vergleichen koͤn-<lb/>
nen. Anfaͤnglich hegten die Juͤnger Jeſu<lb/>ſelbſt ganz andere Gedanken von der kuͤnf-<lb/>
tigen Herrlichkeit, in welcher ſie ihrem<lb/>
Meiſter und Herrn, nach ſeiner Erhoͤhung<lb/>
dienen wollten. Denn als Chriſtus unter<lb/>
ihnen ſein bevorſtehendes Leiden verkuͤndig-<lb/>
te, ſo war ihnen ſolches etwas ſo unerwar-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">tetes,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[127/0147]
Suͤſſe Gedanken! Wird man auch
ſelbige mit dem geiſtlichen Koͤnigreiche des
Erloͤſers reimen koͤnnen? Die Jrrthuͤmer
waren viel zu reizend, als daß die Juden
bey einer wunderbaren Errettung Chriſti
vom Kreuze etwas anders, als dieſes haͤt-
ten denken ſollen: Seht! nun iſt noch die
Zeit unſerer Erloͤſung erſchienen. Gluͤck
zu! dem Monarchen des Hauſes Jacobs.
Auf! laßt uns das unertraͤgliche Joch der
heidniſchen Herrſchaft abwerfen, die laͤngſt
gewuͤnſchte Freyheit erobern u. ſ. w. War
das vielleicht der Glaube, den Jeſus ver-
langte, um ſeine Verehrer gluͤcklich zu
machen?
§. 4.
Jſt dieſe Vermuthung noch nicht gewiß
genug, traͤgt jemand Bedenken, derſelben
beyzupflichten, ſo erwaͤge man nur fol-
gendes:
Sondern
einen Jrr-
thum be-
ſtaͤrket ha-
ben.
1) Jſt es mehr als zu gewiß, daß die
niedrige Geſtalt des Erloͤſers den Juden
ein Aergerniß geweſen, 1 Cor. C. 1. v. 23.
und daß ſie die Kreuzigung des Meſſias
mit ſeiner Majeſtaͤt nicht vergleichen koͤn-
nen. Anfaͤnglich hegten die Juͤnger Jeſu
ſelbſt ganz andere Gedanken von der kuͤnf-
tigen Herrlichkeit, in welcher ſie ihrem
Meiſter und Herrn, nach ſeiner Erhoͤhung
dienen wollten. Denn als Chriſtus unter
ihnen ſein bevorſtehendes Leiden verkuͤndig-
te, ſo war ihnen ſolches etwas ſo unerwar-
tetes,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/147>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.