So sind denn die allerwichtigsten Ursa- chen vorhanden, die wir als göttliche Ab- sichten ansehen können, warum Christus nicht vom Kreuze gestiegen, und nach sei- ner Auferstehung sich nicht allem Volke gezeiget. Es ist dadurch der Bestärkung eines irrigen Wahnes von dem Messias vorgebeuget, Aufruhr und Empörung ver- hindert, und die Erscheinung Christi nütz- lich und heilsam gemacht worden. Es ge- het uns bey den Einrichtungen Gottes im Reiche der Gnaden eben so, wie bey den Einrichtungen desselben im Reiche der Na- tur. Wir lassen uns gar zu leichte ein- fallen dieses und jenes könnte besser seyn. Wir Blödsichtige bemerken aber unzählige Folgen nicht, die eine andere Einrichtung haben würden. Möchten wir doch auch da allezeit Gott zutrauen, daß er das Be- ste wähle, wo unser schwacher Verstand solches nicht begreifet.
§. 22.
Wichtigkeit des Unglau- bens.
Jch endige diese Betrachtung mit fol- gender Anmerkung. Es giebet Arten von Unglauben, die sehr beleidigend, und deren Aeusserung eine strafbare Sünde ist, und die viele Bänder der menschlichen Gesell- schaft trennen, wenigstens keine vertraute Freundschaft zulassen. Der Glaube ist immer der erste Grund aller derjenigen
Ver-
§. 21.
Kurze Wie- derholung des Abge- handelten.
So ſind denn die allerwichtigſten Urſa- chen vorhanden, die wir als goͤttliche Ab- ſichten anſehen koͤnnen, warum Chriſtus nicht vom Kreuze geſtiegen, und nach ſei- ner Auferſtehung ſich nicht allem Volke gezeiget. Es iſt dadurch der Beſtaͤrkung eines irrigen Wahnes von dem Meſſias vorgebeuget, Aufruhr und Empoͤrung ver- hindert, und die Erſcheinung Chriſti nuͤtz- lich und heilſam gemacht worden. Es ge- het uns bey den Einrichtungen Gottes im Reiche der Gnaden eben ſo, wie bey den Einrichtungen deſſelben im Reiche der Na- tur. Wir laſſen uns gar zu leichte ein- fallen dieſes und jenes koͤnnte beſſer ſeyn. Wir Bloͤdſichtige bemerken aber unzaͤhlige Folgen nicht, die eine andere Einrichtung haben wuͤrden. Moͤchten wir doch auch da allezeit Gott zutrauen, daß er das Be- ſte waͤhle, wo unſer ſchwacher Verſtand ſolches nicht begreifet.
§. 22.
Wichtigkeit des Unglau- bens.
Jch endige dieſe Betrachtung mit fol- gender Anmerkung. Es giebet Arten von Unglauben, die ſehr beleidigend, und deren Aeuſſerung eine ſtrafbare Suͤnde iſt, und die viele Baͤnder der menſchlichen Geſell- ſchaft trennen, wenigſtens keine vertraute Freundſchaft zulaſſen. Der Glaube iſt immer der erſte Grund aller derjenigen
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§. 21.
So ſind denn die allerwichtigſten Urſa-
chen vorhanden, die wir als goͤttliche Ab-
ſichten anſehen koͤnnen, warum Chriſtus
nicht vom Kreuze geſtiegen, und nach ſei-
ner Auferſtehung ſich nicht allem Volke
gezeiget. Es iſt dadurch der Beſtaͤrkung
eines irrigen Wahnes von dem Meſſias
vorgebeuget, Aufruhr und Empoͤrung ver-
hindert, und die Erſcheinung Chriſti nuͤtz-
lich und heilſam gemacht worden. Es ge-
het uns bey den Einrichtungen Gottes im
Reiche der Gnaden eben ſo, wie bey den
Einrichtungen deſſelben im Reiche der Na-
tur. Wir laſſen uns gar zu leichte ein-
fallen dieſes und jenes koͤnnte beſſer ſeyn.
Wir Bloͤdſichtige bemerken aber unzaͤhlige
Folgen nicht, die eine andere Einrichtung
haben wuͤrden. Moͤchten wir doch auch
da allezeit Gott zutrauen, daß er das Be-
ſte waͤhle, wo unſer ſchwacher Verſtand
ſolches nicht begreifet.
§. 22.
Jch endige dieſe Betrachtung mit fol-
gender Anmerkung. Es giebet Arten von
Unglauben, die ſehr beleidigend, und deren
Aeuſſerung eine ſtrafbare Suͤnde iſt, und
die viele Baͤnder der menſchlichen Geſell-
ſchaft trennen, wenigſtens keine vertraute
Freundſchaft zulaſſen. Der Glaube iſt
immer der erſte Grund aller derjenigen
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/192>, abgerufen am 26.11.2024.
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