Ehen gewollt, entdecket sich, wenn man die andere Absicht der Ehen betrachtet. Durch die Ehen sollen die Menschen fort- gepflanzet, und folglich Kinder erzeuget und erzogen werden. 1 B. Mos. C. 1. v. 28. Und zwar ist es dem Heiligsten nicht um ungezogene und rohe, sondern um wolge- zogene Menschen zu thun. Die Erziehung aber lieget beyden Eltern ob. Ephes. Cap. 6. v. 4. 1 Tim. Cap. 5. v. 9. 10. Wie können sie aber beyde für die Erziehung der Kin- der recht sorgen, wenn sie sich scheiden? Es kömmt dieses hinzu. Die Scheidung geschiehet nicht aus Liebe sondern aus Haß, und ein Ehegatte wird hierbey des andern Feind. Kann in diesem Falle wol bey den Kindern gegen beyde Eltern eine recht zärt- liche Liebe bleiben? Nicht leicht. Die Liebe und das Mittleiden gegen den einen von ihren Eltern wird die Liebe gegen den andern nothwendig mindern. Die Kinder werden dem einen mehr anhangen wie dem andern. Hiedurch wird natürlicher Weise auch die Liebe bey dem einen Theile der El- tern gegen die Kinder erkalten. Woher soll man alsdenn eine recht eifrige Sorgfalt für die Erziehung der Kinder bey solchen lauen oder kalten Eltern erwarten? Es ist also leicht begreiflich, daß die Erziehung der Kinder ordentlicher Weise besser von statten gehet, und die Pflichten, so Eltern und Kinder einander schuldig sind, besser
können
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Ehen gewollt, entdecket ſich, wenn man die andere Abſicht der Ehen betrachtet. Durch die Ehen ſollen die Menſchen fort- gepflanzet, und folglich Kinder erzeuget und erzogen werden. 1 B. Moſ. C. 1. v. 28. Und zwar iſt es dem Heiligſten nicht um ungezogene und rohe, ſondern um wolge- zogene Menſchen zu thun. Die Erziehung aber lieget beyden Eltern ob. Epheſ. Cap. 6. v. 4. 1 Tim. Cap. 5. v. 9. 10. Wie koͤnnen ſie aber beyde fuͤr die Erziehung der Kin- der recht ſorgen, wenn ſie ſich ſcheiden? Es koͤmmt dieſes hinzu. Die Scheidung geſchiehet nicht aus Liebe ſondern aus Haß, und ein Ehegatte wird hierbey des andern Feind. Kann in dieſem Falle wol bey den Kindern gegen beyde Eltern eine recht zaͤrt- liche Liebe bleiben? Nicht leicht. Die Liebe und das Mittleiden gegen den einen von ihren Eltern wird die Liebe gegen den andern nothwendig mindern. Die Kinder werden dem einen mehr anhangen wie dem andern. Hiedurch wird natuͤrlicher Weiſe auch die Liebe bey dem einen Theile der El- tern gegen die Kinder erkalten. Woher ſoll man alsdenn eine recht eifrige Sorgfalt fuͤr die Erziehung der Kinder bey ſolchen lauen oder kalten Eltern erwarten? Es iſt alſo leicht begreiflich, daß die Erziehung der Kinder ordentlicher Weiſe beſſer von ſtatten gehet, und die Pflichten, ſo Eltern und Kinder einander ſchuldig ſind, beſſer
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Ehen gewollt, entdecket ſich, wenn man
die andere Abſicht der Ehen betrachtet.
Durch die Ehen ſollen die Menſchen fort-
gepflanzet, und folglich Kinder erzeuget
und erzogen werden. 1 B. Moſ. C. 1. v. 28.
Und zwar iſt es dem Heiligſten nicht um
ungezogene und rohe, ſondern um wolge-
zogene Menſchen zu thun. Die Erziehung
aber lieget beyden Eltern ob. Epheſ. Cap. 6.
v. 4. 1 Tim. Cap. 5. v. 9. 10. Wie koͤnnen
ſie aber beyde fuͤr die Erziehung der Kin-
der recht ſorgen, wenn ſie ſich ſcheiden?
Es koͤmmt dieſes hinzu. Die Scheidung
geſchiehet nicht aus Liebe ſondern aus Haß,
und ein Ehegatte wird hierbey des andern
Feind. Kann in dieſem Falle wol bey den
Kindern gegen beyde Eltern eine recht zaͤrt-
liche Liebe bleiben? Nicht leicht. Die
Liebe und das Mittleiden gegen den einen
von ihren Eltern wird die Liebe gegen den
andern nothwendig mindern. Die Kinder
werden dem einen mehr anhangen wie dem
andern. Hiedurch wird natuͤrlicher Weiſe
auch die Liebe bey dem einen Theile der El-
tern gegen die Kinder erkalten. Woher
ſoll man alsdenn eine recht eifrige Sorgfalt
fuͤr die Erziehung der Kinder bey ſolchen
lauen oder kalten Eltern erwarten? Es iſt
alſo leicht begreiflich, daß die Erziehung
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ſtatten gehet, und die Pflichten, ſo Eltern
und Kinder einander ſchuldig ſind, beſſer
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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