Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

"daß Menschen aus der Erde hervorstei-
"gen? Schämet euch den Römischen
"Stamm und Namen verlöschen zu lassen,
"und euere Stadt Fremden zu überliefern.
"Sollen wir unsere Sclaven frey lassen,
"daß wir die Anzahl unserer Bürger ver-
"mehren mögen? Sollen wir die Freyheit
"unserer Stadt unsern Bundesgenossen
"übergeben, daß sie mit Volk angefüllet
"werde; da ihr, die ihr von dem ersten
"Ursprunge an Römer gewesen, nicht
"darum bemühet seyd? Die Valerier und
"Julier und andere mehr entschliessen sich
"mit euch zugleich, alle solche Namen und
"Geschlechter zu vertilgen. Jch schäme
"mich diese schädliche Gewohnheit noch ein-
"mal zu erwähnen, und mich länger da-
"bey aufzuhalten. Thut euerer Unsinnig-
"keit Einhalt, und bedenket doch endlich
"einmal, wie viele von uns durch Kriege,
"und wie viele durch Krankheiten aufge-
"rieben worden, und daß die Stadt nicht
"länger bestehen kann, wenn sie nicht mit
"Einwohnern angefüllet wird. Es ist mir
"nicht unbekannt, daß der Ehestand mit
"einiger Beschwerlichkeit und Mühseligkeit
"verknüpft zu seyn pfleget. Allein ihr soll-
"tet erwägen, daß nichts Gutes zu finden
"ist, das nicht einige Bitterkeit mit sich
"führet. Die größten und vortrefflichsten
"Ergötzlichkeiten sind bey ihrem Genuß mit
"allerhand Unlust vermischt. Wenn ihr

"diese

„daß Menſchen aus der Erde hervorſtei-
„gen? Schaͤmet euch den Roͤmiſchen
„Stamm und Namen verloͤſchen zu laſſen,
„und euere Stadt Fremden zu uͤberliefern.
„Sollen wir unſere Sclaven frey laſſen,
„daß wir die Anzahl unſerer Buͤrger ver-
„mehren moͤgen? Sollen wir die Freyheit
„unſerer Stadt unſern Bundesgenoſſen
„uͤbergeben, daß ſie mit Volk angefuͤllet
„werde; da ihr, die ihr von dem erſten
„Urſprunge an Roͤmer geweſen, nicht
„darum bemuͤhet ſeyd? Die Valerier und
Julier und andere mehr entſchlieſſen ſich
„mit euch zugleich, alle ſolche Namen und
„Geſchlechter zu vertilgen. Jch ſchaͤme
„mich dieſe ſchaͤdliche Gewohnheit noch ein-
„mal zu erwaͤhnen, und mich laͤnger da-
„bey aufzuhalten. Thut euerer Unſinnig-
„keit Einhalt, und bedenket doch endlich
„einmal, wie viele von uns durch Kriege,
„und wie viele durch Krankheiten aufge-
„rieben worden, und daß die Stadt nicht
„laͤnger beſtehen kann, wenn ſie nicht mit
„Einwohnern angefuͤllet wird. Es iſt mir
„nicht unbekannt, daß der Eheſtand mit
„einiger Beſchwerlichkeit und Muͤhſeligkeit
„verknuͤpft zu ſeyn pfleget. Allein ihr ſoll-
„tet erwaͤgen, daß nichts Gutes zu finden
„iſt, das nicht einige Bitterkeit mit ſich
„fuͤhret. Die groͤßten und vortrefflichſten
„Ergoͤtzlichkeiten ſind bey ihrem Genuß mit
„allerhand Unluſt vermiſcht. Wenn ihr

„dieſe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0308" n="288"/>
&#x201E;daß Men&#x017F;chen aus der Erde hervor&#x017F;tei-<lb/>
&#x201E;gen? Scha&#x0364;met euch den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
&#x201E;Stamm und Namen verlo&#x0364;&#x017F;chen zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x201E;und euere Stadt Fremden zu u&#x0364;berliefern.<lb/>
&#x201E;Sollen wir un&#x017F;ere Sclaven frey la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x201E;daß wir die Anzahl un&#x017F;erer Bu&#x0364;rger ver-<lb/>
&#x201E;mehren mo&#x0364;gen? Sollen wir die Freyheit<lb/>
&#x201E;un&#x017F;erer Stadt un&#x017F;ern Bundesgeno&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x201E;u&#x0364;bergeben, daß &#x017F;ie mit Volk angefu&#x0364;llet<lb/>
&#x201E;werde; da ihr, die ihr von dem er&#x017F;ten<lb/>
&#x201E;Ur&#x017F;prunge an Ro&#x0364;mer gewe&#x017F;en, nicht<lb/>
&#x201E;darum bemu&#x0364;het &#x017F;eyd? Die <hi rendition="#fr">Valerier</hi> und<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">Julier</hi> und andere mehr ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;mit euch zugleich, alle &#x017F;olche Namen und<lb/>
&#x201E;Ge&#x017F;chlechter zu vertilgen. Jch &#x017F;cha&#x0364;me<lb/>
&#x201E;mich die&#x017F;e &#x017F;cha&#x0364;dliche Gewohnheit noch ein-<lb/>
&#x201E;mal zu erwa&#x0364;hnen, und mich la&#x0364;nger da-<lb/>
&#x201E;bey aufzuhalten. Thut euerer Un&#x017F;innig-<lb/>
&#x201E;keit Einhalt, und bedenket doch endlich<lb/>
&#x201E;einmal, wie viele von uns durch Kriege,<lb/>
&#x201E;und wie viele durch Krankheiten aufge-<lb/>
&#x201E;rieben worden, und daß die Stadt nicht<lb/>
&#x201E;la&#x0364;nger be&#x017F;tehen kann, wenn &#x017F;ie nicht mit<lb/>
&#x201E;Einwohnern angefu&#x0364;llet wird. Es i&#x017F;t mir<lb/>
&#x201E;nicht unbekannt, daß der Ehe&#x017F;tand mit<lb/>
&#x201E;einiger Be&#x017F;chwerlichkeit und Mu&#x0364;h&#x017F;eligkeit<lb/>
&#x201E;verknu&#x0364;pft zu &#x017F;eyn pfleget. Allein ihr &#x017F;oll-<lb/>
&#x201E;tet erwa&#x0364;gen, daß nichts Gutes zu finden<lb/>
&#x201E;i&#x017F;t, das nicht einige Bitterkeit mit &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;fu&#x0364;hret. Die gro&#x0364;ßten und vortrefflich&#x017F;ten<lb/>
&#x201E;Ergo&#x0364;tzlichkeiten &#x017F;ind bey ihrem Genuß mit<lb/>
&#x201E;allerhand Unlu&#x017F;t vermi&#x017F;cht. Wenn ihr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;die&#x017F;e</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0308] „daß Menſchen aus der Erde hervorſtei- „gen? Schaͤmet euch den Roͤmiſchen „Stamm und Namen verloͤſchen zu laſſen, „und euere Stadt Fremden zu uͤberliefern. „Sollen wir unſere Sclaven frey laſſen, „daß wir die Anzahl unſerer Buͤrger ver- „mehren moͤgen? Sollen wir die Freyheit „unſerer Stadt unſern Bundesgenoſſen „uͤbergeben, daß ſie mit Volk angefuͤllet „werde; da ihr, die ihr von dem erſten „Urſprunge an Roͤmer geweſen, nicht „darum bemuͤhet ſeyd? Die Valerier und „Julier und andere mehr entſchlieſſen ſich „mit euch zugleich, alle ſolche Namen und „Geſchlechter zu vertilgen. Jch ſchaͤme „mich dieſe ſchaͤdliche Gewohnheit noch ein- „mal zu erwaͤhnen, und mich laͤnger da- „bey aufzuhalten. Thut euerer Unſinnig- „keit Einhalt, und bedenket doch endlich „einmal, wie viele von uns durch Kriege, „und wie viele durch Krankheiten aufge- „rieben worden, und daß die Stadt nicht „laͤnger beſtehen kann, wenn ſie nicht mit „Einwohnern angefuͤllet wird. Es iſt mir „nicht unbekannt, daß der Eheſtand mit „einiger Beſchwerlichkeit und Muͤhſeligkeit „verknuͤpft zu ſeyn pfleget. Allein ihr ſoll- „tet erwaͤgen, daß nichts Gutes zu finden „iſt, das nicht einige Bitterkeit mit ſich „fuͤhret. Die groͤßten und vortrefflichſten „Ergoͤtzlichkeiten ſind bey ihrem Genuß mit „allerhand Unluſt vermiſcht. Wenn ihr „dieſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/308
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/308>, abgerufen am 22.11.2024.