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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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schuldigen wollten. Es kann also hier un-
möglich die Frage vorgekommen seyn, ob
den Christen aus dem Heidenthume die Hu-
rerey nachzusehen. Jch finde auch nicht,
wie in der Antwort auf die entstandene
Streitfrage der Erhaltung von der Unzucht
gedacht werden könne. Würde man da-
durch nicht zu verstehen gegeben haben, als
wenn Paulus und Barnabas nicht genug
wider dieses Laster geeifert hätten? Soll-
ten aber die übrigen Apostel sie dessen zu
beschuldigen Ursache gehabt haben? Es hat
solches nicht die geringste Wahrscheinlich-
keit. Wollte jemand sagen, es ist die
Warnung für der Hurerey nur mit ange-
hänget worden, weil die Menschen zu die-
sem Laster am leichtesten gebracht werden;
so antworte ich, daß Zorn, Rachbegierde,
Lügen, Falschheit und Betrug eben so ge-
mein und noch gemeiner seyn, zu dem wür-
den die Apostel ihrer Absicht ganz entgegen
gehandelt haben, wenn sie die Hurerey ne-
ben solche Dinge gesetzet, davon sich die
Christen nicht auf immer, sondern nur so
lange enthalten sollten, als sie schwache
Brüder neben sich hätten, die sich an der-
gleichen stoßten. Denn daß dieser Schluß
der Apostel, was die ersten drey Stücke
betrifft, kein beständiges Gesetz unter den
Christen hat seyn sollen, ist vollkommen
klar. Paulus hat gnugsam bezeuget, daß
die Enthaltung von dem Götzenopfer, d. i.

von

ſchuldigen wollten. Es kann alſo hier un-
moͤglich die Frage vorgekommen ſeyn, ob
den Chriſten aus dem Heidenthume die Hu-
rerey nachzuſehen. Jch finde auch nicht,
wie in der Antwort auf die entſtandene
Streitfrage der Erhaltung von der Unzucht
gedacht werden koͤnne. Wuͤrde man da-
durch nicht zu verſtehen gegeben haben, als
wenn Paulus und Barnabas nicht genug
wider dieſes Laſter geeifert haͤtten? Soll-
ten aber die uͤbrigen Apoſtel ſie deſſen zu
beſchuldigen Urſache gehabt haben? Es hat
ſolches nicht die geringſte Wahrſcheinlich-
keit. Wollte jemand ſagen, es iſt die
Warnung fuͤr der Hurerey nur mit ange-
haͤnget worden, weil die Menſchen zu die-
ſem Laſter am leichteſten gebracht werden;
ſo antworte ich, daß Zorn, Rachbegierde,
Luͤgen, Falſchheit und Betrug eben ſo ge-
mein und noch gemeiner ſeyn, zu dem wuͤr-
den die Apoſtel ihrer Abſicht ganz entgegen
gehandelt haben, wenn ſie die Hurerey ne-
ben ſolche Dinge geſetzet, davon ſich die
Chriſten nicht auf immer, ſondern nur ſo
lange enthalten ſollten, als ſie ſchwache
Bruͤder neben ſich haͤtten, die ſich an der-
gleichen ſtoßten. Denn daß dieſer Schluß
der Apoſtel, was die erſten drey Stuͤcke
betrifft, kein beſtaͤndiges Geſetz unter den
Chriſten hat ſeyn ſollen, iſt vollkommen
klar. Paulus hat gnugſam bezeuget, daß
die Enthaltung von dem Goͤtzenopfer, d. i.

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[326/0346] ſchuldigen wollten. Es kann alſo hier un- moͤglich die Frage vorgekommen ſeyn, ob den Chriſten aus dem Heidenthume die Hu- rerey nachzuſehen. Jch finde auch nicht, wie in der Antwort auf die entſtandene Streitfrage der Erhaltung von der Unzucht gedacht werden koͤnne. Wuͤrde man da- durch nicht zu verſtehen gegeben haben, als wenn Paulus und Barnabas nicht genug wider dieſes Laſter geeifert haͤtten? Soll- ten aber die uͤbrigen Apoſtel ſie deſſen zu beſchuldigen Urſache gehabt haben? Es hat ſolches nicht die geringſte Wahrſcheinlich- keit. Wollte jemand ſagen, es iſt die Warnung fuͤr der Hurerey nur mit ange- haͤnget worden, weil die Menſchen zu die- ſem Laſter am leichteſten gebracht werden; ſo antworte ich, daß Zorn, Rachbegierde, Luͤgen, Falſchheit und Betrug eben ſo ge- mein und noch gemeiner ſeyn, zu dem wuͤr- den die Apoſtel ihrer Abſicht ganz entgegen gehandelt haben, wenn ſie die Hurerey ne- ben ſolche Dinge geſetzet, davon ſich die Chriſten nicht auf immer, ſondern nur ſo lange enthalten ſollten, als ſie ſchwache Bruͤder neben ſich haͤtten, die ſich an der- gleichen ſtoßten. Denn daß dieſer Schluß der Apoſtel, was die erſten drey Stuͤcke betrifft, kein beſtaͤndiges Geſetz unter den Chriſten hat ſeyn ſollen, iſt vollkommen klar. Paulus hat gnugſam bezeuget, daß die Enthaltung von dem Goͤtzenopfer, d. i. von

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/346>, abgerufen am 22.11.2024.