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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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von Hurerey *). Jch habe mich schon seit
vielen Jahren nicht überreden können, daß
hier von dem groben und allezeit sündhaften
Lastern der Hurerey die Rede sey. Es
wurde ja hier nicht über Dinge gestritten,
welche das Sittengesetz angehen, sondern
man befragte sich über Stücke, die zum
Mosaischen Ceremonial- und Bürgergesetz
gehöreten. Es kann auch nicht seyn, daß
die, so hier einander widersprachen, über
sittliche Dinge in einen heftigen Streit hät-
ten gerathen können. Wer waren denn ei-
gentlich die beyden Partheyen, so hier mit ein-
ander uneinig waren? Auf der einen Sei-
te stunden Paulus und Barnabas, und
auf der andern Christen aus der Secte der
Pharisäer. War denn zwischen diesen die
Frage möglich, ob Unzucht erlaubet wäre?
Man zweyete sich über Lehren, so Paulus
und Barnabas den Heiden vortrugen, in-
dem sie die Bekehrten aus denselben von
der Beobachtung des Jüdischen Kirchen-
und Bürgergesetzes frey sprachen und be-
haupteten, daß sie ohne selbiges zu halten
selig werden könnten. Da nun über Lehren
gefraget wurde, so Paulus und Barna-
bas
vortrugen, sollten denn diese Männer
den Heiden, welche sie bekehrten, die Hu-
rerey noch zugestanden haben? Wir wür-
den die strafbaresten Lästerer dieser heiligen
Zeugen Jesu seyn, wenn wir sie dessen be-

schul-
*) Apostelgesch. C. 15. v. 28. 29.
X 3

von Hurerey *). Jch habe mich ſchon ſeit
vielen Jahren nicht uͤberreden koͤnnen, daß
hier von dem groben und allezeit ſuͤndhaften
Laſtern der Hurerey die Rede ſey. Es
wurde ja hier nicht uͤber Dinge geſtritten,
welche das Sittengeſetz angehen, ſondern
man befragte ſich uͤber Stuͤcke, die zum
Moſaiſchen Ceremonial- und Buͤrgergeſetz
gehoͤreten. Es kann auch nicht ſeyn, daß
die, ſo hier einander widerſprachen, uͤber
ſittliche Dinge in einen heftigen Streit haͤt-
ten gerathen koͤnnen. Wer waren denn ei-
gentlich die beyden Partheyen, ſo hier mit ein-
ander uneinig waren? Auf der einen Sei-
te ſtunden Paulus und Barnabas, und
auf der andern Chriſten aus der Secte der
Phariſaͤer. War denn zwiſchen dieſen die
Frage moͤglich, ob Unzucht erlaubet waͤre?
Man zweyete ſich uͤber Lehren, ſo Paulus
und Barnabas den Heiden vortrugen, in-
dem ſie die Bekehrten aus denſelben von
der Beobachtung des Juͤdiſchen Kirchen-
und Buͤrgergeſetzes frey ſprachen und be-
haupteten, daß ſie ohne ſelbiges zu halten
ſelig werden koͤnnten. Da nun uͤber Lehren
gefraget wurde, ſo Paulus und Barna-
bas
vortrugen, ſollten denn dieſe Maͤnner
den Heiden, welche ſie bekehrten, die Hu-
rerey noch zugeſtanden haben? Wir wuͤr-
den die ſtrafbareſten Laͤſterer dieſer heiligen
Zeugen Jeſu ſeyn, wenn wir ſie deſſen be-

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*) Apoſtelgeſch. C. 15. v. 28. 29.
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[325/0345] von Hurerey *). Jch habe mich ſchon ſeit vielen Jahren nicht uͤberreden koͤnnen, daß hier von dem groben und allezeit ſuͤndhaften Laſtern der Hurerey die Rede ſey. Es wurde ja hier nicht uͤber Dinge geſtritten, welche das Sittengeſetz angehen, ſondern man befragte ſich uͤber Stuͤcke, die zum Moſaiſchen Ceremonial- und Buͤrgergeſetz gehoͤreten. Es kann auch nicht ſeyn, daß die, ſo hier einander widerſprachen, uͤber ſittliche Dinge in einen heftigen Streit haͤt- ten gerathen koͤnnen. Wer waren denn ei- gentlich die beyden Partheyen, ſo hier mit ein- ander uneinig waren? Auf der einen Sei- te ſtunden Paulus und Barnabas, und auf der andern Chriſten aus der Secte der Phariſaͤer. War denn zwiſchen dieſen die Frage moͤglich, ob Unzucht erlaubet waͤre? Man zweyete ſich uͤber Lehren, ſo Paulus und Barnabas den Heiden vortrugen, in- dem ſie die Bekehrten aus denſelben von der Beobachtung des Juͤdiſchen Kirchen- und Buͤrgergeſetzes frey ſprachen und be- haupteten, daß ſie ohne ſelbiges zu halten ſelig werden koͤnnten. Da nun uͤber Lehren gefraget wurde, ſo Paulus und Barna- bas vortrugen, ſollten denn dieſe Maͤnner den Heiden, welche ſie bekehrten, die Hu- rerey noch zugeſtanden haben? Wir wuͤr- den die ſtrafbareſten Laͤſterer dieſer heiligen Zeugen Jeſu ſeyn, wenn wir ſie deſſen be- ſchul- *) Apoſtelgeſch. C. 15. v. 28. 29. X 3

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/345>, abgerufen am 22.11.2024.