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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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Wie vielen würde es den Tod gekostet ha-
ben, ehe die Menschen gelernet hätten,
wie sie zu handhaben, wenn ihr Schöpfer
sie ohne allen Unterricht gelassen? Jst es
wahrscheinlich, daß der Gott, welcher so
grosse Anstalten gemacht, um unter andern
vernünftige Geschöpfe zu haben, die Men-
schen nach der Schöpfung in den verlassen-
sten Umständen sollte gelassen haben? Man
bemerke, daß der Mensch nackend, und
wider die Veränderungen der Luft nicht
so geschützet sey, wie das Vieh. Man er-
wäge, wie schwach die Kinder gebohren
werden, und was für eine Wartung sie
erfordern, und bedenke, daß der Mensch viel
elender als das Vieh würde gewesen seyn,
wenn ihn Gott nach der Schöpfung sich
selber überlassen hätte. Ja wie lange wür-
de es gedauert haben, ehe die Menschen
zu einer Sprache, und dadurch zu einem
nähern Gebrauch der Vernunft würden
gekommen seyn, wenn sie durch sich selbst
dazu hätten gelangen sollen? Die Natur
des Menschen und der Dinge, die er em-
pfindet, bewegen die Jnstrumente der Spra-
che nicht zu gewissen Sylben, womit man
die Dinge bezeichnet. Wäre dieses, so
würden alle Menschen die mehresten Din-
ge mit einerley Wörtern benennen. Un-
sere Natur und Empfindungen bestimmen
derowegen die Benennung der Dinge nicht,
sondern es ist darinne etwas ganz willkühr-

liches

Wie vielen wuͤrde es den Tod gekoſtet ha-
ben, ehe die Menſchen gelernet haͤtten,
wie ſie zu handhaben, wenn ihr Schoͤpfer
ſie ohne allen Unterricht gelaſſen? Jſt es
wahrſcheinlich, daß der Gott, welcher ſo
groſſe Anſtalten gemacht, um unter andern
vernuͤnftige Geſchoͤpfe zu haben, die Men-
ſchen nach der Schoͤpfung in den verlaſſen-
ſten Umſtaͤnden ſollte gelaſſen haben? Man
bemerke, daß der Menſch nackend, und
wider die Veraͤnderungen der Luft nicht
ſo geſchuͤtzet ſey, wie das Vieh. Man er-
waͤge, wie ſchwach die Kinder gebohren
werden, und was fuͤr eine Wartung ſie
erfordern, und bedenke, daß der Menſch viel
elender als das Vieh wuͤrde geweſen ſeyn,
wenn ihn Gott nach der Schoͤpfung ſich
ſelber uͤberlaſſen haͤtte. Ja wie lange wuͤr-
de es gedauert haben, ehe die Menſchen
zu einer Sprache, und dadurch zu einem
naͤhern Gebrauch der Vernunft wuͤrden
gekommen ſeyn, wenn ſie durch ſich ſelbſt
dazu haͤtten gelangen ſollen? Die Natur
des Menſchen und der Dinge, die er em-
pfindet, bewegen die Jnſtrumente der Spra-
che nicht zu gewiſſen Sylben, womit man
die Dinge bezeichnet. Waͤre dieſes, ſo
wuͤrden alle Menſchen die mehreſten Din-
ge mit einerley Woͤrtern benennen. Un-
ſere Natur und Empfindungen beſtimmen
derowegen die Benennung der Dinge nicht,
ſondern es iſt darinne etwas ganz willkuͤhr-

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[28/0048] Wie vielen wuͤrde es den Tod gekoſtet ha- ben, ehe die Menſchen gelernet haͤtten, wie ſie zu handhaben, wenn ihr Schoͤpfer ſie ohne allen Unterricht gelaſſen? Jſt es wahrſcheinlich, daß der Gott, welcher ſo groſſe Anſtalten gemacht, um unter andern vernuͤnftige Geſchoͤpfe zu haben, die Men- ſchen nach der Schoͤpfung in den verlaſſen- ſten Umſtaͤnden ſollte gelaſſen haben? Man bemerke, daß der Menſch nackend, und wider die Veraͤnderungen der Luft nicht ſo geſchuͤtzet ſey, wie das Vieh. Man er- waͤge, wie ſchwach die Kinder gebohren werden, und was fuͤr eine Wartung ſie erfordern, und bedenke, daß der Menſch viel elender als das Vieh wuͤrde geweſen ſeyn, wenn ihn Gott nach der Schoͤpfung ſich ſelber uͤberlaſſen haͤtte. Ja wie lange wuͤr- de es gedauert haben, ehe die Menſchen zu einer Sprache, und dadurch zu einem naͤhern Gebrauch der Vernunft wuͤrden gekommen ſeyn, wenn ſie durch ſich ſelbſt dazu haͤtten gelangen ſollen? Die Natur des Menſchen und der Dinge, die er em- pfindet, bewegen die Jnſtrumente der Spra- che nicht zu gewiſſen Sylben, womit man die Dinge bezeichnet. Waͤre dieſes, ſo wuͤrden alle Menſchen die mehreſten Din- ge mit einerley Woͤrtern benennen. Un- ſere Natur und Empfindungen beſtimmen derowegen die Benennung der Dinge nicht, ſondern es iſt darinne etwas ganz willkuͤhr- liches

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/48>, abgerufen am 21.11.2024.