für seine erste Bedeckung gesorget, eine innere Wahrscheinlichkeit, und ich würde ihnen Beyfall geben, wenn ich auch gleich nicht wüste, daß Moses seine Nachrichten durch den Trieb des Geistes Gottes auf- geschrieben. Jch kann mir nicht vorstel- len, daß Gott für die ersten Menschen soll- te weniger gesorget haben, als für das Vieh, welches er bedecket und wider al- lerhand Witterung in Sicherheit gesetzet. Das, was unsern Beyfall bey solchen Nachrichten der Schrift schwer machet, ist, daß wir heutiges Tages solche Dinge nicht mehr sehen, als in den Zeiten geschehen sind. Allein wir sehen auch jetzo keine Schöpfung, wir sehen keine solche Verän- derung der Erde, als damals muß gesche- hen seyn, da eine unzählbahre Menge von Meer-Thieren und Gewächsen und gan- ze Wälder sind verschlemmet und an den
Orten
und neue Dinge gesehen und allerhand Be- dürfnisse, so durch Menschen-Hände ge- macht worden, erfunden, hat der eine die- selben so, der andere anders benennet. Woraus denn nach und nach verschiedene Sprachen entstanden, welche durch die nach- folgenden grossen Vermischungen der Völ- ker noch mehr vermehret worden. Man kann also den Ursprung vieler Sprachen erklä- ren, wenn man sie gleich nicht alle von der gescheheneu Verwirrung zu Babel ablei- ten will.
fuͤr ſeine erſte Bedeckung geſorget, eine innere Wahrſcheinlichkeit, und ich wuͤrde ihnen Beyfall geben, wenn ich auch gleich nicht wuͤſte, daß Moſes ſeine Nachrichten durch den Trieb des Geiſtes Gottes auf- geſchrieben. Jch kann mir nicht vorſtel- len, daß Gott fuͤr die erſten Menſchen ſoll- te weniger geſorget haben, als fuͤr das Vieh, welches er bedecket und wider al- lerhand Witterung in Sicherheit geſetzet. Das, was unſern Beyfall bey ſolchen Nachrichten der Schrift ſchwer machet, iſt, daß wir heutiges Tages ſolche Dinge nicht mehr ſehen, als in den Zeiten geſchehen ſind. Allein wir ſehen auch jetzo keine Schoͤpfung, wir ſehen keine ſolche Veraͤn- derung der Erde, als damals muß geſche- hen ſeyn, da eine unzaͤhlbahre Menge von Meer-Thieren und Gewaͤchſen und gan- ze Waͤlder ſind verſchlemmet und an den
Orten
und neue Dinge geſehen und allerhand Be- duͤrfniſſe, ſo durch Menſchen-Haͤnde ge- macht worden, erfunden, hat der eine die- ſelben ſo, der andere anders benennet. Woraus denn nach und nach verſchiedene Sprachen entſtanden, welche durch die nach- folgenden groſſen Vermiſchungen der Voͤl- ker noch mehr vermehret worden. Man kann alſo den Urſprung vieler Sprachen erklaͤ- ren, wenn man ſie gleich nicht alle von der geſcheheneu Verwirrung zu Babel ablei- ten will.
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fuͤr ſeine erſte Bedeckung geſorget, eine
innere Wahrſcheinlichkeit, und ich wuͤrde
ihnen Beyfall geben, wenn ich auch gleich
nicht wuͤſte, daß Moſes ſeine Nachrichten
durch den Trieb des Geiſtes Gottes auf-
geſchrieben. Jch kann mir nicht vorſtel-
len, daß Gott fuͤr die erſten Menſchen ſoll-
te weniger geſorget haben, als fuͤr das
Vieh, welches er bedecket und wider al-
lerhand Witterung in Sicherheit geſetzet.
Das, was unſern Beyfall bey ſolchen
Nachrichten der Schrift ſchwer machet, iſt,
daß wir heutiges Tages ſolche Dinge nicht
mehr ſehen, als in den Zeiten geſchehen
ſind. Allein wir ſehen auch jetzo keine
Schoͤpfung, wir ſehen keine ſolche Veraͤn-
derung der Erde, als damals muß geſche-
hen ſeyn, da eine unzaͤhlbahre Menge von
Meer-Thieren und Gewaͤchſen und gan-
ze Waͤlder ſind verſchlemmet und an den
Orten
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*) und neue Dinge geſehen und allerhand Be-
duͤrfniſſe, ſo durch Menſchen-Haͤnde ge-
macht worden, erfunden, hat der eine die-
ſelben ſo, der andere anders benennet.
Woraus denn nach und nach verſchiedene
Sprachen entſtanden, welche durch die nach-
folgenden groſſen Vermiſchungen der Voͤl-
ker noch mehr vermehret worden. Man kann
alſo den Urſprung vieler Sprachen erklaͤ-
ren, wenn man ſie gleich nicht alle von der
geſcheheneu Verwirrung zu Babel ablei-
ten will.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/51>, abgerufen am 16.02.2025.
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