Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

tagsabschiede nicht näher bezeichnet worden, dürfte auch
jedes Urtheil über die Bedeutsamkeit derselben hier unzu-
lässig erscheinen. Vorgänge in den deutschen Kam-
mern können wohl schwerlich gemeint sein. Die seit dem
ersten Pariser Frieden zunehmende Unzufriedenheit Deutsch-
lands wollen wir zwar -- zur Ehre unseres Volkscha-
rakters -- keineswegs in Abrede stellen. Wenn aber auch
in Folge derselben sich hie und da Irrungen zwischen Für-
sten und Ständen erhoben, so geschah dies doch weder in
so kurzen Zwischenräumen noch in solcher Ausdehnung,
daß man darauf eine Rechtsverweigerung gründen konnte.
" Wir", -- sagt Herr v. Gagern -- , "wir Edelleute
haben einiges Recht, die deutschen Repräsentativverfassungen
anzuklagen, die Fürsten nicht, nicht ohne Undank. In
München, Karlsruhe, Stuttgart ist man ihnen mit Liebe
nicht nur, sondern mit Enthusiasmus entgegengekommen.
Mit diesem Enthusiasmus hat man die Civilisten behan-
delt. So wenig -- ein englisches Parlament nach den Re-
densarten des Lord Cochrane oder Sir Francis Bur-
dett
zu beurtheilen ist, so wenig unsere Kammer nach
dieser oder jener isolirten Aeußerung. Die so urtheilen,
haben nicht den entferntesten Begriff von unseren frühern
landständischen Verhandlungen, so oft voll Sinn, Nachdruck
und Vaterlandsliebe."

Allein die Untersuchung, welche Ereignisse gemeint
seien, ist auch unnöthig, da sie Preußen wieder bis
zum 1. September 1815 (dem Termine der einzuberufen-

tagsabſchiede nicht naͤher bezeichnet worden, duͤrfte auch
jedes Urtheil uͤber die Bedeutſamkeit derſelben hier unzu-
laͤſſig erſcheinen. Vorgaͤnge in den deutſchen Kam-
mern koͤnnen wohl ſchwerlich gemeint ſein. Die ſeit dem
erſten Pariſer Frieden zunehmende Unzufriedenheit Deutſch-
lands wollen wir zwar — zur Ehre unſeres Volkscha-
rakters — keineswegs in Abrede ſtellen. Wenn aber auch
in Folge derſelben ſich hie und da Irrungen zwiſchen Fuͤr-
ſten und Staͤnden erhoben, ſo geſchah dies doch weder in
ſo kurzen Zwiſchenraͤumen noch in ſolcher Ausdehnung,
daß man darauf eine Rechtsverweigerung gruͤnden konnte.
„ Wir“, — ſagt Herr v. Gagern — , „wir Edelleute
haben einiges Recht, die deutſchen Repraͤſentativverfaſſungen
anzuklagen, die Fuͤrſten nicht, nicht ohne Undank. In
Muͤnchen, Karlsruhe, Stuttgart iſt man ihnen mit Liebe
nicht nur, ſondern mit Enthuſiasmus entgegengekommen.
Mit dieſem Enthuſiasmus hat man die Civiliſten behan-
delt. So wenig — ein engliſches Parlament nach den Re-
densarten des Lord Cochrane oder Sir Francis Bur-
dett
zu beurtheilen iſt, ſo wenig unſere Kammer nach
dieſer oder jener iſolirten Aeußerung. Die ſo urtheilen,
haben nicht den entfernteſten Begriff von unſeren fruͤhern
landſtaͤndiſchen Verhandlungen, ſo oft voll Sinn, Nachdruck
und Vaterlandsliebe.“

Allein die Unterſuchung, welche Ereigniſſe gemeint
ſeien, iſt auch unnoͤthig, da ſie Preußen wieder bis
zum 1. September 1815 (dem Termine der einzuberufen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0044" n="38"/>
tagsab&#x017F;chiede nicht na&#x0364;her bezeichnet worden, du&#x0364;rfte auch<lb/>
jedes Urtheil u&#x0364;ber die Bedeut&#x017F;amkeit der&#x017F;elben hier unzu-<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig er&#x017F;cheinen. Vorga&#x0364;nge in den <hi rendition="#g">deut&#x017F;chen</hi> Kam-<lb/>
mern ko&#x0364;nnen wohl &#x017F;chwerlich gemeint &#x017F;ein. Die &#x017F;eit dem<lb/>
er&#x017F;ten Pari&#x017F;er Frieden zunehmende Unzufriedenheit Deut&#x017F;ch-<lb/>
lands wollen wir zwar &#x2014; zur Ehre un&#x017F;eres Volkscha-<lb/>
rakters &#x2014; keineswegs in Abrede &#x017F;tellen. Wenn aber auch<lb/>
in Folge der&#x017F;elben &#x017F;ich hie und da Irrungen zwi&#x017F;chen Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten und Sta&#x0364;nden erhoben, &#x017F;o ge&#x017F;chah dies doch weder in<lb/>
&#x017F;o kurzen Zwi&#x017F;chenra&#x0364;umen noch in &#x017F;olcher Ausdehnung,<lb/>
daß man darauf eine Rechtsverweigerung gru&#x0364;nden konnte.<lb/>
&#x201E; Wir&#x201C;, &#x2014; &#x017F;agt Herr v. <hi rendition="#g">Gagern</hi> &#x2014; , &#x201E;wir Edelleute<lb/>
haben einiges Recht, die deut&#x017F;chen Repra&#x0364;&#x017F;entativverfa&#x017F;&#x017F;ungen<lb/>
anzuklagen, die Fu&#x0364;r&#x017F;ten nicht, nicht ohne Undank. In<lb/>
Mu&#x0364;nchen, Karlsruhe, Stuttgart i&#x017F;t man ihnen mit Liebe<lb/>
nicht nur, &#x017F;ondern mit Enthu&#x017F;iasmus entgegengekommen.<lb/>
Mit die&#x017F;em Enthu&#x017F;iasmus hat man die Civili&#x017F;ten behan-<lb/>
delt. So wenig &#x2014; ein engli&#x017F;ches Parlament nach den Re-<lb/>
densarten des Lord <hi rendition="#g">Cochrane</hi> oder Sir <hi rendition="#g">Francis Bur-<lb/>
dett</hi> zu beurtheilen i&#x017F;t, &#x017F;o wenig un&#x017F;ere Kammer nach<lb/>
die&#x017F;er oder jener i&#x017F;olirten Aeußerung. Die &#x017F;o urtheilen,<lb/>
haben nicht den entfernte&#x017F;ten Begriff von un&#x017F;eren <hi rendition="#g">fru&#x0364;hern</hi><lb/>
land&#x017F;ta&#x0364;ndi&#x017F;chen Verhandlungen, &#x017F;o oft voll Sinn, Nachdruck<lb/>
und Vaterlandsliebe.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Allein die Unter&#x017F;uchung, welche Ereigni&#x017F;&#x017F;e gemeint<lb/>
&#x017F;eien, i&#x017F;t auch <hi rendition="#g">unno&#x0364;thig</hi>, da &#x017F;ie <hi rendition="#g">Preußen</hi> wieder bis<lb/>
zum 1. September 1815 (dem Termine der einzuberufen-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0044] tagsabſchiede nicht naͤher bezeichnet worden, duͤrfte auch jedes Urtheil uͤber die Bedeutſamkeit derſelben hier unzu- laͤſſig erſcheinen. Vorgaͤnge in den deutſchen Kam- mern koͤnnen wohl ſchwerlich gemeint ſein. Die ſeit dem erſten Pariſer Frieden zunehmende Unzufriedenheit Deutſch- lands wollen wir zwar — zur Ehre unſeres Volkscha- rakters — keineswegs in Abrede ſtellen. Wenn aber auch in Folge derſelben ſich hie und da Irrungen zwiſchen Fuͤr- ſten und Staͤnden erhoben, ſo geſchah dies doch weder in ſo kurzen Zwiſchenraͤumen noch in ſolcher Ausdehnung, daß man darauf eine Rechtsverweigerung gruͤnden konnte. „ Wir“, — ſagt Herr v. Gagern — , „wir Edelleute haben einiges Recht, die deutſchen Repraͤſentativverfaſſungen anzuklagen, die Fuͤrſten nicht, nicht ohne Undank. In Muͤnchen, Karlsruhe, Stuttgart iſt man ihnen mit Liebe nicht nur, ſondern mit Enthuſiasmus entgegengekommen. Mit dieſem Enthuſiasmus hat man die Civiliſten behan- delt. So wenig — ein engliſches Parlament nach den Re- densarten des Lord Cochrane oder Sir Francis Bur- dett zu beurtheilen iſt, ſo wenig unſere Kammer nach dieſer oder jener iſolirten Aeußerung. Die ſo urtheilen, haben nicht den entfernteſten Begriff von unſeren fruͤhern landſtaͤndiſchen Verhandlungen, ſo oft voll Sinn, Nachdruck und Vaterlandsliebe.“ Allein die Unterſuchung, welche Ereigniſſe gemeint ſeien, iſt auch unnoͤthig, da ſie Preußen wieder bis zum 1. September 1815 (dem Termine der einzuberufen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/44
Zitationshilfe: Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/44>, abgerufen am 21.11.2024.