der Gelehrte zu leicht, die Wissenschaft wird gemeines Tagewerk, der Vortrag gemächli¬ ches Heftoffenbaren; wo jeder Paragraph mit jüdischem Wucher angebracht wird, und die Zu¬ hörer endlich ein gedankenloser Nachschreiberpö¬ bel werden. Die Zunftgelehrten haben nicht so wohl neugebaut, sondern immerfort das ein¬ mahl Urbare nachhaltig und neuträchtig gehal¬ ten; oft aber auch auf immer ausgemärgelt. Raummacher, und Bahnbrecher waren dann immer die Freigelehrten, wie die ver¬ storbenen Bülow, Herder, Klopstock, Lessing, Jo¬ hannes Müller, Schiller, Winkelmann, und die noch lebenden Arndt, Bährenhorst, Göthe, Hum¬ boldt, Pestalozzi, Thaer, Schlegel, Voß, und Werner zu Freyberg.
Auch stehen die Lehrer noch immer zu lan¬ ge auf den Lehrerstühlen; wenn sie nicht mehr vorwärts gehen können, müssen sie mit einer Eh¬ renbesoldung in den Ruhestand. Gelehrte wol¬ len freilich ungern ins Altentheil; denn ein ge¬ lehrter Zunftmeister ist ein Alleinherrscher, oft ein Alleinrechthaber, darum halten sie das Ent¬ kathedern für eine Entthronung. Aber ihr Von¬
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der Gelehrte zu leicht, die Wiſſenſchaft wird gemeines Tagewerk, der Vortrag gemächli¬ ches Heftoffenbaren; wo jeder Paragraph mit jüdiſchem Wucher angebracht wird, und die Zu¬ hörer endlich ein gedankenloſer Nachſchreiberpö¬ bel werden. Die Zunftgelehrten haben nicht ſo wohl neugebaut, ſondern immerfort das ein¬ mahl Urbare nachhaltig und neuträchtig gehal¬ ten; oft aber auch auf immer ausgemärgelt. Raummacher, und Bahnbrecher waren dann immer die Freigelehrten, wie die ver¬ ſtorbenen Bülow, Herder, Klopſtock, Leſſing, Jo¬ hannes Müller, Schiller, Winkelmann, und die noch lebenden Arndt, Bährenhorſt, Göthe, Hum¬ boldt, Peſtalozzi, Thaer, Schlegel, Voß, und Werner zu Freyberg.
Auch ſtehen die Lehrer noch immer zu lan¬ ge auf den Lehrerſtühlen; wenn ſie nicht mehr vorwärts gehen können, müſſen ſie mit einer Eh¬ renbeſoldung in den Ruheſtand. Gelehrte wol¬ len freilich ungern ins Altentheil; denn ein ge¬ lehrter Zunftmeiſter iſt ein Alleinherrſcher, oft ein Alleinrechthaber, darum halten ſie das Ent¬ kathedern für eine Entthronung. Aber ihr Von¬
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der Gelehrte zu leicht, die Wiſſenſchaft wird
gemeines Tagewerk, der Vortrag gemächli¬
ches Heftoffenbaren; wo jeder Paragraph mit
jüdiſchem Wucher angebracht wird, und die Zu¬
hörer endlich ein gedankenloſer Nachſchreiberpö¬
bel werden. Die Zunftgelehrten haben nicht ſo
wohl neugebaut, ſondern immerfort das ein¬
mahl Urbare nachhaltig und neuträchtig gehal¬
ten; oft aber auch auf immer ausgemärgelt.
Raummacher, und Bahnbrecher waren
dann immer die Freigelehrten, wie die ver¬
ſtorbenen Bülow, Herder, Klopſtock, Leſſing, Jo¬
hannes Müller, Schiller, Winkelmann, und die
noch lebenden Arndt, Bährenhorſt, Göthe, Hum¬
boldt, Peſtalozzi, Thaer, Schlegel, Voß, und
Werner zu Freyberg.
Auch ſtehen die Lehrer noch immer zu lan¬
ge auf den Lehrerſtühlen; wenn ſie nicht mehr
vorwärts gehen können, müſſen ſie mit einer Eh¬
renbeſoldung in den Ruheſtand. Gelehrte wol¬
len freilich ungern ins Altentheil; denn ein ge¬
lehrter Zunftmeiſter iſt ein Alleinherrſcher, oft
ein Alleinrechthaber, darum halten ſie das Ent¬
kathedern für eine Entthronung. Aber ihr Von¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/111>, abgerufen am 27.11.2024.
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