Klausner-Absonderung von der bürgerlichen Ge¬ sellschaft. Weil aber bloß durch Zuhörer, die zu Jüngern herangezogen sind, die Lehre gleich werkthätig ins Leben eingreifen kann: So ist im hohen Getriebe der Wissenschaft nicht Wahr¬ heit die einzige Feder; und Zunftgeist, und son¬ stige Leidenschaft, Wahn und Vorurtheil erre¬ gen Erscheinungen, gleich schädlich für Wissen¬ schaft, Volksthum und Menschheit.
Jm Staate zu einem besondern Gemein¬ wesen aneinander geschlossen, würken die Lehrer zu einsiedlerisch; sind sich bis zum Verirren die Schüler überlassen: Und es haben die Lehrer ewigen Krieg, und die Lerner ewige Fehden. Das Mißverständniß einseitiger Gelahrtheit, und einseitiger Geschäftsverwaltung muß aufhö¬ ren. Wenn die Wissenschaften auch Himmels¬ töchter sind, so müssen sie dennoch auf der Erde wandeln lernen.
Mit jeder Hochschule muß eine Gesellschaft der Wissenschaften verbunden sein, und dazu Männer gehören, die gerade nicht alle auf Leh¬ rerstühlen stehen, oder dort eingezünftet sind. Bei der bloßen zünftigen Gelahrtheit verbauert
der
Klausner-Abſonderung von der bürgerlichen Ge¬ ſellſchaft. Weil aber bloß durch Zuhörer, die zu Jüngern herangezogen ſind, die Lehre gleich werkthätig ins Leben eingreifen kann: So iſt im hohen Getriebe der Wiſſenſchaft nicht Wahr¬ heit die einzige Feder; und Zunftgeiſt, und ſon¬ ſtige Leidenſchaft, Wahn und Vorurtheil erre¬ gen Erſcheinungen, gleich ſchädlich für Wiſſen¬ ſchaft, Volksthum und Menſchheit.
Jm Staate zu einem beſondern Gemein¬ weſen aneinander geſchloſſen, würken die Lehrer zu einſiedleriſch; ſind ſich bis zum Verirren die Schüler überlaſſen: Und es haben die Lehrer ewigen Krieg, und die Lerner ewige Fehden. Das Mißverſtändniß einſeitiger Gelahrtheit, und einſeitiger Geſchäftsverwaltung muß aufhö¬ ren. Wenn die Wiſſenſchaften auch Himmels¬ töchter ſind, ſo müſſen ſie dennoch auf der Erde wandeln lernen.
Mit jeder Hochſchule muß eine Geſellſchaft der Wiſſenſchaften verbunden ſein, und dazu Männer gehören, die gerade nicht alle auf Leh¬ rerſtühlen ſtehen, oder dort eingezünftet ſind. Bei der bloßen zünftigen Gelahrtheit verbauert
der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0110"n="80"/><fwtype="pageNum"place="top">80<lb/></fw>Klausner-Abſonderung von der bürgerlichen Ge¬<lb/>ſellſchaft. Weil aber bloß durch Zuhörer, die<lb/>
zu Jüngern herangezogen ſind, die Lehre gleich<lb/>
werkthätig ins Leben eingreifen kann: So iſt<lb/>
im hohen Getriebe der Wiſſenſchaft nicht Wahr¬<lb/>
heit die einzige Feder; und Zunftgeiſt, und ſon¬<lb/>ſtige Leidenſchaft, Wahn und Vorurtheil erre¬<lb/>
gen Erſcheinungen, gleich ſchädlich für Wiſſen¬<lb/>ſchaft, Volksthum und Menſchheit.</p><lb/><p>Jm Staate zu einem beſondern Gemein¬<lb/>
weſen aneinander geſchloſſen, würken die Lehrer<lb/>
zu einſiedleriſch; ſind ſich bis zum Verirren die<lb/>
Schüler überlaſſen: Und es haben die Lehrer<lb/>
ewigen Krieg, und die Lerner ewige Fehden.<lb/>
Das Mißverſtändniß einſeitiger Gelahrtheit,<lb/>
und einſeitiger Geſchäftsverwaltung muß aufhö¬<lb/>
ren. Wenn die Wiſſenſchaften auch Himmels¬<lb/>
töchter ſind, ſo müſſen ſie dennoch auf der Erde<lb/>
wandeln lernen.</p><lb/><p>Mit jeder Hochſchule muß eine Geſellſchaft<lb/>
der Wiſſenſchaften verbunden ſein, und dazu<lb/>
Männer gehören, die gerade nicht alle auf Leh¬<lb/>
rerſtühlen ſtehen, oder dort eingezünftet ſind.<lb/>
Bei der bloßen zünftigen Gelahrtheit verbauert<lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#right">der</hi><lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[80/0110]
80
Klausner-Abſonderung von der bürgerlichen Ge¬
ſellſchaft. Weil aber bloß durch Zuhörer, die
zu Jüngern herangezogen ſind, die Lehre gleich
werkthätig ins Leben eingreifen kann: So iſt
im hohen Getriebe der Wiſſenſchaft nicht Wahr¬
heit die einzige Feder; und Zunftgeiſt, und ſon¬
ſtige Leidenſchaft, Wahn und Vorurtheil erre¬
gen Erſcheinungen, gleich ſchädlich für Wiſſen¬
ſchaft, Volksthum und Menſchheit.
Jm Staate zu einem beſondern Gemein¬
weſen aneinander geſchloſſen, würken die Lehrer
zu einſiedleriſch; ſind ſich bis zum Verirren die
Schüler überlaſſen: Und es haben die Lehrer
ewigen Krieg, und die Lerner ewige Fehden.
Das Mißverſtändniß einſeitiger Gelahrtheit,
und einſeitiger Geſchäftsverwaltung muß aufhö¬
ren. Wenn die Wiſſenſchaften auch Himmels¬
töchter ſind, ſo müſſen ſie dennoch auf der Erde
wandeln lernen.
Mit jeder Hochſchule muß eine Geſellſchaft
der Wiſſenſchaften verbunden ſein, und dazu
Männer gehören, die gerade nicht alle auf Leh¬
rerſtühlen ſtehen, oder dort eingezünftet ſind.
Bei der bloßen zünftigen Gelahrtheit verbauert
der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/110>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.